Holy Wood
(Alternative Metal)
Label: Interscope Records
Format: (LP)
Release: 2003
Mit Spannung wurde es schon für Ende letzten Jahres erwartet, das neue MARILYN MANSON Album. Doch leider verschob sich der Termin immer weiter hinaus. Musikalisch würde es mehr nach MINISTRY und NITZER EBB klingen, textlich orientiere man sich an Marquis de Sade, ließ MANSON mal Ende des Jahres verkünden. Dann musste auch noch Bassist Twiggy Ramirez aussteigen, MANSON bei einigen Filmen mitspielen („Beat the Devil“, „Party Monster“) und die Ausstellung seiner eigenen Bilder organisieren, mit dem österreichischen Künstler Gottfried Helnwein am Artwork für das neue Album arbeiten, sowie sich vom französischen Designer Jean-Paul Gaultier das Outfit für die kommende Tour schneidern lassen. Irgendwann dazwischen war noch sein kurzer Auftritt in Michael Moores „Bowling for Columbine“, der den einstigen ´Antichristen´ praktisch über Nacht zum Liebling der amerikanischen Linken avancierte und er mittlerweile auch hier in Europa bei vielen als ´guter´ Amerikaner gilt. Hat MARILYN MANSON wirklich schon den Sprung vom Shock Rock Provokateur zum angesehenen Künstler geschafft?
Als Inspiration für das neue Album „The golden Age of Grotesque“ diente die Kabarett Dekadenz, Vaudeville und Burleske der 30iger Jahre, die vordergründig nur die Funktion erfüllten die Menschen von ihrem realen Leben abzulenken und in eine groteske Welt zu entführen. Vom deutschen Expressionismus und Dadaismus dieser Zeit beeinflusst sieht MANSON – da sich Geschichte bekanntlich wiederholt – Parallelen zwischen unserer, von Amerika dominierten Gesellschaft und den Aussagen des Caligarismus.
“Everything has been said before, there’s nothing left to say anymore, when it’s all the same you can ask for it by name”
Damit eröffnet er mit “This is the new shit” in typischer MARILYN MANSON Manier und mit viel Wut im Bauch das neue Album. Musikalisch hat sich verglichen mit dem letzten Album „Holy Wood“ kaum etwas verändert. Noch immer sägen John 5 Gitarrenriffs durch die Knochen und Ginger Fishs Schlagzeugfeuer geht direkt durchs Fleisch, doch dank des neuen Produzenten, und (Ex-) KMFDM Members Tim Skold, ist das Album diesmal doch etwas elektronischer ausgefallen. Mit Skold hat MANSON nicht nur einen guten Ersatz für den vakanten Bassisten Posten gefunden sondern auch gleich einen Meister für Industrial Sounds, Loops und sonstige elektronische Soundtüfteleien.
„I’m on a campaign for pain, and when I get elected I’ll wipe the white off your house… This is the black collar song, put it in your middle finger and sing along – Use your fist and not your mouth”
Mit Wörtern und Buchstaben zu spielen, Doppeldeutigkeiten zu kreieren oder einfach nur bekannte Textstellen abgewandelt zu übernehmen gehörte schon immer zu den besonderen Talenten eines MARILYN MANSON. Während man über den Refrain von „(S)AINT“ (Whats my name? – Hold the S because I’m an Aint) noch witzeln kann, werden die eindeutig zweideutigen aber doch sehr provokativen Lyrics von „Use your fist and not your mouth“ schon für mehr Furore sorgen. Mit „Mobscene“, „The bright young things“ und “Vodevil” sind auch wieder Songs zum Mitsingen vorhanden. Auf „Para-noir“ kommt die Freundin, Fetischmodel Dita von Teese zu Wort und der Titeltrack ist ohnehin eine Klasse für sich. Vaudeville Industrial Rock anno 2003. Genial!
„Better of two evils“ scheint für alle Kritiker, ´Paparazzinazis´ und MANSON-Hasser konzipiert zu sein, denn mit „Haters call me bitch, call me faggot, call me whitey – but I am something that you’ll never be“ macht er auch klar was er von ihnen hält. Immerhin war er doch mal ein Milchbubi aus Ohio, mit einem verkorksten Elternhaus, streng religiöser Erziehung, einen perversen Großvater und jetzt ist er ein Superstar, wovon er auch auf „Ka-boom“ singt: „I like a big car, cause I’m a big star, I make big rock and roll hits“.
Da die Hits in den letzten Jahren aber immer mehr nachließen, „Antichrist Superstar“ aus dem Jahre 1996 zu seinem sich am besten verkaufenden Album zählt, und die Mehrheit der Fans ohnehin nur weitere „Sweet Dreams“ Abklatsche fordern, auf Texte sowieso kaum achten und eine musikalische Neuorientierung nicht zulassen, wird MARILYN MANSON wohl noch lange MARILYN MANSON bleiben. Zumindest solange sein Geld und sein Status noch zählen.
Wie sein Artikel „The dead Rock Star“ beweist ist er sich der Tatsache vollkommen bewusst, dass ihm nur ein verfrühter Tod unsterblich machen würde und die Gleichstellung mit den größten Rockstars aller Zeiten – Jesus, Jimi Hendrix, Jim Morrison und Kurt Cobain – bedeutet.
[Stiga]
Tracklist „The Golden Age Of Grotesque“:
1. Theater
2. This Is The New Shit
3. Mobscene
4. Doll-dagga Buzz-buzz Ziggety-zag
5. Use Your Fist Not Your Mouth
6. The Golden Age Of Grotesque
7. (s)aint
8. Ka-boom Ka-boom
9. Slutgarden
10. Spade
11. Para-noir
12. The Bright Young Things
13. Better Of Two Evils
14. Vodevil
15. Obsequey (The Death Of Art)
16. Tainted Love
Gesamtspielzeit: 61:13