Figures down the drain to hunker down in shadowsNobody's Hero
Wie die Zeit doch vergeht; das starke letzte EDGUY Werk „Tinnitus Sanctus“ hat schon wieder fast drei Jahre auf dem Buckel, aber faul waren Tobi Sammet und seine Mannen wahrlich nicht, gab es doch zwei neue AVANTASIA Alben, große Tourneen und eine dazugehörige DVD. Auch wenn seine groß angelegte Oper schon ein einmaliges Ding ist und man damit sehr viel Erfolg hatte, sollte die Haupttruppe EDGUY nicht zu kurz kommen, so gaben die Herren ein paar vereinzelte Gigs gemeinsam mit den SCORPIONS und spielten ihr nunmehr neuntes Werk „Age Of The Joker“ ein.
Nachdem man ja bereits Alben wie „Mandrake“ oder „Hellfire Club“ in der Hinterhand hat und eben auch das zuletzt veröffentlichte Album, das trotz zielstrebiger Neuausrichtung ein wahrer Ohrenschmaus wurde, sind die Erwartungen natürlich groß. Diese können aber mit dem Opener und der ersten Single „Robin Hood“ schon mal nicht erfüllt werden. Wie schon zuletzt mit „The Piper Never Dies“, hat man es recht früh mit einem überlangen Track zu tun, der eigentlich vom Aufbau her auch sehr viele Parallelen zu dem „Hellfire Club“-Hit aufweist, aber bei weitem nicht ran reicht. Der Anfang ist spannend, die Hammond-Orgel gekonnt eingesetzt, aber schnell verfährt man sich in typischem EDGUY-Sound. Das wäre ja nichts schlechtes, wenn es nicht so halbgar klingen würde. Eingängig ist der Track aber dennoch und hält was der Albumtitel verspricht, denn hier wird der Held in Strumpfhosen auf die Schippe genommen.
Wer erwartet, dass hier aufgrund des Clowns am Artwork so viel geblödelt wird, wie auf der „Rocket Ride“, den kann ich beruhigen, denn abgesehen von einigen Witzeleien in den Texten, wie zum Beispiel bei dem netten MidTempo Song „Two Out Of Seven“, sind die Herren hier mit vollem ernst bei der musikalischen Sache. Es folgt die eigentliche EDGUY-Single „Nobody´s Hero“, die leicht als kleiner Bruder von „King Of Fools“ oder „Superheroes“ gelten könnte, aber nicht ganz aus deren Schatten springen kann. Rockiges Riffing, lockere Keyboards und ein Ohrwurmrefrain, der zum Mitsingen anregt. „Rock Of Cashel“ kommt mit sehr positiven Melodien daher und überrascht durch folkloristischem Mittelteil. Eine weitere Überraschung ereilt uns bei „Pandora´s Box“. Auch hier hat die Southern-Rock Welle zugeschlagen. Tobi singt dementsprechend mit tieferer Stimme und eine stampfende Rhythmik setzt bald ein, aber spätestens im mehrstimmigen Refrain bekommt man das, was man von der Band erwartet, nur fehlt auch hier der letzte Kick.
Wo ist die Power von „Hellfire Club“, wo der Ideenreichtum von „Rocket Ride“, wo die Hits von „Mandrake“ und der Spielwitz von „Tinnitus Sanctus“? Und wo verdammt ist der EDGUY-Arschtritt? Leider kommt das alles nur minimal im weiteren Verlauf vor. Mit „Breathe“ gibt es einen Lichtblick. Synthie-Keyboards, treibende Rhythmik und die ersehnten Sauer/Ludwig Riffs. Der Refrain geht direkt ins Ohr und kommt umgehend und laut gebrüllt aus dem Mund wieder raus. Nach dem erwähnt soliden „Two Out Of Seven“, wird es mit „Faces In The Darkness“ schwermütig. Stampfende Rhythmik wechselt mit akustischem Zwischenspiel ab. Auch hier kommt wieder der mehrstimmige, fast Musical–artige Gesang, den man bei AVANTASIA schon so exzessiv verwendet hat, wieder zum Einsatz und klingt etwas nach Kinderchor. So gut das bei dem Song auch gefällt, spätestens bei der schnellen Power Metal Scheibe „The Arcane Guild“ neigt es zu nerven.
Zum Schluss hin, schürfen die Herren von EDGUY doch noch etwas tiefer und werden mit „Behind The Gates To Midnight World“ fast progressiv, nehmen aber auch hier AVANTASIA zu sehr als Vorbild. Viele Tempi- und Gefühlswechsel machen den Song aber sehr spannend und zu einem der besten Songs des Albums. „Every Night Without You“ ist dann zum Abschluss noch ein Song, der nur von Dramaqueen Tobias „Diva“ Sammet stammen kann und richtig radiotauglich tönt.
Bei all der Kritik muss man EDGUY zu Gute halten, dass sie kompositorisch alte Hasen sind und das man das auch hört, doch gerade darum klingt dieses Album zu glatt poliert und lässt die Kraft und den Elan der vergangenen Werke vermissen. Große Hits sucht man vergeblich und bei den potentiellen Kandidaten fehlt einfach die Pointe, um es auf die EDGUY´sche Weise zu sagen.
Tracklist „Age Of The Joker“:
1. Robin Hood
2. Nobody´s Hero
3. Rock Of Cashel
4. Pandora´s Box
5. Breathe
6. Two Out Of Seven
7. Faces In The Darkness
8. The Arcane Guild
9. Fire On The Downline
10. Behind The Gates Of Midnight World
11. Every Night Without You
Gesamtspielzeit: 65:22