Um die Jahrtausendwende kamen DISTURBED plötzlich aus dem Nichts und nahmen auf ihren ersten – und meiner Meinung nach immer noch stärksten – Werken „The Sickness“ und „Believe“ die Nu Metal Welle gekonnt mit und setzten dem Genre ihren ganz eigenen Stempel auf. Doch schon bald verlagerte die Truppe mit „Ten Thousand Fists“ ihren Stil irgendwo zwischen Heavy Metal und Alternative Rock um eine größere Fanbase aufbauen zu können, was auch gelang. So gut das Werk auch war, den einzigartigen Sound und den Charme der beiden Vorgänger legte man leider komplett ab. Und so bewegte man sich zwar kommerziell mit den Nachfolgern bis hin zum 2015er Werk „Immortalized“ immer weiter zu, qualitativ aber wurde man immer gesichtsloser und austauschbarer.
Nach drei Jahren Pause soll nun aber endlich eine „Evolution“ mit dem gleichnamigen siebten Werk stattfinden. Aber ich nehme es gleich vorneweg, DISTURBED waren noch nie so belang- und einfallslos wie hier. Das völlig überhypte und uninspirierte „Sound Of Silence“ Cover, das dem Original zu keiner Sekunde das Wasser reichen kann, aber die Jungs jahrelang ins Radio brachte ist da die Schablone der Truppe. Nur nicht anecken und möglichst eingängig und handzahm bleiben, ist hier offensichtlich die Devise. Und wären die rockigen Nummern „Are You Ready“ oder das zumindest schön treibende „No More“ nicht austauschbar genug, nerven die Amis noch mit zahlreichen und schon zigmal gehörten Jammer-Balladen, die immer wieder den Hörfluss zerstören. Da können Truppen wie 5FDP oder DAYS OF JUPITER heute absolut für mehr Spannung und Innovation sorgen.
Dass DISTURBED aktuell die Kritiker und Fans spaltet verwundert da nicht. Denn das Schema F ist bestens einstudiert und funktioniert zu einem gewissen Grad. So ist „In Another Time“ beispielsweise eine Hymne wie aus dem Lehrbuch, fühlt sich aber so dermaßen blutarm an, dass Fans, die Kracher wie „Down With The Sickness“, „Awaken“ oder „Stricken“ damals abfeierten, sich echt fragen, was denn da los ist. Aber Lichtblicke gibt es doch, denn manchmal groovt das perfekt durchproduzierte Album dann doch ganz gut, „Savior Of Nothing“ hat einen ziemlich coolen Grundton und die Akustik-Ballade „A Reason To Fight“ kann gegen Ende dann doch fast für Gänsehaut sorgen.
Doch unterm Strich fühlt sich „Evolution“ so an, als hätten hier Radio-Musikspezialisten eine Band gecastet und auf Biegen und Brechen eine massentaugliche Platte mit allen dazugehörigen Rock- und auch Popklischees für die frisch zusammengebastelte Truppe geschrieben. „Evolution“ ist streckenweise fett, hat seine Momente, doch man hat stets das Gefühl hier ein Fertigmenü vollgepumpt mit süchtigmachendem Glutamat serviert zu bekommen.
Tracklist „Evolution“:
1. Are You Ready
2. No More
3. A Reason To Fight
4. In Another Time
5. Stronger On Your Own
6. Hold On To Memories
7. Savior Of Nothing
8. Watch You Burn
9. The Best Ones Lie
10. Already Gone
Gesamtspielzeit: 49:34