Mit BELLS AND RAVENS habe ich kürzlich ein wirklich ambitioniertes Projekt in die Finger bekommen. Das zweite Album „What Death Cannot End“ überraschte mit starken Gastsängern, opulenten Arrangements und eingängigen Hymnen. Songschreiber Matt Carviero schickt sich somit an Metal Opern den Konkurrenzkampf anzusagen. Wir sprachen mit dem Mastermind über die beiden veröffentlichten Werke sowie zukünftige Pläne.
Hi Matt, Gratulation zu deinem neuen und großartigen Album! Wie geht es dir so kurz vor dem Release deines zweiten Werkes?
Hey Max, erstmal vielen Dank für die Blumen. Freut mich sehr, dass dir das Album gefällt! Also auf der einen Seite ist ein Albumrelease nach zweieinhalb Jahren Arbeit schon eine große Erleichterung. Auf der anderen Seite denkt man natürlich auch an die Zukunft bzw. an das nächste Album und an was man noch arbeiten könnte/sollte, dass man nächstes Mal ein noch besseres Album zustande bringen kann. Am besten noch in der Hälfte der Zeit. Auf jeden Fall bin ich gespannt, wie „What Death Cannot End“ aufgenommen wird.
Wie hast du es geschafft nach dem 2020er Werk „In Our Blood“ schon so schnell ein so umfangreiches und komplexes Werk samt zahlreichen Gastsängern zu stemmen?
Ich habe schon während der Arbeit an „In Our Blood“ mit den Aufnahmen für den Nachfolger begonnen. Zum Beispiel waren die zwei Songs mit Tim Owens bereits September 2019 im Kasten. Manche Songs auf „What Death Cannot End“ haben auch schon einige Jahre in Schubladen verbracht, daher musste ich hier nicht bei Null anfangen. Tatsächlich waren es nur drei Songs, die speziell für dieses Album geschrieben wurden. Beim Rest handelt es sich oftmals um Songideen, die ich Jahre vor mir hergeschoben habe, weil ich mich nicht bereit gefühlt habe, diese zu vervollständigen.
Ich habe irgendwie das Gefühl, so stark die beiden bisherigen Alben auch sind, wirken diese wie Übungsalben für eine große Metal Oper mit zahlreichen prominenten Gästen. Ist so ein Werk ein Ziel von BELLS AND RAVENS?
Das war sicherlich mal eines meiner Ziele. Ich hatte ja bereits 2015 mit CONTRACRASH ein Konzeptalbum veröffentlicht, auf das ich nach wie vor sehr stolz bin. Allerdings ist sowas auch immer eine Frage des Budgets. Ich sage mal so – Mit den Mitteln, die mir im Moment zur Verfügung stehen, wäre meine Metal Oper leider nur ein großer Kompromiss.
Mit Tim Owens und Zak Stevens hast du ja schon sehr prominente Gäste. Wie war es mit diesen Legenden zu arbeiten bzw. hast du erwartet, diese auch für dein Projekt überhaupt zu bekommen?
Erwartet habe ich nichts, nur gehofft. Ich hatte auch schon negative Erfahrungen mit ein paar meiner Helden gemacht, daher ist sowas nie selbstverständlich für mich. Aber in beiden Fällen wurde ich sehr positiv überrascht. Schon vor zehn Jahren habe ich an Songs rumgefeilt und mir Tim’s Stimme darauf vorgestellt. Also den Wunsch mit ihm zu arbeiten hatte ich schon länger. Wenn man dann die Spuren bekommt, auf denen er meinen Song singt… Das ist schon surreal. Genauso mit Zak. Er war immer einer meiner Lieblingssänger und ich weiß nicht wie oft ich mir die „Japan Live ’94“ VHS als Teenie reingezogen habe. Überhaupt mit den beiden Kontakt zu haben ist schon krass.
Sind denn SAVATAGE und auch AVANTASIA respektive EDGUY so etwas wie Einflüsse für dich? Ich meine schon das eine oder andere draus zu hören, aber auch noch viele weitere Elemente sind auf dem Album zu finden. Möchtest du weitere deiner Einflüsse und Idole nennen?
SAVATAGE begleiten mich schon seit ich zwölf oder dreizehn war, definitiv ein großer Einfluss. Ich muss gestehen, dass ich mich noch nicht genügend mit AVANTASIA bzw. EDGUY beschäftigt habe. Was aber nicht heißt, dass ich Sammet’s Arbeit nicht zu schätzen wüsste. Meine Einflüsse kommen echt von überall her – Von Mozart/Beethoven über Musical und Filmmusik zu den BEATLES und natürlich auch Hardrock- und Metal Bands. GUNS N‘ ROSES, alteIRON MAIDEN, alte MANOWAR, JUDAS PRIEST, BLIND GUARDIAN, ne Prise DREAM THEATER, aber auch härteres Zeug wie z. B. PANTERA, SLAYER, MACHINE HEAD und noch vieles mehr.
Was willst du mit dem Titel „What Death Cannot End“ und dem dazugehörigen Artwork aussagen?
Generell sind die Texte des Albums ziemlich düster. Manche mögen meinen sie handeln vom Tod, aber eigentlich handeln sie vom Überleben. Es ist nicht immer das Überleben wie man sich’s in nem Happy End vorstellt, aber es geht darum „was der Tod nicht beenden kann“. Das Cover bezieht sich auf den Song „Scourge Of The Seven Seas“. Hier geht es um einen Piratenkapitän, der sein Leben mit einem großen Knall beenden möchte, am Ende aber als untoter Sklave die Ewigkeit auf einem anderen Schiff verbringt. Daher fand ich auch das „Fliegender Holländer“ Zitat von Wagner sehr passend für den Song.
Und wie kam die Idee zu dem Namen BELLS AND RAVENS?
Das ist eine Anspielung auf Edgar Allan Poe, der u. a. durch seine Gedichte „The Bells“ und „The Raven“ bekannt wurde. In seinen Geschichten ist der Horror noch nicht so „in your face“, wie es heute schon Standard ist, sondern um einiges subtiler.
Ich glaube es war Stephen King, der mal sagte „Am Gruseligsten ist das Monster, wenn es noch unter dem Bett ist“. Viele Songs auf diesem Album basieren auf diesem Gedanken.
Du hast noch weitere, etwas weniger prominente Gäste auf dem Album. Was verbindet dich mit diesen Sängern und Musikern?
Das ist ganz unterschiedlich. Mit Andreas Mozer von TRATOR ging ich z. B. gemeinsam auf die Schule. Claudio Sisto war schon 2006 „mein“ Drummer, als wir gemeinsam bei CONTRACRASH gespielt hatten. Jürgen Volk ist seit den 90ern einer meiner Lieblingssänger. Mit GLENMORE hat er meiner Meinung nach eines der besten Debüts aller Zeiten abgeliefert. Thomas Schmeer habe ich noch zu CONTRACRASH Zeiten kennengelernt – wir hatten regelmäßig in seinem Heimatort gespielt. Mit Selin Schönbeck habe ich auch schon mein erstes Album gemacht. Julian Scott hat mich mit seinen Instagram Videos beeindruckt, ich habe ihn daraufhin gefragt, ob er ein Gastsolo spielen möchte.T obias Hübner, Tommy Laasch und Roberto Palacios habe ich über Claudio kennengelernt. Er war sehr daran interessiert, die richtigen Leute für dieses Album zusammen zu bekommen.
Kannst du uns etwas über deinen musikalischen Werdegang erzählen?
Angefangen hat alles mit den BEATLES. Ich denke, ich muss sechs oder sieben gewesen sein, als ich zum BEATLES Fanatiker wurde. Mit acht habe ich angefangen Gitarre zu spielen und schon mit neun habe ich meine ersten schlechten Songs geschrieben. Meine Hauptsorge in der Schule war, Leute für meine Band zu rekrutieren. Aber weil das nichts wurde, habe ich versucht den Gitarristenposten in bestehenden Bands zu bekommen. Mit 17 habe ich dann Contracrash gegründet. Mit 19 ging ich auf die Musikschule und seit 2008 bin ich Fulltime Gitarrenlehrer.
Du warst ja auch Teil von CONTRACRASH, wie du schon ein paar mal erwähnt hast. Die haben ja eine ganz andere Richtung eingeschlagen, wennauch dort die bombastische Komponente zu spüren war. War laut deiner Homepage, bist du nicht mehr Teil davon. Ist die Band aufgelöst, auf Eis oder du einfach nicht mehr dabei?
CONTRACRASH war von 2004 bis 2019 mein Baby. Die letzten paar Jahre des Bestehens war ich aber sehr unzufrieden, das fing schon mit der Produktion des letzten Albums an. Irgendwann habe ich die Notbremse gezogen und die Band aufgelöst bzw. BELLS AND RAVENS gegründet. Die Musik war etwas härter und moderner, aber im Grunde schreibe ich noch wie damals. Was man natürlich sagen muss, ist dass der Gesang die Macht besitzt die Musik in diese oder jene Richtung zu lenken. Wenn jetzt z. B. Selin Schönbeck auf dem letzten CONTRACRASH Album gesungen hätte, würde es vermutlich wie BELLS AND RAVENS klingen.
Kannst du dir vorstellen BELLS AND RAVENS live umzusetzen?
Natürlich. Allerdings ist das leichter gesagt als getan. Dadurch, dass Bells and Ravens NOCH keine Band im eigentlichen Sinne ist, bin ich auf Gastmusiker angewiesen. Und das ist dann wieder eine Frage des Budgets. Ich denke, der Tag wird definitiv kommen, an dem man Bells and Ravens live sehen wird. In welcher Form lasse ich mal offen.
Drummer Claudio Sisto, der ja auch Teil von CONTRACRASH war, unterstütze dich noch auf diesem Werk. Leider verstarb dieser überraschend und viel zu früh im vergangenen Jahr. Das muss ein Schock gewesen sein…
Der Schock kam mit der Diagnose. Man kann versuchen, sich auf Fälle wie diesen einzustellen, aber wenn der Tag dann kommt und es kein Zurück mehr gibt, ist es dennoch wie ein Schlag in die Magengrube. Ich bin auf jeden Fall sehr froh, dass wir nochmal zusammen an Musik arbeiten konnten. Natürlich wäre ich auch gerne nochmal mit ihm auf einer Bühne gestanden.
Du schreibst über das neue Material unter anderem: „…die auch Hörer einer geringeren Aufmerksamkeitsspanne entzücken sollen“. Klingt provokant, aber ich merke es auch, dass sich kaum mehr wer Zeit nimmt. In Zeiten von 15 Sekunden Videos auf Tiktok und Instragram, mehr Serien als Filme konsumiert werden und Reviews oft nurmehr anhand von Einleitung und Fazit konsumiert werden, verstehe ich dich da. Wie erlebst du das als Musiker, der eben genau solche Songs schreibt?
Das ist ganz schwierig… Auf der einen Seite merke ich, dass ich mich schon selbst als Musikliebhaber überflutet fühle und nicht überall reinhöre, was mir auf Social Media angezeigt wird. Auf der anderen Seite zweifelt man dann schon oft an dem Sinn seiner Arbeit. Ganz zu schweigen von der Zeit, die man hineingesteckt hat. Noch bin ich nicht soweit, dass es mich davon abhält an neuer Musik zu arbeiten. Aber es ist auch nicht so, als ob ich noch nie über’s Aufhören nachgedacht hätte.
Vielleicht ist es noch etwas früh zu fragen, aber was steht als nächstes an?
Ich plane das nächste Album schon seit einer Weile. Es gibt ein paar Sachen, die ich gerne versuchen möchte. Aber ich will nicht zuviel verraten. Für die Zukunft ist mir am wichtigsten, dass der Prozess Spaß macht und man das dem Album auch anhört.
Danke für deine Zeit! Möchtest du den Lesern noch etwas mitgeben?
Wenn ihr die etwas längeren Songs immer lieber mochtet als die anderen, hört in das neue BELLS AND RAVENS Album rein!
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