Doktor der Musik, Geschichtsprofessor, Firmeninhaber, Schriftsteller, Drehbuchautor, Geschäftsmann, Gründer der Cardiff Aviation, Ehrenbürger der Stadt Sarajewo, Fechter, Schauspieler, Pilot & Flugkapitän und vor allem Sänger der wohl größten Metal Band der Welt.
All das und noch viel mehr ist in nur einem Menschen verpackt. Sein Name: Bruce Dickinson.
Wer ihn gestern bei seinem Soloauftritt „An Evening With BRUCE DICKINSON“ in der Simm City in Wien erlebt hat, dem wurde schnell klar, dass auch ein ausgewachsener Stand Up Comedian in diesem Herrn steckt.
Mit fast einer dreiviertel Stunde Verspätung (die glaub ich darauf beruhte, dass man dieses Event vom Gasometer in die Simm City verlegte und die Umbuchung der Sitzplätze Vorort in einem kleinen Chaos endete – viele der Besucher waren verständlicherweise nicht wirklich glücklich darüber, dass sich ihre teuren 1. Reihe-Tickets, aufgrund von Sesselmangel, in ein rechts oder links außen Reihe 5 verwandelte) kam Bruce Dickinson gut gelaunt auf die Bühne und erzählte mit viel Witz und Charme, Anekdoten und Erlebnisse aus seinem bewegten Leben.
Da dieser Abend auf seiner Biografie „What does this button do?“ aufgebaut ist und ich auch schon 2019 in den Genuss dieses Events kam, war es natürlich klar, dass Parallelen entstehen. Aber Bruce schafft es mit seinem charismatischen Auftreten und viel Selbstironie immer wieder das Publikum mit den eigentlich alten Kamellen (die die meisten ja auch selbst in seinem Buch gelesen haben) perfekt zu unterhalten. Er lässt auch viel Aktuelles geschickt in seinen Erzählungen einfließen und so erfährt man einiges über seine Kindheit, seine Schulzeit, seinen Werdegang als Musiker bei SAMSON und IRON MAIDEN, bis hin zu seinem erfolgreichen Kampf gegen den Krebs. Wer, wenn nicht er könnte diese schlimme Zeit mit so viel Witz und Selbstironie besser schildern?
Der erste Teil endet mit seiner Begegnung mit der kürzlich verstorbenen Queen und der Frage, nachdem Bruce ihr mitgeteilt hat er sei ein Sänger in einer Heavy Metal Band „What is Heavy Metal?“ und der Erkenntnis, dass sie sich später dann doch informiert hat über die Band, da ja in diesem Jahr ein exklusiver Satz britischer Briefmarken von IRON MAIDEN und ihrem Maskottchen Eddie erscheint. Und das, so Dickinson, hat die Queen höchstpersönlich genehmigen lassen. Es folgt die Pause, in der am Anfang noch eine qualitativ hochwertige Version des Videos von „The Writing On The Wall“ in voller Lautstärke abgespielt wird und man kann danach behaupten, dass die SIMM City über eine ordentliche Soundanlage verfügt.
Der zweite Teil stand wie gewohnt im Zeichen von „Frage und Antwort“. Wobei die Fragen an Bruce vom Publikum auf Kärtchen, die vor der Show beim Eintritt verteilt wurden, geschrieben werden konnten. Schon vor der Show und in der Pause wurden dann von ihm passende und interessante Fragen ausgewählt und im zweiten Teil beantwortet. Ich bin mir nicht sicher, ob das Ganze nicht schon im Vorfeld jedes Abends feststeht, welche Fragen vorgelesen und beantwortet werden. Mich machte es nämlich stutzig, dass wirklich lustige oder skurrile Fragen von Bruce ausgesucht wurden und er das Publikum dann darauf direkt ansprach (man sollte auf die Karte auch seinen Namen schreiben), sich aber kein einziger Verfasser zu Wort meldete um mit Dickinson ins Gespräch zu kommen. Also wenn er meine Karte ausgesucht hätte, hätte ich mich wenigstens als Verfasser derjenigen zu kennen gegeben. Natürlich tauchten auch immer wieder Fragen auf zwecks neuem Soloalbum, einer Solo-Tour oder der nächsten MAIDEN-Tournee. Diese sind ganz sicher von ihm selber ins Paket geschmuggelt worden. Wie auch die Frage: „Why did you leave me at home?“, unterschrieben von Steve Harris.
Nach einer A-capella Version der Anfangsstrophe von „Revelations“ war dann auch der zweite Teil nach einer halben Stunde vorbei und Bruce entfleuchte ohne Wiederkehr von der Bühne. Leider auch dieses Mal ohne einer anschließenden Signing Session. Die Autogrammjäger und mein linker Oberarm gingen wieder einmal ohne Unterschrift nach Hause.
Dennoch war es ein grandioser und sehr lustiger wie kurzweiliger Abend. Wenn es nicht Montagabend bzw. Nacht gewesen wäre und man nicht noch heimfahren müsste, könnte Herr Dickinson noch einige Stunden so weitermachen, Geschichten hätte er definitiv genug auf Lager.
So mancher Comedian wäre gut beraten, sich „The Evening With Bruce Dickinson“ einmal anzuschauen, da würde der eine oder andere sehen und vielleicht lernen, wie man das Publikum locker flockig unterhält und zum Lachen bringt, ohne dass es hölzern und auswendig heruntergeleiert klingt. Bruce wäre dazu nicht einmal vom Fach, er ist einfach höchst charismatisch, interessant und weiß, wie man mit dem britischen Black Humor umgeht.