Ach Kinder, wie die Zeit vergeht! Schon wieder ist ein Jahr im Nu verflogen und die Wartezeit auf das Masters Of Rock 2024 ist Geschichte. Die Vorfreude war dank namhafter Künstler*innen groß und so begab man sich im Konvoi auf die knapp 500 Kilometer lange Reise ins beschauliche Vizovice in Tschechien, um die 20. Auflage des Festivals zu feiern.
Der Weg ist inzwischen kein Problem mehr und auch das Auffinden des Zeltplatzes ist uns in Fleisch und Blut übergegangen, da das Earshot-Team nach den unzähligen Besuchen fast schon zum Inventar gehört . Beim Aufbau der Übernachtungsutensilien floss schon der Schweiß in Strömen und das nicht zum letzten Mal, da der Wetterbericht vier Tage lang tropische Hitze versprach. Wer topmotiviert war, konnte schon am ersten Tag ab 12 Uhr mittags die Haare kreisen lassen, denn jede Menge einheimische Bands versprachen schon zu früher Stunde gute Stimmung vor der Bühne.
Doch dank langer Anreise und Aufbaustrapazen betraten wir erst zu den Klängen von SODOM das Festivalgelände, nachdem man sich die rot-weißen Bändchen und die erste kühle Stärkung organisiert hatte. Die blendenden Sonnenstrahlen und knapp 30 Grad Temperatur wollten so gar nicht zu dem düsteren Auftritt der Gelsenkirchener passen, doch Tom Angelripper, mit seinen über 60 Jahren am Buckel, kann das Wetter nichts anhaben und so wurde von der ersten Sekunde an voll Stoff gegeben. Ein Festival kann sicherlich schlechter starten als mit brachialem deutschen Thrash Metal. Die 70 Minuten Spielzeit wurden perfekt genutzt und es folgte Kracher um Kracher. Besonders in Erinnerung blieb mir das eingängige „Jabba The Hut“, das lautstark mitgesungen wurde. Tom suchte immer wieder die Nähe zum Publikum und erinnerte die Anwesenden an das 20-jährige Jubiläum, das man hier gemeinsam feierte. Die Geschwindigkeit wurde anschließend noch erhöht mit den Bandhymnen „Agent Orange“ oder „Outbreak Of Evil“, die für jede Menge Bewegung vor der Bühne sorgten. Das große Finale wurde mit „Bombenhagel“ aus dem Jahre 1987 würdig zelebriert. Starker und sehr lauter Einstieg für uns und gelungener Auftritt unserer Nachbarn. Zeit für das erste große Highlight des Wochenendes mit einem kleinen Mann mit großer Stimme.
[AndyVanHalen]
Setlist SODOM:
Procession To Golgatha
Christ Passion
Jabba The Hut
The Crippler
Nuclear Winter
Blasphemer
Proselytism Real
Agent Orange
Conflagration
Outbreak Of Evil
The Saw Is The Law
Remember The Fallen
Bombenhagel
Nachdem das Festival durch den sowieso schon verdammt heißen Tag, aber dank hitzigen Shows, die zuvor auch Bands wie DRAGONHAMMER, MELECHESH oder TURMION KÄTILÖT, die wir leider auf Grund der langen Anreise verpassten. Doch dafür war es umso schneller Zeit für den Headliner des ersten großen Abends und das war niemand geringeres als BRUCE DICKINSON mit seinem Solo-Projekt, das ja nach gut 20 Jahren Pause mit „The Mandrake Project“ wieder an Fahrt gewonnen hat.
Da ich dem Herren seiner gewaltigen Stimmer bisher zwar schon zahlreiche Male mit IRON MAIDEN live vernehmen durfte, aber nie eine seine Solo-Shows zu Gesicht bekommen konnte, war die Vorfreude und die Spannung riesig. Aber die Erwartungen wurden absolut erfüllt. Klar, es fiel sofort die recht leere Bühne auf. Bruce konnte keine mehrstöckigen Aufbauten ablaufen und auch sonst gab es nicht viel Show, aber das war eben keine Maiden-Show. Dickinson und seine mehr als talentierten Musiker*innen fackelten nicht lange und hauten mit vollem Elan sogleich „The Accident Of Birth“ raus, zogen das Tempo mit „Abduction“ an und gaben alles. Die Truppe poste, gab sich bewegungsfreudig und vor allem verdammt spielfreudig.
Der Bruce machte für sein Alter nach wie vor gewaltig Kilometer, zeigte sich äußerst sympathisch und Publikumsnah in den Ansagen und wurde sogar plauderig. Auf die Frage hin, ob jemand neues Material hören wolle, wurde lautstark gejubelt, denn mit „Afterglow Of Ragnarok“ und der weiteren Single „Rain On The Graves“ hat der Mann gemeinsam mit Studio-Legende Roy Z wieder echte Klassiker geschaffen. Dennoch gab es vor allem bei dem unglaublich bewegenden Akustik-Song „Tears Of The Dragon“ Gänsehaut, aber auch „Chemical Wedding“, das Bruce perfekt und stimmgewaltig rausschmetterte, gingen unter die Haut. Fanchöre erschallten, es wurden die Teufelshörner in die Höhe gestreckt und alle hatten ihren Spaß. Irgendwann verschenkte er auch noch seine Haube an einen Fan und irgendwann fidelte der Meister plötzlich auch auf dem exotischen Instrument Theremin herum.
Apropos Spaß: Bruce hatte die Freude seines Lebens, als er die Dixi-Entleerungswagen mitten im Publikum ausmachen konnte. Während sich dieser durch die Menschenmengen mit 1 Km/h bewegte wollte er wissen: „What the fuck is this? Is this a Shit-Truck?“, und weiter ging es im Programm. Auch wenn man keine riesen Eddys rumlaufen hatte, keine Flieger über der Bühne kreiste und auch keine Inferno abgefackelt wurde, mit einer fetten Video-Wall und einigen eindrucksvollen Pyros, peppte man die Show dann doch optisch ganz gut auf. Selbige verging aber natürlich viel zu schnell und der Bruce verabschiedete sich alsbald mit dem fetzigen „Road To Hell“, das lautstark mitgeträllert wurde.
BRUCE DICKINSON ist und bleibt ein Phänomen. Stimmstark, symapthisch und voller Elan hat derann in seinem Leben schon so einiges gemeistert, da war diese Headliner-Show, die uneingeschränkt begeisterte, keine Ausnahme. Eine Show, die unvergessen bleiben wird denn so nahbar habe ich die Legende noch nie erlebt.
[Maxomer]
Setlist BRUCE DICKINSON:
(The Invaders)
(Toltec 7 Arrival)
Accident Of Birth
Abduction
Laughing In The Hiding Bush
Faith
Afterglow Of Ragnarok
Chemical Wedding
Tears Of The Dragon
Resurrection Men
Rain On The Graves
Frankenstein (THE EDGAR WINTER GROUP)
The Alchemist
Book Of Thel
The Tower
Road To Hell
Nach so einem gelungenen Gig hatten es die nachfolgenden Herren von STRATOVARIUS nicht so leicht, die Meute vor die Bühne zu locken oder gar zu begeistern. Doch wer den Finnen schon einmal beiwohnte, der weiß um die Live-Qualitäten von Sänger Timo Kotipelto und seinen finnischen Kollegen. Seit unglaublichen 40 Jahren gibt es die Truppe schon, auch wenn keiner der Gründungsmitglieder mehr mit an Bord ist. Die Nordländer halten die Power-Metal-Fahne konsequent hoch und sind hier immer wieder gern gesehene Gäste. Auch die jetzige Formation kann sich sehen lassen und steht ihren teilweise namhaften Ex-Mitgliedern in nichts nach, da man inzwischen auch schon wieder zehn Jahre in dieser Konstellation gemeinsam musiziert.
Eröffnet wurde das Set mit „Survive“ vom letzten gleichnamigen Album, das 2022 erschien und in der Heimat der Musiker Platz eins der Charts eroberte, ehe schon zu Beginn einer der größten Hits folgte. „Eagleheart“ darf bei keiner Show fehlen und war wohl nicht nur für mich der erste Kontakt mit der Band im Jahr 2003. Die Fans zeigten sich stimmgewaltig und alle Sorgen waren verflogen, dass Herr Dickinson die Leute zu sehr verausgabte. Timo erwischte wie gewohnt einen guten Tag und seine Stimme war gut gehölt, auch wenn sich der 55-Jährige immer wieder eine Pause gönnte und hinter der Bühne verschwand. Diese Zeit nutzten die beiden Herren Matias Kupiainen an der Gitarre und Lauri Porra am Bass, die sich wilde Duelle an ihren Instrumenten lieferten. Da inzwischen auch die Temperaturen erträglich wurden und man schon den Flüssigkeitshaushalt ordentlich ausgeglichen hatte, war die Stimmung kurz vor Mitternacht nach wie vor Spitze und Songs wie die Ballade „Forever“ und „Black Diamond“ aus älteren Tagen kamen richtig gut an. Geschwindigkeit ist Trumpf, dachten sich STRATOVARIUS an diesem Abend, und so gaben die Jungs ordentlich Gas.
Wer dachte, das Pulver sei verschossen, der machte die Rechnung ohne den Wirt, denn ohne den Hit „Hunting High And Low“ durften die Finnen das Gelände nicht verlassen, wenn man nicht für Tumulte sorgen wollte. Krönender Abschluss eines starken Konzerts der Finnen, die sich gebührend feiern ließen.
[AndyVanHalen]
Setlist STRATOVARIUS:
Survive
Eagleheart
Speed Of Light
The Kiss Of Judas
Paradise
4000 Rainy Nights
World On Fire
Stratosphere / Holy Light / Legions
Frozen In Time
Black Diamond
Forever
Unbreakable
Hunting High And Low
Wer der Hitze noch nicht Tribut zollte und noch etwas Energie in seinen müden Knochen hatte, durfte zu später Stunde noch den Tönen von MOONSPELL lauschen. Die Herren aus Portugal rund um den alten Hasen Fernando Ribeiro hatten mit dem Slot nach Mitternacht natürlich die besten Voraussetzungen. Wer noch vor der Bühne stand, war also Fan oder verdammt neugierig nach diesem heißen und anstrengenden Tag. Zudem heißt es bei der Truppe nicht umsonst Dark Metal. Und so startete die Truppe wuchtig und mit starkem Sound in ihr abwechslungsreiches und spannendes Set. Mit „Opium“ gab es zunächst einen druckvollen, aber Gothic-lastigeren Klassiker, doch egal ob mit altem oder neueren Material, die Truppe hatte das Publikum mit Highlights wie „Vampiria“, „Alma Mater“ oder „Full Moon Madness“ fest im Griff und feirte noch eine intensive und nachmitterliche Stunde zu der es nochmal hitzig, aber eben auch verdammt düster wurde.
Setlist MOONSPELL:
Perverse… Almost Religious
Opium
Extinct
Night Eternal
Finisterra
Everything Invaded
Breathe (Until We Are No More)
Tenebrarum Oratorium (Andamento II / Erotic Compendyum)
Mephisto
Vampiria
Alma Mater
Full Moon Madness
Der erste Tag war erfolgreich überstanden, doch man fiel sowohl erschöpft und übermüdet, als auch verdammt glücklich mit vielen neuen Eindrücken und Erfahrungen in sein Zelt, Wohnwagen, Hotelbett oder gar irgendwo auf der Wiese und im Wald – was in Vizovicegar nicht so selten zu beobachten ist – in den Schlaf. Auf drei weitere großartige Tage!