Vom Tun und Lassen
(Post Hardcore)
Label: Munich Warehouse
Format: (LP)
Release: 24.01.2025
Wer hätte gedacht, dass wir Anfang 2025 hier sitzen und über ein neues HEISSKALT-Album sprechen? Nach einer sechseinhalbjährigen Pause kehrt die Band mit „Vom Tun und Lassen“ beeindruckend zurück. Dieses Album ist mehr als ein Comeback: Es ist ein Beweis für die Kraft des Durchhaltens, der Selbstreflexion und der wiederentdeckten Leidenschaft. HEISSKALT haben die Zeit genutzt, um sich neu zu finden, und doch bleibt ihr unverwechselbarer Kern erhalten.
Das Album beginnt mit „Alle Zeit“, einem atmosphärischen Opener, der sich langsam aufbaut und in eine Gefühlswelt zieht, die sowohl vertraut als auch neu ist. Die Zeilen „Tu nur noch, was ich will, denn ich will alles, was ich muss“ sind mehr als ein Statement. Sie spiegeln das zentrale Thema des Albums wider: Selbstermächtigung und das Akzeptieren der Realität. Musikalisch ist der Song ein perfekter Startpunkt, der die Spannung auf das Kommende aufbaut.
„Vampire“ greift diese Energie als zweites Lied des Albums auf und verbindet sie mit einer Hommage an die früheren Werke der Band. Hier hat man als alter Fan Gefühle, die man vor 2018 auch hatte. Mit „Lehnen im Licht“ wird das Tempo angezogen. Der Song strahlt Intensität aus und thematisiert Transformation und das Loslassen alter Muster. Die metaphorischen Texte sind typisch HEISSKALT: tiefgründig, mehrdeutig und dennoch zugänglich. Die Lead-Single des Albums, „Wasser, Luft und Licht“, ist ein Highlight. Sie fühlt sich wie ein Dreh- und Angelpunkt des Albums an, in dem alles zusammenfließt. Der Song strahlt Hoffnung und Klarheit aus, mit einer simplen, aber kraftvollen Botschaft: Wir alle brauchen nur ein paar essenziellen Dinge, um zu wachsen. Einfach die perfekte Wahl, um die Wiederbelebung der Band anzukündigen.
Mit „Sommer“ kommt ein rockigerer aber langsamer Sound. Für mich der schwächste Song am Album. Vielleicht, weil mich der Song sehr an das “Idylle” Album von HEISSKALT erinnert, welches ich damals auch nicht mehr so gut fand. ”Dieses Gefühl“ bietet daraufhin eine experimentellere Klangwelt und hat einen echt guten Vibe, der Song ist ruhig, fast meditativ und zeigt, dass HEISSKALT bereit sind, ihre musikalische Identität weiter auszudehnen.
Ein weiter großer Punkt des Albums ist die gesellschaftliche und politische Reflexion . ”Vom Schlimmsten“ greift die Polarisierung und Spaltung unserer Welt auf und wird parallel wieder schneller und härter. Die Textzeilen „Es ist so leicht, die Panik immer weiter zu verbreiten” und „Ich bin es so leid, vom Schlimmsten auszugehen“ sind äußerst zeitgemäß und ehrlich.
Dann folgt mit „Mit Worten und Granaten“ mein absoluter Höhepunkt des Albums. Es ist nicht nur der härteste Song des Albums, sondern auch ein musikalisches und emotionales Meisterwerk. Die zweite Hälfte des Liedes hebt das ganze Album auf ein höheres Level. Bereits bei der Single-Veröffentlichung war ich sprachlos, aber live – und das habe ich selbst im Flex (Earshot Livereport) erlebt – hat dieser Song eine Wucht entfaltet, die ihresgleichen sucht. Die Verbindung aus musikalischer Intensität und emotionaler Tiefe ist schlichtweg überwältigend. Lieder, die solche Gefühle erwecken, gibt es nur selten.
„Heim“, die minimalistischste Nummer des Albums, bietet eine intensive Wand aus Atmosphäre. Den Abschluss bildet „Teilchen“, ein Lied, das ruhig beginnt und sich langsam zu einem starken Finale aufbaut. Es ist ein Abschluss, der den Hörer mit einem Gefühl des Staunens zurücklässt. Man fragt sich, wie nach einem richtig guten Film: Wann kommt der nächste Teil?
Mit „Vom Tun und Lassen“ hat HEISSKALT nicht nur ein wirklich beeindruckendes Comeback hingelegt, sondern ein Werk geschaffen, das in seiner Tiefe und Qualität überzeugt. Das Album tanzt gekonnt auf der Grenze zwischen der eigenen musikalischen Vergangenheit und einer vielversprechenden Zukunft. Es feiert die Stärken der Band, wagt sich aber auch in neues Terrain.
Die sechseinhalbjährige Pause hat sich gelohnt: Dieses Album klingt lebendig, kraftvoll und authentisch. Es ist ein Beweis dafür, dass die Welt manchmal innehalten muss, um erneut durchstarten zu können. HEISSKALT sind wieder da!
Tracklist „Vom Tun und Lassen“:
1. Alle Zeit
2. Vampire
3. Lehnen im Licht
4. Wasser, Luft und Licht
5. Sommer
6. Dieses Gefühl
7. Vom Schlimmsten
8. Mit Worten und Granaten
9. Heim
10. Teilchen
Gesamtspielzeit: 43:23
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