Orthodox - A Door Left Open
ORTHODOX
A Door Left Open
(Hardcore | Metalcore)

 


Label: Century Media
Format: (LP)

Release: 06.06.2025


2024 war für mich musikalisch geprägt von einem Album, das alles überstrahlt hat: “Death is Little More” von BOUNDARIES. Hätte ich damals bereits Reviews für earshot geschrieben, wäre das Album eine glatte 10/10 gewesen – ein absolutes Meisterwerk, das mich ganz 2024 nicht losgelassen hat. Ein Jahr später treten ORTHODOX mit “A Door Left Open” ins Rampenlicht. Ich habe die Band erst vor wenigen Wochen entdeckt und seitdem lässt sie mich nicht mehr los. Mit “Learning to Dissolve” (2022) haben ORTHODOX bereits einen bleibenden Eindruck hinterlassen – ein Album, das Aggression, Chaos und Emotion perfekt vereint. Doch jetzt wagen sie den nächsten Schritt und “A Door Left Open” könnte ihr Opus Magnum sein.

Bereits der Opener „Can You Save Me“ lässt keinen Zweifel daran, was hier geboten wird: ORTHODOX aus Nashville liefern einen Sound, der seinesgleichen sucht – ein Gitarren-Tone geprägt von Schwere und Aggressivität, die Vocals von Adam Easterling brennen sich ins Gehör und Bass und Schlagzeug legen das Fundament für ein unglaubliches Klangbild.

Mit „Body Chalk“, einer gerade einmal einminütigen Nummer, wird das Chaos nahtlos weitergeführt. Progressive Tempo- und Rhythmuswechsel sorgen für ein Hörerlebnis, das ebenso unberechenbar wie fesselnd ist. ORTHODOX zeigen hier schon früh, dass sie nicht nur drauflosspielen, sondern ihre Musik mit einem beeindruckenden Gespür für Dynamik und Struktur aufbauen.

„Dread Weight“ bewegt sich in Beatdown-Richtung, verliert sich aber nie in reiner Brutalität. Stattdessen besticht der Track durch punktgenaue Drums, die besonders durch die hochgestimmte Snare für mein Hardcore-Herz alles richtig machen. Die Produktion von Randy LeBoeuf (JESUS PIECE, KUBLAI KHAN TX) fängt diesen rohen und fokussierten Sound perfekt ein. “A Door Left Open” klingt einfach nur brutal und präzise, aber nicht steril oder overengineered.

Mit „Blend In With The Weak“ folgt ein Highlight des Albums. Niemand Geringeres als Matt McDougal von BOUNDARIES liefert hier ein Feature, das an aggressiver Könnerschaft kaum zu überbieten ist. Die gemeinsame Energie der beiden Sänger ist ein echtes Paradebeispiel für gelungene Kollaboration, was mich als riesen BOUNDARIES-Fan durchwegs begeistert. „Godless Grace“ ist eine klassische Hardcore-Nummer, die am Schluss an die beiden “Antpile”-Songs der Genrekollegen von KUBLAI KHAN TX erinnert. 

Die beiden vorab veröffentlichten Singles „Keep Your Blessings“ und „Sacred Place“ sind im Kontext des Albums noch viel stärker als ohnehin schon. Besonders „Sacred Place“ bleibt hängen: Das Breakdown-Outro ist ein Meisterwerk für sich. Es ist der Mix aus Progressivität, Groove und kompromissloser Härte, der ORTHODOX so einzigartig macht.

„Step Inside“ setzt das Spektakel fort. Gitarrist Austin Evans spielt als Linkshänder seine Gitarre in umgedrehter Haltung, was den ORTHODOX-Sound spürbar prägt: Riffs und Melodien wirken oft verschoben und kantig und das trägt viel zum chaotischen, rohen Charakter der Songs bei. „One Less Body“ ist ein weiteres Highlight – vor allem durch das Feature von MASTODONs Frontmann Brann Dailor. Sein Beitrag verleiht dem Song eine Dimension, die klangbildlich extrem aus dem Album heraussticht, aber im positivsten Sinn.

Mit „Searching For A Pulse“ und „Commit To Consequence“ (mit Vocalist von COMEBACK KID, Andrew Neufeld) folgen zwei weitere Singles, die die musikalische Qualität nicht nur halten, sondern sogar noch steigern. „Searching For A Pulse“ überzeugt mit einem Gitarrensolo von Neuzugang Ben Touchberry und einer Struktur, die gleichermaßen heavy wie hypnotisch ist. Neufelds Part auf „Commit To Consequence“ bringt eine Prise Hardcore-Energie ins Spiel, die ORTHODOX’ ohnehin schon beeindruckende Dynamik noch erweitert.

Der finale Track „Will You Hate Me?“ ist der perfekte Abschluss. Während die erste Hälfte des Songs kompromisslos nach vorne geht, wird es in der zweiten Hälfte ruhiger, fast schon nachdenklich. Das sich wiederholende Riff zum Ende ist ein perfekter, würdiger Schlusspunkt für ein Album, das so viel Wucht und Emotion vereint.

A Door Left Open” ist ein kompromissloses Statement. ORTHODOX haben hier ein Album geschaffen, das alle meine Vorlieben perfekt trifft – ein Mix aus dem Groove von MESHUGGAH, der Wucht von KUBLAI KHAN TX, der Experimentierfreude von GOJIRA und der emotionalen Tiefe und Brutalität von BOUNDARIES. Für mich bisher ganz klar der stärkste Kandidat für mein persönliches Album des Jahres. Wer auf kompromisslosen Sound, emotionale Wucht und kreative Härte steht, sollte diesem Album definitiv seine Zeit schenken.

Jetzt fehlt nur noch eines: Die Band live zu erleben. 2021 hätten sie gemeinsam mit KUBLAI KHAN TX in die Arena Wien kommen sollen – coronabedingt abgesagt. Diese Kombination wäre ein Traum und ich hoffe, dass sich die Gelegenheit bald bietet. Bis dahin bleibt „A Door Left Open“ bei mir auf Dauerschleife.

Autor: Anthony Seidl


Tracklist „A Door Left Open“:
1. Can You Save Me?
2. Body Chalk
3. Dread Weight
4. Blend In With The Weak (feat. Matt McDougal)
5. Godless Grace
6. Keep Your Blessings
7. Sacred Place
8. Step Inside
9. One Less Body (feat. Brann Dailor)
10. Searching For A Pulse
11. Commit To Consequence (feat. Andrew Neufeld)
12. Will You Hate Me?
Gesamtspielzeit: 28:45

 


Band-Links:

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Orthodox - A Door Left Open
ORTHODOX – A Door Left Open
LINEUP:
Adam Easterling (Vocals)
Austin Evans (Guitars)
Shiloh Krebs (Bass)
Ben Touchberry (Guitars)
Mike White (Drums)
Guests:
Matt McDougal (BOUNDARIES)
Brann Dailor (MASTODON)
Andrew Neufeld (COMEBACK KID)
10
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