Nach dem Suizid SAVIOUR MACHINEs und den krankheitsbedingten Ausfällen von MORTIFICATION steht das dahinsiechende White Metal–Genre noch gesichtsloser da.
NARNIA kommen da einem Lichtblick gleich; die Schweden mögen ihre Vor- und Nachteile haben, demonstrieren jedoch mit ihrem vierten Album seit 1998 erneut Kontinuität in Songwriting und Sound, da insbesondere Gitarrist Grimmark mehr denn je den Yngwie raushängen lässt, und sogar Vokalist Rivel (ehem. Liljegren) kommt dem landsmännischen Gitarrenpummel stimmlich ausgesprochen nahe, besonders beim Opener „The Countdown Has Begun“, der sich sehr an MALMSTEENs „Magnum Opus“ – nennen wir es mal – orientiert.
Erfreulich: Die Tendenz zu mehr Gitarren und weniger Keys, ergo zu mehr Härte und weniger Kitsch (man erinnere sich an das pathetische Debut „Awakening“ oder den Vorgänger Desert Land, die partiell mehr mit CELINE DION als HELLOWEEN zu tun hatten). Die neue Härte im Melodic Metal NARNIAs wird auch optisch suggeriert, in dem man das Löwen-Bandmaskottchen auf dem Cover weniger schwülstig und naturalistischer in Szene setzt als auf den hässlichen Vorgängerscheiben. „Back From Hell“ und „Ground Zero“ tendieren erfrischend in Richtung Power Metal mit Achtziger-Flair, die epischeren Tracks wissen ebenfalls zu überzeugen, mal abgesehen vom zähen, weinerlichen „No Time To Loose“. Richtig bombastisch wird es gegen Ende im Rahmen des Titeltracks: Fette Chöre, merkwürdige Keyboards, elegisches Tempo, ein edler Gastauftritt von Eric Clayton (SAVIOUR MACHINE) und leider langweilig-vorhersehbare Arrangements. Relativ belanglos sind das textliche Konzept um den 11. September und das dazugehörige, obsolete Intro „War Preludium“.
Resumee: Die limitierten Erwartungen des durchschnittlichen Melodic-Fans werden voll auf erfüllt, instrumental und klanglich glänzt man mit sauberen, soliden Leistungen, gröbere Ausfälle im Songwriting sind ebenso selten wie Überraschungsmomente. Die fehlende stilistische Varietät und das stetige Kopieren alter Schweden garantieren NARNIA zwar eine loyale, anspruchslose Fanschar, diese wird jedoch auf Dauer überschaubar bleiben, wenn es dem Quintett nicht gelingt mehr als nur Dutzendware von der Stange abzuliefern.
Tracklist „The Great Fall“:
1. War Preludium
2. The Countdown Has Begun
3. Back From Hell
4. No Time To Loose
5. Innocent Blood
6. Ground Zero
7. Judgement Day
8. Desert Land
9. The Great Fall Of Man
Gesamtspielzeit: 54:06