ICED EARTH - The Reckoning
ICED EARTH
The Reckoning
(Power Metal)

 


Label: SPV
Format: (EP)

Release: 2003


Ich gebe es zu, ich bin ein Verfechter von Altbewährtem, ich mag keine Veränderungen, sie machen mich skeptisch. JUDAS PRIEST waren ohne Rob Halford auch nicht viel besser dran, als IRON MAIDEN ohne Bruce Dickinson und gerade, wenn eine Band lauthals tönt, dass das neue – veränderte – Line Up das Beste sei, dass sie jemals gehabt hatte, so stehe ich erstmals automatisch auf Kriegsfuß. Aber zugegeben, man kann sich irren und man sollte nicht an vergangenen Zeiten festklammern, Neues zumindest abwarten und dann bewerten, als vorschnelle Vorurteile abzugeben.
Der Ausstieg von Matt Barlow aus ICED EARTH war für viele Anhänger der mittlerweile zu Megasellern herangereiften Amerikaner ein mittelmäßiger Weltuntergang, war seine charismatische, ausdrucksstarke und emotionale Stimme immerhin bisher neben den songwriterischen Fähigkeiten und dem kompositorischen Geschick von John Shaffer das Hauptmarkenzeichen der Band, und genau so wie Bruce Dickinson für IRON MAIDEN oder auch Rob Halford für JUDAS PRIEST ein nicht wegzudenkender Bestandteil des Endprodukts. Ersatz war dennoch schnell gefunden, und das in niemand geringerem als dem kürzlich etwas unfein von seinem früheren Arbeitsgeber JUDAS PRIEST entlassenen Tim „The Ripper“ Owens – laut John Shaffer ein mehr als würdiger Lückenbüßer mit einer fantastischen, variablen Stimme.

Versteht mich nicht falsch – Tim ist ein ausgezeichneter Sänger und war bei JUDAS PRIEST (zumindest der moderneren Version davon) nicht gerade fehl am Platz und gerade im direkten Vergleich mit Blaze Bailey bei IRON MAIDEN ein wahrer Glückstreffer, aber wenn ich seinen Leistungen auf „The Reckoning“ lausche, wird die Freude über ein neues Lebenszeichen ICED EARTHs vom gewaltigen Schatten des immensen stimmlichen Mankos überschattet. Gerade die ruhigen, einfühlsamen Passagen sind eindeutig nicht sein Hauptgebiet, äußerst dünn, ausdrucks- und emotionslos scheint er neben Matt Barlow, während er bei den aggressiveren Passagen wiederum zu stark in Richtung JUDAS PRIEST tendiert.

Musikalisch jedoch ist zumindest alles beim Alten geblieben, John Shaffer hat sein bewundernswertes Geschick zum Glück nicht verloren und ist nachwievor im Stande, nicht nur äußerst eingängige und abwechslungsreiche Meisterwerke zu kreieren, sondern diesen auch den urtypischen Ohrwurmcharakter zu verleihen – doch ob all dies ausreicht, wenn der Sänger nicht im Stande ist, den musikalischen Aspekt auch stimmlich umzusetzen? Angesichts der vier hierauf dargebotenen Stücke – davon „The Reckoning“ und „Valley Forge“ auf meiner Promo in einer Fade-Out Version – nicht wirklich, klingen ICED EARTH heute einfach viel zu gewöhnlich und erschreckend stark nach Mittelmaß, zumindest im direkten Vergleich mit den älteren Kreationen. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie sich „Dante’s Inferno“ oder auch „Melancholy“ in Zukunft anhören werden – aber einen positiven Aspekt kann ich der Sache dennoch abgewinnen: Wie man auch an JUDAS PRIEST und IRON MAIDEN sieht, kehrt der Schuster immer irgendwann zu seinen Leisten zurück…


Tracklist „The Reckoning“:
1. The Reckoning (Don´t Tread On Me)
2. When The Eagle Cries
3. Valley Forge
4. Hollow Man
Gesamtspielzeit: 14:59


www.icedearth.com

 

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