Die Zeiten, in denen man MARDUK hierzulande beinahe öfter live hören konnte als auf der heimischen Anlage sind ja zum Glück vorbei, und aufgrund dieser Reduktion der Livepräsenz haben die Schweden anscheinend auch Zeit gefunden ein neues – ihr mittlerweile zehntes – Studioalbum einzuspielen. Keine Angst, meine Herrschaften, die Uhr steht keineswegs auf 5 vor 12 – falls ihr den Albumtitel in dieser Richtung interpretiert habt. Vielmehr wird hier auf eine Stelle im neuen Testament – Römerbrief, Kapitel 5, Zeile 12 – Bezug genommen.
Ob diese biblische Weiterbildung auch Einfluss auf das Songwriting der Höllenschergen genommen hat ist mir zwar nicht bekannt, irgendwie aber muss sich ein Sinneswandel in den Köpfen der vier Herrschaften vollzogen haben. Vorbei sind nämlich die Zeiten, in denen es in blinder Zerstörungswut rein auf das Tempo angekommen ist und sich die gesamte aufgestaute Energie in den Songs kompensiert hat. MARDUK drosseln deutlich das Tempo und verleihen ihrem Spiel dadurch eine Menge an Abwechslung und interessanten Facetten. Schon der Opener „The Levelling Dust“ besticht durch eine durchgehend langsame Gangart, in der Melodie und Atmosphäre zum Tragen kommen, und liefert einen mehr als gelungenen Einstand in das neue Werk.
„Cold Mouth Prayer“ dürfte dann wohl der Song sein, der für sich alleine stehend den Verdacht aufkommen lassen könnte, dass bei den Schweden alles beim Alten geblieben ist. Rasende Blasts, spärliche Melodien und eine hasserfüllte Aura werden in den knapp dreieinhalb Minuten versprüht, wobei jedoch dieser Track und das ebenfalls höllenschnelle „Through The Belly Of Damnation“ (sogar mit kurzem Basssolo!) geschwindigkeitstechnisch die beiden Ausreißer nach oben hin darstellen. Doch obwohl diese beiden Stücke sicherlich ihre Qualitäten haben, sind es die für MARDUK-Verhältnisse unkonventionellen Lieder, die für Aufsehen sorgen.
„Imago Mortis“ stellt in diesem Zusammenhang schon den ersten Höhepunkt dar. Beinahe im Kriechtempo und recht majestätisch vorgetragen spielt sich dieses rockig angehauchte und simpel vorgetragene Stück rasch ins Ohr, wobei es die Band schafft über die gesamte Dauer von immerhin über achteinhalb Minuten zu keiner Zeit langweilig zu klingen. Weiter im Reigen der ausgefallenen Stücke geht es dann mit dem depressiv düsteren „1651“, in dem außer Pauken, Orgelklängen, einigen Samples und dem kranken Gekrächze von Mortuus nichts großartiges zu hören gibt, wobei das alleine schon reicht um dunkle Gefühle aufkommen zu lassen. Ob es wirklich der Pontifex ist, der zu „Accuser/Opposer“ die einleitenden Worte spricht, kann ich nicht zu 100 % sagen, die Intensität des Stückes kann ich aber unbestritten bestätigen. Erneut hält sich das Tempo in fast doomigen Gefilden, die Arrangements sind eher einfach gehalten, wodurch man erneut rasch in den Bann des Stückes gezogen wird. Den Mönchsgesang am Ende hätte man sich zwar sparen können, doch durch die starke Wirkung des restlichen Vortrages bleibt immer noch ein saumäßig starkes Liedgut unterm Strich stehen. „Womb Of Perishableness“ schlägt dann noch einmal in dieselbe Kerbe, während man mit „Vanity Of Vanities“ und „Voices From Avignon“ eher die Fans der treibenden Klänge ansprechen sollte.
Ich ziehe somit den Hut vor dem mutigen Herangehen an das Jubiläumsalbum und bin mir sicher, dass „Rom 5:12“ allgemein betrachtet mit Sicherheit das stärkste Werk von MARDUK seit langem darstellt. Für alle die ein Augenmerk auf Abwechslung legen könnte dies eventuell sogar den Höhepunkt der 17-jährigen Bandgeschichte sein.
Tracklist „Rom 5:12“:
1. The Hangman Of Prague
2. Throne Of Rats
3. Seven Angels, Seven Trumpets
4. Life¸s Emblem
5. Steel Inferno
6. Perish In Flames
7. Holy Blood, Holy Grail
8. Warschau
9. Deathmarch
10. Everything Bleeds
11. Blutrache
Gesamtspielzeit: 45:13
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