Auf ein neues BLIND GUARDIAN Album wird schon fast so sehr hingefiebert wie auf ein neues von IRON MAIDEN. Obwohl die Krefelder mit „A Night At The Opera“ die Fangemeinde spalteten gefiel mir das Album ausgesprochen gut, denn ich empfand dieses Werk noch als Resultat einer natürlichen Entwicklung. „A Twist In The Myth“ war mir jedoch zu modern, ohne Hits und mit zu vielen Ausfälle. Da war die Ankündigung, dass der Nachfolger „At The Edge Of Time“ sowohl lyrisch, als auch musikalisch eine Spur „back to the roots“ gehen soll eine gern gehörte Nachricht.
Wie immer hält man ein wunderschönes Artwork, das auch ohne Logo von weitem her erkennen lässt, mit wem man es zu tun hat, in Händen, wenn man das neunte Album einlegen möchte. BLIND GUARDIAN beiweisen wie immer Mut und starten mit einem 10-Minütigen Epos mit dem Namen „Sacred Worlds“. Das Licht geht aus, der Vorhang fällt, einige Lichtkegel huschen durch den Raum und es starten die ersten Streicher und Trommler. …and still the orchestra plays… möchste man meinen. Nach kurzer Zeit setzen BLIND GUARDIAN-typische Riffs ein und die Atmosphäre wird immer dichter. Hier treffen nicht Klassik und Metal aufeinander, nein – sie gehen Hand in Hand und verschmelzen zu einem wahnsinns Sound, der unbedingt so laut wie möglich aufgedreht werden muss. Von so einer symphonischen Dichte, gepaart mit der optimalen Härte, kann eine Band wie NIGHTWISH nicht einmal träumen.
Nach diesesm Monument braucht man aber keine Angst zu haben, dass sich BG verzetteln, denn es gibt ein Wiedersehen mit einem altbekannten Ort – „Tanelorn (Into The Void)“, wie auch „A Voice In The Dark“ graben in der Vergangenheit und es kommen dank starken Twin-Leads, heftigem Drumming und einem kreischenden Hansi Kürsch Erinnerungen an Werke wie „Tales From The Twilight Hall“ und „Imaginations From The Other Side“ hoch. Fronter Hansi traut sich endlich wieder seine Stimme zu erheben, was er auf dem „A Night At The Opera“ nur noch selten und bei „A Twist In The Myth“ gar nicht mehr tat. Stark wie eh und je präsentiert sich der charismatische Fronter und veredelt auch den typischen Folk-Akustik-Lagerfeuer-Track „Curse My Name“, der zwar gelungen ist, doch gab es schon bessere dieser Art.
Auf „At The Edge Of Time“ findet man wirklich die ganze Bandbreite der deutschen Power Metal Legende, denn neben dem Einstiegsepos, den schnellen Songs und dem Folksong, gibt es noch einiges zu entdecken. „War Of The Thrones (Piano)“ ist eine schöne Ballade mit vielen Spielereien, Percussion und positiver Stimmung und einem „Herr Der Ringe“ –würdigem Soundtrack Charme. Natürlich wird auch der Bombast nicht zu kurz eingesetzt und so kann auch „Wheel Of Time“ durch Dichte überzeugen, während „Valkyries“ eine schöne Verschmelzung aus leichtem Pomp und typischen BLIND GUARDIAN Trademarks ist.
Die Herren haben es geschafft mit „At The Edge Of Time“ ein richtig starkes Werk einzuspielen, das sowohl Fans alter Tage, als auch die der neuen Ära zufriedenstellen wird. Ausfall gibt es dieses Mal auch keinen, denn die kompletten 64 Minuten sind auf höchstem Niveau, spannend und 100% BLIND GUARDIAN. Ein heißer Anwärter für das Power Metal Album des Jahres.
Tracklist „At The Edge Of Time“:
1. Sacred Worlds
2. Tanelorn (Into The Void)
3. Road Of No Release
4. Ride Into Obsession
5. Curse My Name
6. Valkyries
7. Control The Divine
8. War Of The Thrones (Piano)
9. A Voice In The Dark
10. Wheel Of Time
Gesamtspielzeit: 63:54