LEPROUS - Bilateral
LEPROUS
Bilateral
(Progressive Metal)

 


Label: InsideOut
Format: (LP)

Release: 22.08.2011


Hätte ich das Album von LEPROUS im Laden gesehen, hätte ich wohl dieses hervorgezogen und über das Artwork geschmunzelt, mich wohl gefragt, welche Art von Musik das sein könnte, und es ohne reinzuhören wieder weggelegt. Auch wenn ich es nicht gewusst hätte, würde ich mich jetzt dafür hassen. Kurz und schmerzlos: „Bilateral“ ist eines der – wenn nicht DAS beste Progressive Metal Album des Jahres.

Was die Norweger auf ihrem dritten regulären Album machen, ist nicht nur schwer zu beschreiben, sondern auch so gut wie gar nicht zu vergleichen. Gut, die Männer nennen PINK FLOYD und PROCUPINE TREE als Einflüsse, aber hier noch die Verbindung noch zu finden, fällt schwer. LEPROUS schaffen es in allen zehn Songs zu überraschen und aus Genregrenzen auszubrechen, sich aber trotzdem selber treu zu bleiben. Zwischen allen Stücken besteht eine Konnektivität und es gibt einen dicken roten Faden, der aber so manch Kurve und Kurskorrektur am Weg zum Ziel nimmt. Eine regelrechte Achterbahn der Musik und Gefühle.

Wenn man etwas in der Biografie von LEPROUS gräbt, dann schaufelt man niemand geringeres als Vegard „IHSAHN“ Tveitan (Ex-EMPORER) aus, denn die komplette Band ist als Live-Musiker für den Norweger tätig – und bekanntlich wäscht eine Hand die andere und der Mann gibt sich auch auf „Bilateral“ gesanglich die Ehre.

Aber nun zur Musik. Der Titeltrack beginnt mit leichtem Bombast, aber dreht schnell in atmosphärisch-düstere Gefilde ab um dann einen extrem spannenden Songaufbau zu präsentieren, wobei Sänger Einar Solberg einen beträchtlichen Beitrag zur Stimmung leistet. PAIN OF SALVATION hätten es in Sachen Dramatik nicht besser machen können. Im Anschluss servieren uns LEPROUS aber schon mit „Forced Entry“ einen derben Brocken. Der 10-Minüter beginnt mit Synthies und eigentümlicher Percussion, doch bald kommen groß angelegte Arrangements, die erst nach ein paar Runden hängen bleiben, dafür aber nicht mehr aus dem Kopf wollen und dennoch immer wieder neue Details preisgeben. Ein perfekter Prog Song funktioniert genau so und nicht anders. Das geniale Finale dieses Songs muss man einfach gehört haben, was da inszeniert wurde ist mehr als filmreif.

Danach darf man auch etwas durchatmen, aber nur kurz, denn „Restless“ überlässt anfangs den Synthies das Ruder und es gibt angenehmen Gesang, doch LEPROUS wissen erneut zu überraschen und geben im Mittelteil richtig Stoff, so möchte man meinen DEVIN TOWNSEND persönlich hätte seine Finger im Spiel. Im folgenden „Thorn“ überließ man zwischendzeitlich Ihsahn dann das Mikrofon und umgibt seine Stimme mit einer morbiden Amtosphäre, die dann nur noch durch psychedelische Jazz-Fusion-Einlagen gesteigert wird.

Verletzlich und zerbrechlich agiert Einar bei der Gänsehaut Ballade „Mb. Indifferentia“, während man bei „Waste Of Air“ den Prog-Hammer rausholt. Der bereits erwähnte Prog-Professor Devin taucht auch hier wieder im Geiste auf. Es folgen geniale Keyboardsounds und verrückte Sprechgesänge. Auch „Mediocricty Wins“ hat einen leicht labilen Einschlag und abgefahrene Vocals (Rap-Passage inklusive) zu bieten, musikalisch stampft der Song vor sich hin. „Cryptogenic Desires“ ist mit Abstand der kürzeste Song des Albums, glänzt aber durch Härte und einer ganz bestimmten Art von Eingängigkeit. Mit „Acquired Taste“ setzt man nochmal auf zerbrechlichen Gesang, eindringliche Keyboardsounds und ruhige Akustik-Gitarren, dennoch ist dieser Song sehr aufrührend. Und zum Schluss gibt es in den acht Minuten „Painful Detour“ nochmal eine Reise durch „Bilateral“, denn LEPROUS laden zu einer letzten Achterbahnfahrt ein.

Schon lange hat mich Musik nicht mehr auf diese Weise angesprochen, berührt und sogar aufgerührt, wie die von LEPROUS. Man kann das Album zwar nebenbei hören, doch wenn man sich „Bilateral“ hingibt, dann nimmt es einen auf eine Reise mit, von der man verstört, aber auch zufrieden nach Hause kehrt, nur um sich auf die nächste Runde zu freuen.


Tracklist „Bilateral“:
1. Bilateral
2. Forced Entry
3. Restless
4. Thorn
5. Mb. Indifferentia
6. Waste Of Air
7. Mediocrity Wins
8. Cryptogenic Desires
9. Acquired Taste
10. Painful Detour
Gesamtspielzeit: 58:05


www.leprous.net

LEPROUS - Bilateral
LEPROUS – Bilateral
LineUp:
Einar Solberg
Tor Oddmund Suhrke
Øystein Landsverk
Tobias Ørnes Andersen
Rein T. Blomquist
10
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