Siren Charms
(Melodic Death Metal | Moden Metal)
Label: Sony Music (Epic)
Format: (LP)
Release: 05.09.2014
And darkest thought of her
Carry me through times
Through oblivion“Through Oblivion
IN FLAMES haben es einmal mehr geschafft, mich sprachlos zu machen, was sie bereits im positiven Sinne („Reroute To Remain“), aber auch im verdammt negativen („A Sense Of Purpose“) vollbrachten – der Unterschied ist dieses Mal, dass ich nicht recht weiß, in welche Richtung es dieses Mal ist. Aber von vorne. „Siren Charms“ ist das zweite Album ohne Antriebskraft Jesper Strömblad, der immer noch mit gesundheitlichen Problemen kämpft, sich aber mit THE RESISTANCE vergnügt. Sein Ersatz Niklas Englin ist auch dieses Mal wieder mit von der Partie, ansonsten blieb im Bandgefüge alles beim Alten, doch das ist auch schon so ziemlich alles, was wir hier noch von den alten IN FLAMES vorhanden ist.
Während „Sounds Of A Playground Fading“ trotz vielen experimentellen Elementen wieder richtig Spaß machte und Hoffnungen auf weitere Knaller von IN FLAMES 2.0, die Evolutionsstufe die sie ja mit „Clayman“ oder spätestens „Reroute To Remain“ erreichten, doch es sollte anders kommen, denn die einstigen Melodic Death Metal Heroen sind bei 3.0 angekommen, überspringen den Modern Metal und definieren sich hier komplett neu. Fans der alten Tage werden schreiend davon laufen, isoliert man diese Platte aber vom Namen IN FLAMES – soweit es eben geht – bekommt man ein mehr als interessantes Hörerlebnis.
Bereits „In Plain View“ kommt mit einem Synthie-Overkill daher, hat aber – vor allem wenn man sich mit „Sounds…“ beschäftigt hat – definitiv bekannte IN FLAMES Trademarks und ein fett groovendes Riff zu bieten. Doch Anders Fridén beginnt mit jammerndem Gesang und ruhige Elemente prägen das Stück, ehe man im Refrain zur Emotions-Explosion kommt. Summa summarum ein verdammt starker und emotionaler Song, so auch das atmosphärische, fast bedrohlich wirkende „Through Oblivion“, welches so oder so ähnlich auch auf „Soundtrack To Your Escape“ hätte Platz finden können, jedoch kommt der Song komplett ohne Screams aus. Anders ist dennoch verdammt variabel und lässt auch nur selten etwas vermissen. Auch die bereits veröffentlichte und etwas zerfahrene Single „Rusted Nail“ belohnt den Geduldigen und fällt erneut in eine ähnliche Kerbe. Der Gesang vor dem Refrain wirkt etwas gewöhnungsbedürftig, dafür gibt es aber auch wieder heftige Vocals.
Im Gegensatz dazu stehen aber Songs wie der Titeltrack, der erneut auf komplett clean gesungene Vocals setzt und auch die Stromgitarren weit in den Hintergrund schiebt. Vielleicht erinnert sich noch jemand an das Projekt PASSENGER vom Fronter und Niclas. Hier sind definitiv Parallelen zu ziehen. Doch wirklich überraschend ist „When The World Explodes“. Gezwungene Screams, als würde Herr Fridén gerade sein Geschäft verrichten treffen auf abgehackte Rhythmik, während ab der Hälfte plötzlich ein ganz anderer Grundtenor einsetzt. Von Frauengesang begleitet driftet man in moderne Gothic-Gefilde ab, die ich noch eher DARK TRANQUILLITY zugetraut hätte. Eigentlich verdammt gelungen, hätte man nicht das Gefühl, dass man es hier mit zwei komplett konträren Teilen zu tun hat, die einfach nicht zusammen passen wollen. Auf Eingängigkeit wird bei „Monster In The Ballroom“, das vom Riffing her noch am ehesten an ältere Tage anknüpft, gesetzt, ehe man mit „Filtered Truth“ noch einen Hit raushaut, der absolut nicht nach IN FLAMES tönt, aber wieder viele Emotionen und ein geniales Wechselspiel in Anders´ Stimme zeigt. Aber auch „Paralyzed“ hat trotz seiner abgehackten Rhythmik seine starken Momente und „Everythings Gone“ entpuppt sich als härtester Song der Platte mit starkem Chorus und gelungener Drum-Arbeit von Daniel.
IN FLAMES haben mit „Siren Charms“ das experimentellste Album ihrer Karriere geschaffen. Zwar gehen nicht alle Ideen auf, doch legt man den Namen IN FLAMES bei Seite, ignoriert einfach mal die Vergangenheit und findet sich damit ab, dass hier die Vocals zu 75% clean vorgetragen werden und Björn sowie Niklas auch gerne mal den Synthies zuliebe die Gitarre die eine oder andere Minute komplett ruhen lassen, so hat man es hier sogar mit einem kleinen Meisterwerk zu tun. Gewöhnt euch am besten an IN FLAMES 3.0, denn ein back to the roots wird es definitiv nicht mehr geben.
Tracklist „Siren Charms“:
1. In Plain View
2. Everything Is Gone
3. Paralyzed
4. Through Oblivion
5. With Eyes Wide Open
6. Sirens Charms
7. When The World Explodes
8. Rusted Nail
9. Dead Eyes
10. Monster In The Ballroom
11. Filtered Truth
Gesamtspielzeit: 45:05
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