DIe HATHORS stammen aus der Schweiz und rocken gut was weg. Dennoch wagten die Jungs nun mit ihrem neuesten Werk „Grief, Roses & Gasoline“ eine Art Neustart. Warum das so ist und was in Zukunft von den Herren noch zu erwarten ist, klärten wir im Gespräch.
Hey Jungs, wie verbringt ihr aktuell die Zeit, jetzt wo man nicht so viel unternehmen kann?
Dominique: Ich verbringe sehr viel Zeit in meinem Studio und arbeite an Mixes und koche komplizierte Menus, die ich noch nie gekocht habe. Andererseits läuft der Musikunterricht als Fernunterricht weiter, d.h. ich arbeite ziemlich normal und habe auch immer etwas zu tun. (Domi ist Schlagzeuglehrer) Was wegfällt ist das aktive Musikmachen mit der Band, was ich schon sehr vermisse!
Marc: Ich konnte infolge der geschlossenen Grenze meine Freundin für sechs Wochen nicht sehen und bis vor vier Tagen wussten wir auch nicht, wann dies wieder möglich ist. Um mich abzulenken, hab ich angefangen Gemüse anzupflanzen. Seit Samstag dürfen sich Paare wiedersehen. Darum geniesse ich aktuell die Zweisamkeit mit meiner besseren Hälfte.
Ihr habt euer Album nun verschoben und eure Tour wird wohl auch nichts. Aktuell sieht es aber nicht so aus als würde Ende Mai viel anders aussehen als Ende April. Was habt ihr euch durch die Verschiebung erhofft bzw. ist der Termin nun fix?
Fix ist leider nix. Wir mussten ca. 20 Shows in Europa absagen und schauen aktuell nach Ersatzterminen im Herbst. Da aber immer noch ungewiss ist, ab wann wieder Shows gespielt werden dürfen, sind wir in einem Schwebezustand und können nur hoffen, dass bald ein Impfstoff oder ein Heilmittel auf den Markt kommt, was dann sehr wahrscheinlich eine Lockerung der aktuell herrschenden Restriktionen zur Folge hätte. In der Schweiz werden Kulturlokale, Theater und Kinos laut Entscheid des Bundesrates die letzten sein, welche den Betrieb wieder aufnehmen dürfen.
Überlegt ihr eventuell auch ein Garagen-Konzert zum Release zu streamen? Mittlerweile sind Facebook-Konzerte ja wirklich gut besucht.
Statt für die Tour zu proben haben wir kürzlich ein Konzert in unserem eigenen Studio aufgenommen, gefilmt und gemischt und werden dies am 30. April auf Youtube und Facebook veröffentlichen. Wir haben uns gegen ein Live Streaming entschieden und wollten es vorproduzieren, weil uns die Soundqualität sehr wichtig ist.
Am 30. April wäre eigentlich unsere Release Show im Salzhaus Winterthur gewesen. Dies ist für uns und für alle die sich darauf gefreut haben ein kleiner Trost.
Mit „Grief, Roses & Gasoline“ wagt ihr einen kompletten Neustart. Wie darf man das verstehen. Ich kannte vorher euer bisheriges Schaffen nicht und werde das erst nachholen müssen...
Das Debüt Album von HATHORS hatte neben dem Rotz sehr viel Pop Appeal und wurde mit einem großen Team produziert. Dies war eine sehr kostspielige Angelegenheit und wir brauchten sechs Jahre, um die angehäuften Schulden zu begleichen. Live kamen die Songs aber wesentlich energiegeladener daher, was viele Fans irritierte, die vorher das Album gehört hatten und zum ersten Mal bei einer Show von uns waren.
Aus diesem Grund wurde das zweite Album «Brainwash» mit einem sehr kleinen Team ziemlich live im eigenen Studio aufgenommen ohne grossen Schnickschnack rundherum. Im Vergleich zum ersten Album hat „Brainwash“ viel mehr Ecken und Kanten, klingt richtig roh und will eigentlich gar nicht gefallen. Sprich das Pop Appeal war dazumal kein Thema. Das hat auch richtig Spass gemacht, weil wir die Grenzen zum Hörbaren ausreizen wollten.
Das dritte Album «Panem Et Circenses» war dann sozusagen eine Hybrid-Version von den ersten zwei Alben und ein weiteres Instrument, das Saxophon kam auf den Aufnahmen dazu. Wir produzierten die Drums und Bass im Brighton Electric Studio mit einem kleinen Team. Gitarren, Saxophon und Gesang wurde von mir im eigenen Studio produziert. Das Album klingt fetter als «Brainwash», kratzt immer noch wie Sau, will aber etwas mehr gefallen als sein Vorgänger. Auf dem Album ist sicherlich auch der Schlagzeuger-Wechsel zu hören.
Bei «Grief, Roses & Gasoline» spielt eine komplett neue Band hinter mir. Die Songs sind, wie bei den vorherigen Alben auch, alle von mir geschrieben worden. Die Songs klingen reifer und wurden von allen in der Band bearbeitet. Dies ist sicher auch dem Know How von Dominique und Simeon zu verdanken. Dominique ist auch ein Produzent und konnte sich neben dem hervorragenden Drumming auch Produktionstechnisch einbringen. Da Simeon in den USA aufgewachsen ist, war er mir als Muttersprachler bei den Texten eine grosse Hilfe.
Dann frag ich noch gleich blöd nach, weil ich schon dabei bin – wer oder was ist HATHORS?
Die Göttin Hathor aus der ägyptischen Mythologie war auch die Totengöttin, Göttin der Liebe, des Friedens, der Schönheit, des Tanzes und der Kunst und Musik. Sie war auch die Herrin der Trunkenheit. Die Hathoren (Englisch: „Hathors“) waren Tänzerinnen, Sängerinnen, Musikerinnen und dieser Begriff bezeichnete später weissagende Frauen und Prophetinnen.
Ihr habt einen recht wüsten Mix, der sich nur grob einordnen lässt. Mir gefällt aber vor allem das Spiel mit den Emotionen, denn ihr schwankt gern zwischen positivem, energischem Rock sowie und düster-melancholischem Grunge. Wie würdet ihr euren Sound in einem Satz beschreiben, wenn ihr müsstet?
Ich denke lärmender Indie Rock auf einer Achterbahn beschreibt es ziemlich gut. Oder einfach Indie Noise Rock. Vor 25 Jahren hätte man dazu Alternative Rock gesagt.
Gibt es bewusste oder unbewusste Einflüsse?
Ich denke am meisten beeinflusst mich meine aktuelle Lebenssituation, wenn ich an Songs arbeite. Die verändert sich von Tag zu Tag und ist eher unbewusst. Frustration und Kummer bringen meist andere Ideen zum Vorschein als Harmonie und Liebe. Da aber für mich verschiedene Gefühlszustände zum Leben gehören, dürfen die Songs von HATHORS auch unterschiedlich klingen. Klar gibt es auch Bands und Künstler aus verschiedensten Stilrichtungen, die mich beeinflussen. Die Auswahl der Bands treffe ich natürlich sehr bewusst.
Was wollt ihr mit dem Albumtitel aussagen und wie passt das Artwork dazu?
„Der Kummer, der nicht spricht, nagt an deinem Herzen bis es bricht“ sagte mal ein bekannter Schriftsteller. Das ist eingentlich auch die Aussage des Titels.
Der Kummer wird immer wieder an der Haustür anklopfen, die Rosen sinnbildlich für die Liebe werden helfen die dunklen Tage zu ertragen und das Benzin (Gasoline) hilft die dunkle Vergangenheit anzuzünden und zu verbrennen.
Worum geht es in euren Texten grob?
Es geht viel um die Liebe wie beispielsweise im Song „Give It Away“ und „It Takes Forever“, um Foodwaste im Song „The Less You Know, The Better It Feels“, um die Volkskrankheit Depression im Song „Loose Ends“ und „Revolver“, um die Leistungsgesellschaft im Song „Where Were You?“ und „Sleepwalker“ oder auch um sozialkritische Themen wie im Song „The Valley“. Das Ganze wird aber nicht schwarzgemalt sondern kommt immer mit einer guten Prise Hoffnung daher. Das war auf älteren Veröffentlichungen teils anders.
Ihr habt ein unterhaltsames Video zu „We Where You“ gemacht. Wie waren die Aufnahmen dazu und warum habt ihr diesen Song gewählt?
>Wir haben uns überlegt, welcher Song eine eingängige Melodie hat und haben uns dann für diesen Song entschieden. Die Meinung vom Label und von unseren Musiker-Buddies hatte sicher auch einen Einfluss drauf. Ich finde es schwierig zu beurteilen, welcher Song am besten als Single passt.
Da wir mit Steve Gullick schon mehrmals zusammengearbeitet haben und vom Resultat immer begeistert waren, war es wie klar, dass er auch dieses Mal dabei sein wird. Für das Video hatten wir den ganzen Proberaum in Alufolie eingekleidet und ein Künstlerkollektiv eingeladen, mit welchen wir eine dadaistische Performance in Leoparden Ganzkörperanzügen ausheckten. Der Dreh machte riesig Spaß und artete auch richtig aus. Wir haben selten so viel gelacht bei einem Videodreh.
Sind weiter Videos geplant?
Steve war von der Location so begeistert, dass er noch ein zweites Video drehen wollten. Das zweite Video wurde zum Song „Give It Away“ gedreht und kommt kurz vor dem Album Release Ende Mai raus. Aktuell arbeiten wir an einer weiteren Idee für den Song „Sleepwalker“. Vielleicht veröffentlichen wir bald ein animiertes Video. Da hätten wir richtig Bock drauf.
Nochmal zu der Tour…. gibt es schon Alternativ-Pläne für Ende des Jahres oder 2021? Die Songs sind ja wie für die Bühne geschaffen.
Ja, wenn alles gut läuft, holen wir die Tour im Oktober nach. Jetzt heißt es Daumen drücken!
Wie seit ihr zum Mixer vom WU-TANG CLAN aus Seattle gekommen und woher wusstet ihr, dass der Mann euren Sound so hinzimmern kann wie er gehört?
John Goodmanson hat unter tausenden Rock Bands auch einmal mit WU TANG CLAN zusammengearbeitet. Er ist aber eher bekannt dafür, dass er Alben von Bands wie BIKINI KILL, CLOUD NOTHINGS, PAVEMENT, SOUNDGARDEN, SEPULTURA oder NADA SURF gemischt oder produziert hat. Daher war für uns klar, dass er den Bunten Mix an Songs auf „Grief, Roses and Gasoline“ sicherlich gut hinzimmern kann. Wir sind nach wie vor immer noch begeistert von seinen Mixes und überaus glücklich, dass wir uns für eine Zusammenarbeit mit ihm entschieden haben.
Ich danke euch für die Zeit, gibt es noch etwas zu sagen?
Ja, dass wir dir danke für das tolle Interview! Passt auf euch auf und bleibt gesund. Wir wollen euch alle bald wieder rocken sehen!