Was für ein Jahr für (Melodic) Power Metal Fans! Nicht nur, dass HELLOWEEN endlich ihr Reunion-Album auf den Markt werfen, „Legend Of Valley Doom“ zu einem Abschluss kommt und sich das AVANTASIA-Album eventuell auch noch ausgeht, es gibt auch zahlreiche grandiose Newcomer zu entdecken. Neben TIMELESS HAUNT, ORION´S REIGN, SILENT WINTER oder THORIUM, gesellen sich nun auch die Italiener STRANGER VISION mit ihrem Debüt „Poetica“ in diese Reihe und räumen das Feld mal einfach so von hinten auf.
Egal ob Artwork, Sound, Songwriting oder das Gespür für Melodien und Songs, hier ist man einmal mehr verblüfft, dass es sich hier um komplette Newcomer handelt. Mit „Gates Of Tomorrow“ wird sofort klar gemacht, dass man es hier mit talentierten Vollprofis zu tun hat. Ein eingängiger Melodic Metal Track, der zum Mitsingen einlädt, sich schnell ins Ohr bohrt, starke Riffs, wunderbare Melodien und einen talentierten Sänger präsentiert. So stellt man sich in direkte Konkurrenz mit den Veteranen von FIREWIND. Die Italiener teilen mit den Griechen auch die große Abwechslung und das filigrane und detailreiche Gitarrenspiel. „Human Change“ geht da in Sachen Gitarrenarbeit auch gleich recht intensiv mit Fingertapping begleitet von heavy Doublebass los. Das Highlight ist aber immer wieder Frontmann Ivan Adami, der auf den ersten Blick eigentlich nun keine extrem herausstechende Stimme hat, diese aber auf jeden Fall perfekt im Griff und immer wieder mit genialen Vocallines punktet. So präsentiert er hier einen perfekten Sing-a-long Refrain, aber auch Emotion, Gefühl und Kraft. Apropos Gefühl; das hymnische „Human Change“ beginnt mit wunderschönem Klavier und angenehmem Sprechgesang, ehe man in die Vollen geht und dezent an einen Mix aus Zak Stevens und BRAINSTORM erinnert.
Als hätten STRANGER VISION selbst nicht schon genug Asse im Ärmel, lädt man sich neben dem bereits erwähnten SAVATAGE und CIRCLE II CIRLCE Sänger, der auf der wirklich etwas an US-Metal erinnernden Hymne „Before The Law“, noch weitere Gastsänger ein. So darf Landskollege Alessandro Conti (TRICK OR TREAT) beim modernen und leicht bombastischen Melodic Rocker „Rage“ glänzen, während Fabio D. Dessi (ARTHEMIS, HOLLOW HAZE) das thrashig stampfende und somit etwas an METALLICA gemahnende „Hero Of The New World“ sein Bestes gibt. Zu guter Letzt gibt sich noch Alessia Scolletti (TEMPERANCE) im Duett mit Ivan bei der wunderschönen Powerballade „Memories Of You“ die Ehre. Aber dem nicht genug, denn was ist heute schon ein Melodic Metal Album ohne ein IRON MAIDEN Tribut, und das gibt es mit dem wunderschönen Intermezzo „The Dying Light“, das stark an jüngere Glanztaten der Jungfrau erinnert. Auch wenn hier eigentlich jeder einzelnte dieser gelungenen Tracks Erwähnung finden sollte, will ich den Rahmen nicht sprengen, empfehle aber noch den Hitkandidaten „Soul Redemption“, den es nicht zufällig noch ein zweites Mal als starke „Deep Version“ gibt, sowie das unverschämt eingängige „Never Give Up“ und die intensive Stadion-Hymne „Wish“.
STRANGER VISION liefern die ganze Bandbreite des Melodic/Power Metal mit zahlreichen Details, Überraschungen und einigen unüberhörbaren Einflüssen, schaffen es aber mühelos, dass ihr Debüt „Poetica“ wie aus einem Guss und auch eigenständig tönt. Da können sich die Genreplatzhirsche in Zukunft aber wirklich warm anziehen, denn was die Italiener hier abliefern ist allerhöchstes Niveau und erzeugt Suchtgefahr.
PS: Checkt auch auf Youtube und Spotify deren Cover-Singles „Mad World“ (GARY JULES), „Space Oddity“ (DAVID BOWIE), „Bright Eyes“ (BLIND GUARDIAN), und „Moonshield“ (IN FLAMES) an – es lohnt sich!
Tracklist „Poetica“:
1. Awakening Prelude
2. Gates Of Tomorrow
3. Human Change
4. Soul Redemption
5. Never Give Up
6. Memories Of You
7. The Dying Light
8. Rage
9. Over And Over
10. Before The Law
11. Wish
12. Defying Gravity
13. Hero Of The World
14. Invictus
15. Soul Redemption (Deep Version)
Gesamtspielzeit: 61:42