Der Typ auf seinem Totenschädelthron

Mit WHEN AT NIGHT haben wir es mit ambitionierten und mutigen Newcomern zu tun, die sich zwar dem Old-School Death Metal verschrieben haben, Grenzen zu anderen Genres aber verschwimmen lassen. Wir sprachen mit Gründer und Gitarrist Simon Abele über ihr Debüt und zukünftige Pläne.


…ie Durchschlagskraft von Death Metal, Black Metal und Thrash Metal mit dieser den Hörer umarmenden EleganzBandmitglied


Hey Jungs, Gratulation zu eurem starken Debüt! Wie fühlt ihr euch nun kurz vor Release eures ersten Albums?

Simon: Servus Max, zunächst mal vielen herzlichen Dank für das Interview und die netten Worte! Wir sind natürlich schon gespannt und hoffen, dass die Platte bei ein paar Leuten Anklang findet. Wenn Du als neue Band eine Erstveröffentlichung raus haust, ist das natürlich immer auch ein Stück weit Standortbestimmung und umso cooler ist dann das Gefühl, wenn unser Zeugs manchen Hörern gefällt!

Wie ist das Feedback bisher? Habt ihr schon erste Reviews usw. erhalten?

Simon: Stand jetzt ist es ja noch rund einen Monat hin bis zur VÖ, so dass wir noch kein offizielles Review bekommen haben. Zwei Songs haben wir allerdings bereits digital veröffentlicht und da waren einzelne Rückmeldungen bisher durchaus positiv.

Kannst du uns kurz erzählen, wie WHEN AT NIGHT zusammengefunden hat?

Simon: Ich fang mal gaanz vorne an (kurz wird es dann aber nicht!) – und ehrlich gesagt bin ich mir auch gar nicht sicher, ob die anderen in der Band die Geschichte von Anfang an kennen.  Die Idee für WAN ging eigentlich auf einen Besuch beim Summer Breeze Festival zurück, das ja bei uns quasi um die Ecke stattfindet und das ich persönlich von der ganzen Atmosphäre und Orga her für eines der angenehmsten und trotz der Größe gemütlichsten Festivals überhaupt halte. Als wir da gemütlich mit nem Bierchen in der Hand Bands geguckt haben, kam mir der Gedanke: warum hab ich eigentlich keine Band mehr? Das war dann so quasi die Initialzündung und in der Folge hab ich dann die drei Songs vom Demo grob ausgearbeitet. Als die dann im Kasten waren, hab ich das n paar Leuten gezeigt, von denen ich dachte, dass sie vielleicht Lust hätten, mitzuwerkeln. Bei Benny war schnell klar, dass er die zweite Klampfe übernimmt, erstens ist er mein Schwager und zweitens ein viel „ganzheitlicherer“ Musiker als ich – er ist auch Drummer und hat dadurch ein viel ausgeprägteres Rythmusverständnis als ich, er erdet mich mit meinem Gefuddel da auch manchmal, was ne coole Balance bringt. Als Nächstes mit an Bord war dann der Lukas, das ist ne ganz witzige Geschichte – ich bin im „echten“ Leben ja Lehrer und nach dem Unterricht haben mich mal Schüler gefragt, was ich so für Hobbys hab. Als ich dann sagte, dass ich Metal mache und grad nen Drummer suche, meinte einer meiner damaligen Schüler, dass er nen ziemlich guten Metaldrummer kenne. Er stellte dann den Kontakt her und nach einer ersten Probe zu dritt war die Sache geritzt. Lustigerweise ist mein ehemaliger Schüler inzwischen unser Haus-und-Hof Fotograf. Die Sängersuche gestaltete sich etwas schwieriger – bis wir Paddy an Bord hatten, haben wir noch zwei, drei andere Kandidaten ausgetestet, was leider aus verschiedenen Gründen nicht funktioniert hat. Paddy wurde uns dann von Axel von unseren Kumpels LAMAGRA empfohlen, und auch hier war nach zwei gemeinsamen Proben klar, dass das passt. Auf Maxim kamen wir schließlich über ne Kontaktanzeige, die Lukas auf der Facebookgruppe Spotted geschaltet hat. Ich kenn mich da nicht so aus, aber ich glaube, das ist in erster Linie ne Kontaktbörse… Hat bei uns aber für die Bassersuche fabelhaft funktioniert.

WHEN AT NIGHT - Simon Abele

Wie seid ihr auf euren Bandnamen gekommen – gibt es dazu eine interessante Story?

Simon: Das ist ehrlich gesagt ne sehr gute Frage. Ich könnte jetzt was Tiefgründiges erzählen von wegen WAN symbolisiere unsere Verzweiflung über die dunkle Nacht der gesellschaftlichen Missstände, die wir mit unseren Lyrics offenlegen möchten (was ja irgendwo auch passt), aber ehrlich gesagt, kann ich mich nicht mehr erinnern. Was wir aber cool finden, ist dass das drei recht alltägliche Worte sind, die aber in dieser Kombination nicht ganz so üblich sind. Erst viel später hat mich jemand drauf hingewiesen, dass es da auch ein englischsprachiges Kinderlied mit diesem Namen gibt, hahaha…

Euer Album erscheint als Eigenveröffentlichung. War das eine bewusste Entscheidung oder seit ihr noch auf der Suche nach einem Label?

Simon: Wir haben das Album im Vorfeld schon an ein paar Labels geschickt, aber ich glaube, es wäre vermessen zu denken, dass man als völlig unbekannte Band wie wir es sind bei möglichen Labels offene Türen einrennt. Jetzt bringen wir das Teil selber raus und bisher läuft das auch ganz gut an.

Kommen wir zur Musik. Was war die Grundidee von „Weltanschauung“ – gab es da eine Art Masterplan oder ist das Ganze eher im Prozess entstanden?

Simon: Wir nennen das für uns immer „räudige Eleganz“: Unser Ansatz ist so ein wenig, die Durchschlagskraft von Death Metal, Black Metal und Thrash Metal mit dieser den Hörer umarmenden Eleganz von Melodien zu verbinden und das Ganze aus der hemdsärmeligen, down-to-earth Attitude des Hardcore heraus.

Gleich der erste Song „Philistine“ hat mich vom Riffing und Groove her etwas an ILLDISPOSED erinnert. Aber nicht nur das, ihr überschreitet ebenso wie die Dänen Grenzen und traut euch Dinge, die man im Genre selten hört. Wie kommt dieser Mut?

Simon: Ist ja geil, dass Du ILLDISPOSED da raus hörst – vielleicht kommt der Mut tatsächlich aus dem, was ich eben erwähnte. Durch den wilden Stilmix, den wir mit einer gewissen Lockerheit und sehr undogmatisch betreiben wirkt das vielleicht tatsächlich ein bisschen Genre sprengend (wobei das ein großes Wort ist). Den Begriff Melodeath haben wir gewählt, weil das halt zumindest grob zusammen fasst, was wir fabrizieren.

Können wir dann abgesehen vom Death, Black und Hardcore weitere Genreeinflüsse in Zukunft in eurem Sound finden?

Simon: Das ist ne gute Frage. Das nächste WAN Album ist im Grunde zumindest von der Musik her fertig aufgenommen und wenn man mich fragen würde, würde ich sagen da gibt’s von allem mehr. Vielleicht ein wenig feiner ausgearbeitet, ein wenig fokussierter.

Was hört ihr selbst aktuell gerne und beeinflusst eure Musik eventuell auch?

Simon: Ich hör im Moment recht gern die leider verblichenen EVOCATION, die neue Single von EUCHARIST und im Auto läuft bei mir grade der DEATH CERTIFICATE MMXIII Sampler.

Wieso habt ihr euch für einen deutschen Titel für das Album, Intro und Outro entschieden, benutzt aber keine deutschen Texte am Album?

Simon: Zum Einen ist „Weltanschauung“ ähnlich wie „Zeitgeist“,„Sauerkraut“ oder „Lederhosen“ ein Wort, das auch im Englischen als deutsches Lehnwort bekannt ist. Zum Zweiten wollten wir damit unterstreichen, dass wir ne deutsche Band sind. Und zum Dritten gab es für das, was wir in den Lyrics als Gesamtkonzept rüberbringen möchten, kein passenderes original englisches Wort. Dem Intro auch noch nen deutschen Titel zu geben, war die Idee von Maxim – so dass am Anfang und am Ende der Scheibe quasi die beiden deutschen Tracks als Klammer zu verstehen sind, die das zusammen halten. Zumindest interpretieren wir das so. Das heißt aber nicht, dass wir vielleicht bei ner künftigen VÖ nicht auch mal deutsche Lyrics verbraten.

Was könnt ihr mir zu den Texten erzählen? Was inspiriert euch dahingehend?

Simon: Die Texte sind unsere Kritik an verschiedenen Missständen der heutigen Gesellschaft. Das beginnt mit der Art und Weise, wie wir mit unserer Umwelt und unserer Natur umgehen, über die Tatsache, dass wir über (digitale) Mechanismen wie Algorithmen unserer Individualität beraubt werden und alle nur noch inhaltlichen und materiellen Blödsinn konsumieren, den wir nicht brauchen, bis hin zu Machtmissbrauch, Korruption, Lohndumping, und Kriegstreiberei. Der Albumtitel speist sich auch ein wenig aus dieser lyrischen Perspektive: wie sehen wir die Welt 2021 und was stört uns dabei?

Wo seht ihr die Unterschiede zu eurer 2019er Demo und was konntet ihr von der damals ersten Aufnahme lernen und dadurch vielleicht ins Album mitnehmen?

Simon: Man lernt ja immer dazu und so war es dieses Mal auch. Ein Unterschied ist sicherlich, dass wir diesmal insgesamt mehr Augenmerk auf die Gesamtpräsentation, die Produktion und das Design gelegt haben. Das Demo war in der Hinsicht noch ein wenig mehr DIY als das Album. Aus musikalischer Perspektive haben wir ein bisschen mehr Wert auf Feinheiten und Tiefgang gelegt, um die Charakteristika von WAN etwas mehr herauszuarbeiten.

WHEN AT NIGHT - Simon Abele

Was wollt ihr mit dem Album und Artwork eigentlich ausdrücken?

Simon: Zum grundlegenden Thema des Albums hab ich Dir ja schon oben Einiges erzählt, und das Artwork hat im Anschluss daran vom Konzept her in unseren bandinternen Gesprächen über die Themen des Albums und des Albumtitels Gestalt angenommen. In unserer heutigen Zeit balgen sich verschiedene Interessensgruppen um die Brotkrumen, die ihnen die Mächtigen hinschmeißen. Jeder will seinen Teil abhaben, viele sind nur noch von ihrem Ego getrieben, opfern ohne Skrupel ihren Nächsten und bekriegen sich gegenseitig, anstatt mal einfach miteinander zu reden und für Ausgleich zu sorgen. Und der Einzige, der dabei letztlich gewinnt, ist der Typ auf seinem Totenschädelthron, der für Chaos, Zerstörung, Tod, Ausbeutung und Gewalt steht. Mit diesem groben Konzept haben wir dann bei Juanjo angeklopft, der das dann in Form gegossen hat. Als er uns dann das fertige Cover geschickt hat, waren wir kollektiv aus dem Häuschen.  Der Kerl ist einfach unfassbar talentiert und hat völlig zurecht den Status inne, den er sich erarbeitet hat.

Wie sieht es mit Live-Plänen aus?

Simon: Ja, das ist momentan vermutlich das wichtigste (und unsicherste Thema) für alle Bands. Hier bei uns hat es reihenweise Veranstalter teilweise hart getroffen und man kann nicht oft genug betonen, dass die Leute, die Livekonzerte lieben, wenn sie es finanziell  können, irgendwie versuchen sollten, ihre lokalen Veranstalter und Venues über Spenden und Ähnliches zu unterstützen. Da sind in einigen Fällen wirklich Existenzen bedroht. Zu uns: Wir haben ja vor Corona schon einige Konzis gespielt und hatten sogar die Ehre, bei unseren Freunden von den DAMNED SOULS in Magdeburg im letzten Jahr ein Konzert unter Coronabedingungen spielen zu können. Glücklicherweise waren damals in Sachsen-Anhalt die Zahlen erfreulich niedrig, so dass das geklappt hat. Bezüglich künftiger Shows kann ich sagen, dass eine größere Show bereits steht, die wir demnächst öffentlich machen, und ansonsten sind wir fleißig am Machen und Tun um weitere Konzis an Land zu ziehen (natürlich aufgrund der Pandemie immer unter Vorbehalt). Wir haben vor Corona ja auch unsere eigene kleine Veranstaltungsreihe gestartet (DEAD REALM PART I) und hoffen, dass wir die jetzt auch langsam wieder hochfahren können.

Danke für eure Zeit, die letzten Worte gehören natürlich euch!

Vielen herzlichen Dank an Dich, Max, und das ganze Earshot.at Team für das coole Interview und danke an eure Leser für die Aufmerksamkeit! Und für uns alle gilt: Support your local scene!!! Kultur ist einer der wichtigsten Stützpfeiler einer Gesellschaft.

 

 


www.facebook.com/WhenAtNightCollective

 

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