Die Power Metaller von CUSTARD sind schon lange viel mehr als ein Geheimtipp. Zwar nehmen sich die Deutschen gerne Zeit für ein neues Album, doch das Warten hat sich auch dieses Mal wieder gelohnt. Wir sprachen mit der Band über das neue Werk „Imperium Rapax“!
Hey Jungs, wie geht es euch aktuell so kurz nach dem Release von „Imperium Rapax“?
Hi Max. Naja, wir haben ein neues Baby auf die Welt losgelassen und wir haben über Monate intensiv daran gearbeitet. Wir sind natürlich stolz auf das erreichte Ergebnis und wir erfreuen uns aktuell an vielen guten, bis sehr guten, Reviews. Es ist nicht so, dass wir von Selbstzweifeln zerfressen würden, aber beim eigenen Baby hat man ja naturgemäß gern mal die rosarote Brille auf und ist wenig objektiv. Gut zu sehen, dass kompetente Leute das Resultat ähnlich sehen wie wir.
Warum müssen wir immer doch recht lang (drei bis fünf Jahre) auf ein neues Werk warten? Dieses Mal sind ja auch mehr als vier Jahre seit „A Realm Of Tales“ vergangen.
Wir sind einfach echt faul, sorry dafür -haha. Im Ernst: wir machen die Musik ja nicht hauptberuflich und investieren dafür unsere Freizeit. Nun haben wir alle Familien, Haus & Hof, teils fordernde Day-Jobs. Da ist es manchmal echt schwierig die nötige Zeit aufzubringen. Die ganze Zusammenarbeit wäre inzwischen nahezu unmöglich, wenn wir ganz rustikal ständig im Proberaum stecken müssten um das ganze Zeug zu schreiben und zu arrangieren. Dank brauchbarer & erschwinglicher Aufnahmetechnik zu Hause und dem Internet ist das zum Glück deutlich einfacher geworden in den letzten 10 Jahren.
Nicht falsch verstehen: wir treffen uns gern im Proberaum und genießen es zusammen Musik zu machen.
Ein kurzer Rückblick: Wie seht ihr nun auf „A Realm Of Tales“ zurück?
Ist aus unserer Perspektive immer noch ein außergewöhnliches Konzept und gut umgesetzt. Natürlich haben wir uns in der Zwischenzeit weiterentwickelt und würden heute das Eine oder Andere geringfügig anders umsetzen, aber in Summe stehen wir nach wie vor hinter der Scheibe.
Wie seid ihr auf das Konzept über das römische Reich gekommen bzw. war nach dem letzten Album klar, dass es wieder ein Konzeptalbum sein soll und brainstormt ihr zu den Themen?
Mit den Konzept-Geschichten haben wir ja schon mit dem „Infested by Anger“ Album angefangen; nicht ganz so ersichtlich und nicht so eng abgegrenzt, aber dennoch gab es den berühmten „Roten Faden“. Das fanden wir echt prima und durch das Märchen-Konzept bei „A Realm Of Tales“ haben wir das dann verfeinert. Das war natürlich eine interessante Herausforderung, weil bei dem Märchen-Thema die Grenze zur Peinlichkeit immer in Sichtweite ist. Harte Kerle und Märchen… ja sicher. Hat aber hervorragend funktioniert. Die Thematik „Römisches Reich“ hat uns Olli nähergebracht. Er recherchiert gerne und gut und hatte dann schon grobe Ideen dazu. Es gibt hier ja nun hunderte von Stories die es wert wären besungen zu werden.
Wie schwer oder leicht ist es euch gefallen auch musikalisch euch auf das Thema anzupassen?
Nicht sonderlich. Ich meine unser Stil passt ja nun zum Thema und wir mussten nicht wirklich viel ändern. Die größte Herausforderung war, dass wir hier mit relativ viel Bombast zu Werke gehen mussten. Fanfaren, Hörner, Legionen… also „groß“. Bisher sind wir immer mit relativ wenig Orchester-Zeug ausgekommen und die Backing Vocals waren zwar vorhanden, aber eben nicht überpräsent. Nun ist es natürlich eher sub-optimal, wenn man versucht mit fünf Nasen eine Gang aus Legionären zu erzeugen. Das wird jetzt zumindest noch mal interessant, wenn wir die Songs live umsetzen wollen.
„Blood And Sand“ ist ja offensichtlich von der Serie über Spartacus inspiriert oder täusche ich da? Basieren auch andere Songs auf Filmen, Serien oder eventuell Büchern oder seid ihr da vorrangig die geschichtliche Schiene gefahren?
Dir ist natürlich nicht entgangen, dass das ganze Album chronologisch korrekt abgebildet ist ? Natürlich! Wir sind also schon hart am geschichtlichen Vorbild, aber dennoch lassen wir gelegentlich mal etwas Platz für… naja… nicht ganz so konkret belegten Ereignissen.
Sicherlich hat, speziell Olli, ungefähr jede Quelle genutzt- natürlich auch Filme/Serien wo dann doch mal etwas zu viel „Hollywood“ aufgefahren wird. Wir versuchen aber durch die Sprecher-Parts die Ernsthaftigkeit nicht ganz über Bord zu werfen. Uns ist klar, dass das „Gequatsche“ nicht jedermanns Sache ist, aber wir finden es schon wichtig die Infos rüberzubringen.
Es gab ja in der Vergangenheit schon so manch LineUp Wechsel. Aktuell seid ihr ja schon seit 2009 stabil. Wie ist die Chemie in der Band?
Das Thema habe ich ja vorhin schon angerissen: wir haben eine Zeitlang echt viel gemacht. Viel geprobt, viel geschrieben, viel Live gespielt. Das ist alles ganz cool, aber für jeden Einzelnen bleibt dadurch was Anderes privat auf der Strecke. Das Tempo kann und will einfach nicht jeder mitgehen- das ist nicht verwerflich. Wenn du 3 Wochen von deinem Jahresurlaub im Tourbus verbringst, dann fehlen halt die 3 Wochen mit der Familie. Sowas geht mal im Ausnahmefall, aber nicht oft. Da muss man schon mal die Reißleine ziehen und sich trennen. Aktuell ist die Chemie im Grunde gut; leider hat und die Pandemie ziemlich viele der geplanten Aktivitäten kaputt gemacht. Live haben wir aktuell gar nichts auf dem Zettel und wir fangen auch erst wieder mit den Planungen an, wenn eine reelle Chance besteht das Geplante auch umzusetzen. Dementsprechend lassen wir es grade langsam laufen; ist auch mal schön.
Mit Marta Gabriel hab ihr euch eine Stimmstarke Sängerin für „The Goddess Of Magic And Death“ geholt. Wie ist die Zusammenarbeit entstanden?
Ich kenne ihren Mann, Bart, schon recht lange. Wir haben schon einige Zeit darüber nachgedacht, wer für uns die Cleopatra singen kann. Der Song war quasi schon als Duett geschrieben. Wir haben einige Varianten ausprobiert aber waren irgendwie unzufrieden. Nach einer Recording-Session habe ich dann mit Olli noch mit einem Bier im Studio gesessen und wir haben einfach im Hintergrund YouTube laufen lassen. Irgendwann kam dann ein CRYSTAL VIPER Song und wir haben große Augen gemacht und „Cleopatra!!!“ gerufen. Eben über Bart angefragt und völlig unkompliziert und kurzfristig hatten wir eine astreine Cleopatra. Dafür sind wir sehr dankbar, tolle Leute, tolle Sängerin.
Die Presseaussendung spricht davon, dass Fans von BLIND GUARDIAN, RAGE, GRAVE DIGGER oder auch IRON MAIDEN hier zugreifen sollten. Stimmt ihr dem selbst auch zu oder habt ihr eigentlich ganz andere Einflüsse, denn ich finde die Vergleiche passen mir nicht so ganz zu eurem Sound.
Tja, womit willst du unser Zeug vergleichen ? Wir sind sicher kein Abziehbild der genannten Bands, aber wir fliegen da schon in der Schnittmenge rum, denke ich. Wir eifern jetzt nicht wirklich einer Band nach und wir haben alle recht unterschiedliche Heroes.
Der Basser, Markus, ist in Richtung Thrash unterwegs, Oscar ist eher bei DREAM THEATER, ich eher HELLOWEEN oder „Happy Metal“. Stefan ist sehr weit aufgestellt und kann auch ganz obskurem Grindcore irgendwas abgewinnen- und Olli liebt AMON AMARTH und MANOWAR abgöttisch. Da sich vieles davon schon gegenseitig ausschließt, agieren wir unter dem Band-Gedanken und müssen für alles einen gemeinsamen Nenner finden.
Wir haben ja alle irgendwann bei CUSTARD angefangen, weil wir die Art von Musik gut finden. Da wäre es nicht wirklich sinnvoll, wenn nun jeder mit der Brechstange versucht, die Songs in seine bevorzugte Richtung zu verändern. Ich glaube, wir haben einen echt guten Weg gefunden und den Spagat zwischen Weiterentwicklung und Veränderung der Identität hinzubekommen.
Ich glaube, was Live-Pläne betrifft brauche ich euch aktuell nicht wirklich fragen!?
Das nervt uns natürlich phänomenal zur Zeit, aber mir tun aktuell eher die Profi-Kollegen leid. Wenn wir von der Musik leben müssten, dann hätten wir aktuell ein großes Problem. Für uns geht es zum Glück nicht um die Existenz.
Ihr seid da sicher schon oft gefragt worden, aber wie kommt man als Power Metal Band auf die Idee sich Custard also nach einer cremigen Süßspeise aus Eiern zu nennen?
Das sind wir natürlich wirklich schon sehr oft gefragt worden. Zu Anfang haben wir uns einen Spaß daraus gemacht und einfach Zitate aus irgendwelchen wirklich unterirdischen Underground-Zines ins Bandinfo gedruckt. „Der irreführende Name steht im krassen Gegensatz zur dargebotenen Musik und unterstreicht auf ironische Art und Weise die martialischen – ja, teils sogar sozialkritischen Lyrics.“ Das ist natürlich kompletter Unfug. Wir haben einfach sehr viel Bier getrunken damals (gegründet unter dem treffenden Namen A.M.F. – Alcoholic Metal Front). CUSTARD klingt gut, Bedeutung ist zweitrangig, fertig.
Ich danke für eure Zeit und freue mich euch hoffentlich bald mal live erleben zu dürfen. Möchtet ihr noch etwas loswerden?
Wir freuen uns auch drauf, wieder auf die Bühne zu können/dürfen. Wir danken für das Interesse und das Interview.
Abschließend möchte ich noch mal für die Profi-Kollegen sprechen. Durch den Streaming-Trend brechen die Tonträgerverkäufe immer weiter ein. Mit Streaming verdient der Künstler kein nennenswertes Geld mehr, das wissen wir alle. Was ihm bleibt sind Konzerte und Merchandise. Beides findet im Moment beinahe nicht statt. Wenn dieses Tal der Tränen irgendwann durchschritten ist, dann sind viele Profi-Bands entweder nicht mehr existent, oder über beide Ohren verschuldet.
Wenn ihr könnt: Geht bitte auf viele Konzerte, habt Verständnis, dass grade im „Nicht-Mega-Seller-Bereich“ die Karten etwas teurer werden und nehmt gern auch etwas mehr vom Merchandise-Stand mit. Seht das etwas überteuerte Shirt, oder Tourplakat, eher als Kulturspende und hängt es euch zur Not in die Garage.