Misery Made Me
(Hardcore | Postcore)
Label: UNFD
Format: (LP)
Release: 06.05.2022
Mit „A Beautiful Place To Drown” zeigten sich die kanadischen Post-Metaller kreativ, mutig und abwechslungsreich wie schon lange nicht mehr. Nicht jedem Hardcore Fan gefiel der Ausflug und die Moderne. Dennoch setzen Frontmann Shane Told und seine Jungs mit „Misery Made Me“ dort wieder an, gehen dabei aber auch einen Schritt zurück und verbinden ihre alten Hardcore-Tage mit den modernen Post-Metal Elementen und das auf verdammt hohem Niveau.
Aber nicht nur deswegen ist das neue Album verdammt eindringlich und tiefgründig. So stellt Shane das Wort „Misery“ deutlich in den Vordergrund und ruft über diese eine große Bandbreite an Emotionen hervor. Es geht grundsätzlich darum, als Band, aber auch als Mensch und Gesellschaft immer schlimmer werdende Herausforderungen zu meistern. Da sind Ängste, Entfremdung, Isolation und Doomscrolling in der heutigen Zeit nur ein paar der Themen, die hier eindrucksvoll beleuchtet werden.
Just wait, you’re gonna see something
Without me
You’re nothing
You’re gonna die all aloneDie Aline
Dennoch starten SILVERSTEIN in ihrem 22. Jahr und auf ihrem zehnten Album musikalisch überaus positiv rein. „Our Song“ ist die neue Bandhymne, die gewaltig abgeht und live wohl nie wieder aus dem Set raus darf. Hier kann abgegangen, mitgefeiert und auch mitgesungen werden. Groovende, rockende Riffs treffen auf verschiedenste Stimmschattierungen von Shane. Dazu gesellt sich eine unglaubliche Dynamik und richtig viel Punk und Hardcore. Moderne Elemente, die man vom Vorgänger noch kannte, sind hier kaum zu hören und die Nähe zu den Freunden von BEARTOOTH absolut spürbar. Dennoch gibt es einen wirklich düsteren, aggressiven Mittelteil, bei dem man seine ganze Wut rausbrüllt. „Die Alone“ bei dem Andrew Neufeld (COMEBACK KID) mitbrüllt, geht dann doch mehr in Richtung Post-HC und tönt sofort eindringlicher und nachdenklicher, ehe man mit traditionellen HC-Punk Rhythmen gut nach vorne schiebt und wieder anklagend die Wut rauslässt, wohingegen der Refrain eingängig und versöhnlich daherkommt.
Wer jetzt glaubt SILVERSTEIN liefern ein Old-School Album, der wird mit dem poppigen Hit „Ultraviolet“ gleich auf den Boden zurückgeholt. Vorrangig clean gesungen und mit zahlreichen Effekten versehen, drängt sich der Track locker flockig in die Ohren, obwohl es um das schwermütige Thema der Depression, Verzweiflung und Ängste geht. Abwechslungsreich geht es weiter, denn „Cold Blood“ erinnert an frühe BLINDSIDE und kommt dabei recht hymnisch daher, „It’s Over“ liefert wieder Kontraste mit düsterem Text, aber doch hoffnungsvoller Musik und die Vorabsingle „Bankrupt“ wagt sich mit Synthies und abgefahrenen Riffs weit in experimentelle Sphären, vergisst dabei aber die Wurzeln der Band nicht.
I’m running out of breath
My heart is beating faster and faster
It’s happening again
The walls are closing in
I’m trying to hold on, but it feels like the endIt's Over
Außerdem sei noch das mutige „The Altar (Mary)“, das zwischen Old-School und Moderne hin und her hüpft und dabei verdammt viel wagt, aber voll aufgeht und so einige Überraschung zu bieten hat, erwähnt. Aber auch die Live-Hymne „Slow Motion“, das verspielt „Live Like This“ und das Album ruhig ausklingen lassende „Misery“ sollten nicht ausgelassen werden.
SILVERSTEIN mögen auch dieses Mal die Old-School Fans verschrecken, liefern aber ein visionäres, mutiges und überaus starkes Album, das den Hardcore und Modern Metal wunderbar zu einem intensiven Ganzen zusammenschweißt. Fans des Vorgängers müssen auf jeden Fall zugreifen, aber auch frühere Fans könnten hier fündig werden. „Misery Made Me“ ist ein echtes Highlight in der langen Diskographie der kanadischen Modern-HC Vorreiter.
Tracklist „Misery Made Me“:
1. Our Song
2. Die Alone
3. Ultraviolet
4. Cold Blood
5. It’s Over
6. The Altar / Mary
7. Slow Motion
8. Don’t Wait Up
9. Bankrupt
10. Live Like This
Gesamtspielzeit: 38:22