Nach drei Jahren Durststrecke für Bands, Veranstalter, Fans und natürlich allen, die an solchen Events beteiligt sind, wie Bühnenbauer, Tontechniker, Fressbuden-Besitzer und so weiter, ist das Jahr 2022 ein Jahr der vielen Comebacks. Großveranstaltungen wie Nova Rock, Rock Im Park, Wacken und eben das Summer Breeze konnten nun das erste Mal seit Sommer 2019 wieder stattfinden, und das ganz ohne irgendwelche Einschränkungen. Klar, die Hygiene wurde nochmal verbessert, die Desinfektion ist allgegenwärtig und der eine oder andere schützt sich weiterhin mit der Maske. Aber was schwafle ich hier. Wir sind am Summer Breeze! Endlich!
Der neunte Besuch der Earshot-Crew war wieder ein voller Erfolg in vielerlei Hinsicht und es fühlte sich, sobald wir eintrafen, an wie früher, als wären Festivals und Konzerte nie weg gewesen. Dennoch fielen uns recht schnell einige Änderungen auf. Leider nicht alle positiv. Zum einen war die Hauptstage etwas kleiner, zumindest optisch, da die fetten Gargoyls fehlten, dafür waren die Leinwände neben der Mainstage um ein gutes Stück größer. Es wurden aber auch richtig viele Besucher erwartet und kurz vor Beginn verkündet, dass 90% der Karten vergriffen sind. Außerdem stach natürlich auch sofort die Preissteigerung bei Essen und Getränken ins Auge. Statt €4 für ein 0.4L Bier, sind es nun €4,80, was sage und schreibe 12€ pro Liter Bier ausmacht. Aber genug gemeckert, es ist Festivalzeit!
Wir wurden schnell in den Camping-Platz gelotst und bei strahlendem Sonnenschein wurden am Mittwoch noch fleißig Zelte aufgebaut. Das Camping-Gelände ist recht weitläufig, aber überschaubar ausgefallen und die Gehwege halbwegs vertretbar, auch wenn man manchmal rundum laufen muss.
Schon Dienstag wurde kräftig eingeheizt auf der Ficken Party Stage, die mitten im Camping Gelände steht und unter anderem END OF GREEN aufspielten. Wir schafften es aber erst am Mittwoch und konnten unseren Einstand für 2022 sogleich auf der Mainstage mit den Schweden RAISED FIST feiern wo die Jungs schon ihre Hits rausdonnerten. Sänger Alle Hagmann brüllte und heizte an was das Zeug hielt und ihm war selbst wohl auch heiß, denn er präsentierte seinen Sixpack und zeigte sich äußerst motiviert und bewegungsfreudig. Da wurde Hardcore-Hymne um Hymne geschmettert und die Fans zeigten sich begeistert. Bewegung kam in die ersten Reihen und es wurde auch fleißig mitgebrüllt. Wir freuten uns noch rechtzeitig für die letzte halbe Stunde der angesetzen 60 Minuten angekommen zu sein, doch nach zehn Minunten war dann auch schon Schluss, was bedeutet, dass die mittlerwiele fast 20 Jahre agierenden Nordmänner ihre Zeit offensichtlich nicht komplett nutzten. Schade, denn trotz matschigem Sound machten die Jungs echt Meter, wobei RAISED FIST auf der T-Stage zu später Stunde sicher noch besser funktioniert hätten.
Nachdem wir uns stärkten und unser Camp finalisierten wanderten wir erneut zur Main-Stage um dort bei FEUERSCHWANZ vorbei zu schauen, denn die deutschen Folk Metaller gingen in den letzten zwei-drei Jahren steil und feierten Erfolg um Erfolg. Außerdem sind die Jungs und Mädels auch im Dezember zu Gast in Linz. Und die Truppe mit dem eigenwilligen Bandnamen, den wir in Österreich liebvoll als „Feierzüpfi“ aussprechen, machte sofort Stimmung. Es war Party-Laune, denn die folkigen Nummern mit den unterhaltsamen Texten über Saufen, Drachen, Odin und weitere typische Themen, wurden quasi auswendig mitgeträllert, während die beiden Fronter abwechselnd die Meute anheizten. Mag sein, dass so manch Ansage etwas klischeehaft bis peinlich daher kam, doch die Meute ließ sich mühelos anheizen und da wunderte es schon, dass die Truppe bei den Temperaturen in Leder- und Kettenhemden auf der Bühne die gute Stunde durchhielten. Pyros und weiterer Klimbim, sowie Damen mit Feuerfächer peppten die Show noch weiter auf. Wem das zu barbarisch wurde, also spätestens beim Hit „Rausch Der Barabarei“, der suchte sowieso das Weite, durchhaltende Fans kamen aber noch in den Genuss von „Dragosta Tin Tei“ und „Warriors Of The World United“, zwei Cover-Songs, die nicht unterschiedlicher sein könnten.
Setlist FEUERSCHWANZ:
Kampfzwerg
Warriors Of The World United
Das Elfte Gebot
Das Hämmerunser
Methämmer
Schubsetanz
Rohirrim
Krampus
Rausch Der Barbarei
Dragostea Din Tei
Metnotstand Im Märchenland
Ultima Nocte
Kontrastprogramm gab es in Form von PALEFACE, einer heftigen Downbeat-Truppe aus Zürich, die erst seit 2017 existiert, aber schon eine mehr als solide Show auf der Wera Tool Stage ablieferte, der kleinesten Bühne am Gelände des Summer Breeze, wenn man von der besagten Party-Stage absieht. Da fanden sich sofort Crowdsurfer und wütende Moshpits bildeten sich, dass es nur so staubte. Neben fiesem Deathcore gab es doomige Riffs, heavy Breakdowns und diabolische Grunts. Ein Fest für jeden Fan des Morbiden! Von der Truppe werden wir sicher noch so einiges hören in Zukunft.
Ein Quasi-Headliner auf der T-Stage, wo zuvor schon EXODUS im Zuge der Nuclear Blast Label Night fleißig thrashten, war dann TESTAMENT. Chuck Billy, Skolnik und ihre Kollegen waren bei bester Laune, fest am Posen und zogen ihre routinierte Show wie alte Hasen, die sie ja auch sind, durch. Der Sound war super, die Stimmung noch besser und die Fans waren bei Hits wie „Practice What You Preach“, „The Formation Of Damnation“ vom gleichnamigen Album, „Rise Up“ oder „Into The Pit“, in den sich so einige Fans am Summer Breeze auch sogleich begaben. Außerdem hatten TESTAMENT mit Dave Lombardo eine echte Legende dabei, da dieser ja aktuell auch für ANNIHILATOR arbeitet und unter anderem einst mit SLAYER einige großartige Alben einhämmerte. Zu guter Letzt kam mit Steve Souza (EXODUS) noch weitere Prominenz für das finale „Alone In The Dark“ auf die Bühne um mitzubrüllen. Alles in allem ein echte fette Show, aber wer TESTAMENT kennt, hat auch nichts anders erwartet.
Setlist TESTAMENT:
Rise Up
The New Order
The Pale King
Practice What You Preach
D.N.R. (Do Not Resuscitate)
WWIII
The Formation of Damnation
First Strike Is Deadly
Over the Wall
Into the Pit
Alone In The Dark
Dann machten wir einen kurzen Abstecher zur Ficken-Stage, bei der sich in der angebrochenen Nacht sich die Horror-Punks von THE OTHER mitsamt zahlreicher Fans tummelten. Der zuckersüße Kopfweh-Schnaps wurde nebenbei fleißig ausgeschenkt, während die Deutschen eine solide Show zwischen Rock, Punk, Rockabilly und Metal ablieferten. Alles schön mit Horrorkostümen und Texten, die dazu passen. Wer die BLOODSUCKING ZOMBIES FORM OUTER SPACE oder auch VOLBEAT mag, kam hier ziemlich auf seine Kosten, vor allem weil es auf der kleinen Bühne stets recht familiär zugeht. Den Namen vom Schnaps wollte Sänger Rod Usher nicht selber aussprechen und vermutlich nicht mal kosten, die Fans ließen sich aber zu „Ficken“-Rufe mühelos animieren und mit ihren Hits und Hymen konnten sie die Party sowieso gekonnt abschließen.
Auch Nick Holmes und seine berühmten PARADISE LOST sorgten mühelos für dichte und vor allem sehr düstere Atmosphäre. Die Herren aus West Yorkshire bringen auch schon verdammt viel Erfahrung mit und wissen, wie man eine nächtliche Show zu führen hat. Quer durch die Diskografie intonierten Nick und seine Gefolgschaft Gänsehaut-Tracks und heftige Death/Doom Kracher am laufenden Band. In der langen Zeit, die die Truppe schon existiert und immer mal wieder zwischen brutalem Death/Doom Sound und eindringlichem Gothic schwankt, haben sich halt auch schon so einige Hits angesammelt. Da mussten die Briten schon schauen, alles Wichtige unter zu bringen. Aber auch dieses Mal überzeugten PARADISE LOST auf ganzer Linie und hinterließen nur zufrieden Fans.
Setlist PARADISE LOST:
Enchantment
Forsaken
Blood And Chaos
Forever Failure
Faith Divides Us – Death Unites Us
Eternal
One Second
The Enemy
As I Die
The Last Time
Say Just Words
Ghosts
Danach überraschten uns SVALBARD mit derbem blackened Hardcore bzw. Post Core, der mit fetter Soundwand daherkam und Lyrics aus zwei Kehlen bot. Sängerin Serena Cherry und Mark Lilly brüllten sich abwechselnd und auch mal gemeinsam die Seele aus dem Leib und die dichte Atmosphäre war grandios auf und vor der Bühne der Wera Tool Stage, die manche vielleicht von früher noch als Camel Stage kannten. Mittlerweile die einzige Bühne am Breeze, die auch überdacht ist. Und so verabschiedeten uns die erst seit etwas mehr als zehn Jahren existierende Band aus England und hinterließ einen bleibenden Eindruck.
Wir erhaschten noch ein paar Songs der Symphonic Death Metal Sensation von FLESHGOD APOCALYPSE. Und wo SEPTICFLESH, ROTTING CHRIST und CRADLE OF FILTH gern gesehene Gäste am Summer Breeze sind, hatten die Italiener auch leichtes Spiel. Fetter Sound, brutale Riffs und Beats, gepaart mit symphonischen Elementen, die fast perfektionistisch eingebunden sind, überzeugten auch live mühelos und zogen zahlreiche Fans zur späten Stunde schon kurz vor Mitternacht vor die Bühne. Eigenwillig nur der Anblick einer Schaufensterpuppe, die eine Gitarre umgehängt hatte. Eventuell ein Insider oder eine improvisierte Aktion, da ein Gitarrist ausfiel? Ich könnte googlen, aber das dürft ihr ja auch gern. Bin ja nicht für alles zuständig.
Das Finale des ersten regulären Tages am Summer Breeze bestritten (zumindest für uns) der eventuell designierte Bundespräsdent Österreichs Dominik Wlazny, besser bekannt als TURBOBIER Fronter Marco Pogo und seine Überflieger-Punk Truppe. Da wurde von der ersten Sekunde an auf der T-Stage eine fette Party gefeiert. Marco hängt sich mittlerweile immer weniger die Gitarre um, um mehr den Fronter und Entertainer zu mimen. Und das machte Dr. Pogo auch wieder vortrefflich. Aber mit Krachern wie „King Of Simmering“ oder dem Polizei-feindlichen Liebeslied „Verliebt In Einen Kiwara“ oder „Fett Kuma“ braucht man sich da um die Stimmung sowieso keine Sorgen machen. Der EAV-Hit „Küss Die Hand“ sowie der Dauerbrenner „Arbeitslos“ machten auch in Deutschland mühelos Stimmung.
Zwischendurch hieß es wieder „Gibt’s fragen?“, worauf nur nach einem weiteren Song gerufen wurde, ging es auch gleich weiter mit dem Mitsinghit „Insel Muss Insel Bleiben“ ehe dann „Fuaßboiplatz“ das Set fulminant beendete. Zuvor trennte Pogo, der stolz auf „Radlerfrei seit 86“ ist und das immer wieder gern betont, noch Hopfen von Malz, also die Fans voneinander für eine fette Wall Of Beer!
Setlist TURBOBIER:
Fett Kumman
Verliebt in einen Kiwara
Feuerwehrfestl
Heute Fahr Ma Polizei
Küss Die Hand Schöne Frau (EAV)
Das Schlimmste Ist, Wenn Das Bier Alle Ist (DIE KASSIERER)
King Of Simmering
Arbeitslos Durch Den Tag
Insel Muss Insel bleiben
Fuaßboiplotz
Danach konnten Motivierte nochmal zur Tool Stage pilgern für SPASM, die Ficken Party Stage samt DJ und reichlich Schnaps besuchen, oder sich gleich ins Bett verzupfen. Wir entschieden uns leider für Ficken… kein guter Plan.