Ich bin einfach demütig dankbar

Einer meiner Träume ist wahrgeworden: Ich begegnete dem Sänger der DONOTS und durfte ihn – zum neuen Album „Heut Ist Ein Guter Tag“ sowie zum Tourstart interviewen. Es handelte sich dabei nicht nur um mein erstes Interview, sondern auch um die Band, durch die ich zum Punk gekommen bin und die mich musikalisch schon seit über 20 Jahren begleitet. Um meiner brodelnden Nervosität etwas entgegenzuwirken, teilte ich beides Ingo mit. Doch seine Reaktion hätte ich mir niemals erträumen können: Er umarmte mich, bestärkte mich in Puncto Interview und freute sich über meine Worte. Einfach unglaublich!


Geil, ich habe noch nie so viel sinnvolles Zeug gelesen, was ich angeblich gesagt habeIngo


Cassata: Ich kann es nicht für mich behalten:  Ihr – also die DONOTS – seid die Band, die mich zum Punk gebracht haben und dafür möchte ich mich bei dir und deinen Bandkollegen bedanken: Vielen, vielen Dank!

Ganz ehrlich, sowas bedeutet mir sau-sau-sau-viel. Das klingt total klebig und pathetisch das zu sagen, aber ich bin selbst halt immer noch riesengroßer Fan von so vielen Bands einfach. In meinem Fall sind es halt so Band wie DIE TOTEN HOSEN damals, die mein erstes Konzert waren und so. Wenn wir das für jemanden – wie dich oder so – sein dürfen, dann macht mich das ganz ganz ganz stolz. Also ich bin einfach demütig dankbar. Super, dankeschön.

DONOTS - Ingo Knollmann

Cassata: Dann würde ich sagen fangen wir mit dem offiziellen Part an.

Sehr gerne. (lacht)

Cassata: Gestern war ja der Start von der Tour. Hat es da schon etwas Besonderes gegeben wovon man berichten kann?

Also der erste Tag ist eigentlich immer totales Kuddelmuddel, weil du hast eine komplett neue Setlist mit ganz neuen Songs, die du spielst. Hast dir total viel überlegt: Die Übergänge, die müssen so sein, das muss so sein und so. Und vor Beginn hast du die Scheiße halt wieder bühnenfertig zu machen und zusammenzustecken, weil die letzte Tour ist ja wirklich original vier Jahre her. Das muss man sich mal reinziehen! Na, also jetzt abgesehen von den ganzen Festivals, die wir halt so gespielt haben, ist das die erste zusammenhängende Clubtour seit vier Jahren. Wir sind wie auf einen Schulausflug. Wir scharren halt die ganze Zeit mit den Füßen: „Ah geil, gleich geht’s los ah!“

Verrückt und so! Ja, es war dann – wie die meisten Shows jetzt von dieser Tour – im Vorfeld echt schon lange vorher ausverkauft gewesen. Das war irre! Wirklich, es ging tierisch ab. Ich fand auch, wir waren nicht ganz so scheiße wie sonst immer am Tourstart. War schon echt ok. (lacht) Ne, und es sind lustige Sachen passiert. Wir haben probiert, einen doppelstöckigen Circle Pit zu machen: Also die Leute haben sich alle gegenseitig auf die Schulter genommen und dann einen Circle Pit probiert. Das ging sehr langsam und behäbig, aber es hat jedenfalls lustig ausgeschaut. (lacht) Genau, es ist echt eine lustige Reise. Wir haben echt richtig Bock, ernsthaft.

donots interview

Cassata: Freut mich, freut mich. (lacht) Du hast schon eine Sache erwähnt, an der ich gerne anknüpfen möchte. Weil wir hatten ja das Vergnügen, dass wir euch letztes Jahr am SBÄM in der Tabakfabrik sehen durften.

Maxomer: Unserer Heimatstadt.

Im Ernst? Geil! Ja, Super!

Cassata: Und da habt ihr ja schon eine richtig fette Performance geliefert.

Vielen Dank!

Cassata: Jetzt haben wir uns gefragt, wie ihr das macht, dass ihr so fit seid und so Vollschub auf der Bühne gebt.

Ich kann zumindest sagen: Drogen sind nicht im Spiel. Also viele Band koksen sich in den Zustand, aber wir brauchen das in der Tat nicht. Es klingt so doof das zu sagen, irgendwie so kitschig, aber es macht uns mit jedem Mal, mit jeder Show, immer noch mehr Spaß. Und das nach knapp 30 Jahren sagen zu können, ist halt irre. Aber wir freuen uns auch super drüber, dass das so ist. Ich kenne genug Bands, die das halt irgendwann als Arbeitserfüllung sehen. Weißt du, die gehen hin, haben nach dem Motto „Arbeiten gehen“ eine Stempeluhr, spielen halt ihr Programm runter und so weiter und so fort. Aber so hat Punk für mich nie funktioniert. Also wenn Leute Geld dafür bezahlen, dich zu sehen, dann ist das ein ganz großes Privileg. Dann hast du fucking nochmal abzuliefern. Ich kann das nicht verstehen, wenn Bands das egal ist.

Wir sind auch heute Morgen – schon direkt als wir angekommen sind – wieder joggen gegangen. Also wir machen jeden Tag halt auch so ein bisschen ein Fitnessprogramm, dass du halt auch ein bisschen in Shape bleibst und so. Aber, ich glaub so das zweite oder dritte Bier, das wirft dann den Motor an, dann geht eigentlich alles. (lacht)

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Maxomer: Das war eh so ein Gedanke, über den wir beim Herfahren geredet haben. Wenn ich das fünf Tage nacheinander durchziehen würde, was ihr da macht’s, ich müsste auf Reha gehen. (alle lachen)

Ja, schon, schon. Aber wir haben ja morgen eine Doppel-Show. Wir spielen morgen ja zwei Mal in Wiesbaden: mittags und abends. Und morgen kommt aber dann auch in der Früh der Physio vorbei und der knetet uns da zwischendurch einmal durch. (lacht) Aber ansonsten ne. Ne, ernsthaft, das geht eigentlich wirklich immer. Verrückt ist eher, dass wenn eine Tour vorbei ist, dass du erst dann die körperlichen Beschwerden so richtig bekommst: Wenn der Körper runterfährt, dann fällst du halt so ein bisschen in ein Loch. Und da ist dann manchmal so „ooooh-mmmmhm-ohhh-Beine und so“, aber so auf Tour selbst geht es eigentlich immer.

Cassata: Ja und habt ihr auch noch andere Rituale an den Konzerttagen, außer Joggen gehen in der Früh?

Ach, eigentlich ne. Das ist halt auch das Schöne: Wir haben nie den ganzen Bums durchgeplant. Also all das was passiert, passiert halt immer so aus der Lamäng heraus. Es gibt ja Bands, die so ganz krasse Tagesabläufe haben oder so Christenbands, die dann vor Konzerte zu beten anfangen – oh Gott willen he. Ne, ich bin wirklich froh, dass das bei uns halt wirklich nicht so ist. Aber genau so bleibt ja auch so ein Tourtross in gewisser Weise spontan auf den Füßen. Weil wir haben jetzt, glaube ich, fast 1.500 Konzerte in den letzten 29 Jahren gespielt und wenn du irgendwann das gleiche machen würdest, wäre das fürchterlich. Das muss halt ungeplant bleiben. Das ist ja eigentlich auch das Schöne, dass nicht nur die Band einen Dachschaden hat, sondern die Crew halt auch und alle immer irgendeinen Scheiß halt machen, der es jeden Tag sehr witzig werden lässt. (lacht)

Maxomer: Der letzte Moment, bevor du auf die Bühne gehst: Hast du da irgendein alleiniges Ritual oder kommt ihr als Band nochmal zusammen?

Ja, wir haben so einen Bühnenschwur, denn wir halt vorher machen und gucken noch einmal kurz auf die Setlist. Ich sing mich natürlich warm, solche Geschichten. Aber ich finde es total wichtig, dass das so eine Leichtigkeit und Naivität behält. Also du darfst niemals zu professionell werden, dass ist das Schlimmste, was passieren kann. Weil dann bist du ganz schnell eine von diesen Motion-Hollywood-Metal-Bands, ja so wie THIRTY SECONDS TO MARS und so, wo dann sogar die Ansagen einstudiert sind und ein Countdown läuft, wie viel Zeit noch bis zum nächsten Song ist. Das darf nicht passieren. Punk ist immer das gewesen, wonach dir gerade der Sinn gestanden hat. Da kann alles passieren und das soll auch so sein.

Cassata: Dann zum neuen Album: Man hat schon gesehen, es ist ein Hit durch und durch.

Vielen Dank, ich bin sehr glücklich einfach.

Cassata: Und habt ihr das von Anfang an so geplant gehabt, dass es wirklich ein Mega-Album wird?

Also jede Band wird dir sagen „Unser neues Album ist das beste, das wir je gemacht haben!“  Es gibt keine Band, die das– obwohl MGMT – diese Elektroband aus England. Die haben irgendwann einmal, als sie das zweite Album rausgehauen haben, vorher einen Brief an ihre Fans veröffentlicht, in dem sie sich entschuldigt haben, dass das neue Album nicht so gut geworden ist. Aber ansonsten sagt wirklich jede Band, dass das neue Album das beste ist. Und das soll ja auch so sein! Also es wäre ja fürchterlich, wenn du mit einem Album und dem Gedanken „Ach, das letzte war aber schon besser!“ auf Tour gehen müsstest.

Weißt du, du probierst ja immer, das Beste aus dem Moment rauszuholen. Uns war halt ganz klar, dass wir kein Corona-Album machen wollen. Also nicht so ein Album, welches so tonnenschwer ist, und wo alle ganz betroffen auf „oh Gott, wir haben uns alle so vermisst – uuuuuh – blablabla“ machen. Jeder war die letzten drei Jahre dabei. Das waren scheiß drei Jahre! Das Wort ist unbestritten, aber darüber muss man nicht noch singen. Dementsprechend haben wir einfach gesagt, lass uns ein positives Album machen und das machen, was wir am besten können: Nämlich Gas geben!

Wir nehmen ja in unserem eigenen Studio auf. Wir haben ja schönerweise ein eigenes Studio in so einem alten Zweiten-Weltkriegs-Bunker, der innendrin umgebaut ist. Und das ist halt der große Luxus, dass du ins Studio gehen kannst, wann du möchtest. Wir müssen keinen Studiozeitraum mehr buchen. Wir können einfach direkt die Tür aufschließen und können loslegen. Das ist total geil! Aber auch da ist uns Corona natürlich in die Quere gekommen, weil wir echt mehrmals lange Zeiträume zwischen Aufnahmen hatten, wo wir uns gar nicht gesehen haben.

Wenn wir an so ein Album rangehen, treffen wir uns eigentlich immer alle sechs Wochen, arbeiten eine Woche zusammen mit dem Produzenten des Albums. Gehst nach spätestens sechs Wochen wieder ins Studio, hörst dir an, was du gemacht hast, verbesserst es nochmal und so weiter und so fort.

Diesmal war es aber echt so, dass zum Teil vier bis sechs Monate dazwischenlagen und da bist du wieder ins Studio gekommen und hast dir den Kram angehört, den du aufgenommen hast und hast dir gedacht: „Ich fühl mich überhaupt nicht mehr so. Das fühlt sich an, als wäre das aus einer ganz anderen Zeit, lass uns das mal wegschmeißen.“ So sind dann im peu à peu nur ein paar Songs wirklich hängen geblieben und ganz viel Verschnittware ist weggeschmissen worden, weil wir es halt frisch halten wollten. Ich glaube, daran liegt es aber auch, dass man dem Album halt echt eine gewisse Spielfreude anmerkt und das ist eigentlich das größte Kompliment, das wir uns selbst machen können. Also ich höre es wirklich selbst noch gerne und bin ansonsten derjenige der am schnellsten was zu moppern hat und sich denkt „Oh Gott, ist das Ding scheiße. Das hätten wir aber besser machen können.“ Diesmal – muss ich echt sagen – ich höre es immer noch ganz gern. Ist ganz cool.

donots interview

Cassata: Ja, und wie geht es euch damit, eine Setlist für die Konzerte zusammenzustellen, nachdem da wirklich nur gute Songs drauf sind. Da müsst ihr ja jetzt alte Klassiker dafür wegfallen lassen.

(Iacht) Ich weiß zum ersten Mal, wie sich das für Bands wie BAD RELIGION oder so anfühlen muss, die aus ihrem Portfolio von über 300 Songs, Setlists mit 35 Songs oder so zusammenklatschen. Das muss Hölle sein.

Das Gute bei Headliner-Clubshows ist ja, dass du ja lange spielen kannst. Also das ist schon ok. Wir sind da auch die ganze Zeit noch am Struggeln gewesen: „Ah ne, noch einen neuen Song kannst den Leuten eigentlich gar nicht antun. Aber ne, der muss ja auch noch gespielt werden. Und ja wir müssen auch noch die alten Songs spielen.“ Da bist schon am Rumschieben und so.

Aber ich glaube, der Sommer wird die Hölle, wenn wir Setlists für Festivals klarmachen müssen und da halt alt und neu verbinden müssen. Da hast du eine halbe Stunde oder eine dreiviertel Stunde und das – ey ganz ehrlich – sind sechs oder sieben Songs. Dann finde einmal eine Möglichkeit, das neue Album den Leuten unter die Nase zu reiben, ohne dass da wer hinten steht und „Ich wollt aber den alten Scheiß hören!“ sagt. Das wird echt noch Next-Level-Shit, aber es wird schon irgendwie gehen.

Es ist natürlich echt ein ganz, ganz tolles Gefühl, dass wir tendenziell viele Songs haben, die wir jetzt von diesem Album nehmen und spielen können. Das ist schon großartig. Ich bin auch sehr dankbar darüber, echt. Andersrum wäre es schlimmer, wenn du denken würdest: „Boah, eigentlich kann ich gar nichts anbieten, das ist kein gutes Album, lass uns nur alten Zeug spielen.“ (lacht)

Maxomer: Wir haben angefangen ChatGPT-Fragen zu stellen und du bist der zweite, der die Freude hat, eine dieser Fragen zu beantworten. Wir bitten ChatGPT um eine lustige Frage, wie „Eine lustige Interview-Frage an die DONOTS“.

Ich bin gespannt! (Lacht)

Cassata: Die Frage lautet: „Wenn ihr als Band ein Superheld wärt, welche Kostüme und welche Superkräfte hättet ihr dann?

Das ist eine ChatGPT-Frage?

Maxomer: Das war das erste, was ausgespuckt worden ist.

Ist ja genial! Ich muss kurz vorausschieben: Freunde haben mir heute Morgen ein komplettes ChatGPT-Interview mit uns geschickt. Also die haben das einfach komplett mit Fragen und Antworten generiert. Ich habe mir gedacht „geil, ich habe noch nie so viel sinnvolles Zeug gelesen, was ich angeblich gesagt habe.“ (lacht)

Maxomer: Hat auch einiges gepasst?

Ich fand alles erschreckend sinnvoll. (lacht) Es ist echt ein bisschen gruselig so wie die ChatGPT auch.

Was wäre denn unser Superhelden-Kostüm? Also es wäre auf jeden Fall schwarz. Das muss schwarz sein! Also wir tragen schwarz, bis es etwas Dunkleres gibt. Und Superkräfte? Also ich wüsste, Guidos Superkraft wäre so etwas wie sich möglichst sechs Wochen lang auf Tour nicht zu duschen und auch die Unterplinte nur einmal zu wechseln oder so. Die kannst du quasi schon in den Wald stellen, so als Lecksteine für Rehe, weil so viel Salz vom Schweiß drin ist. (alle lachen) Meine Superheldenkraft wäre, glaube ich, mehr Kaffee zu trinken als es meinen Körper guttut. Das mache ich nämlich. Das exorziere ich ordentlich durch. Dementsprechend könnte ich dann wahrscheinlich auch Blitze aus den Augen schießen. (lacht) Und den ganzen Rest, muss ich ganz ehrlich sagen, die sehe ich nicht als Superhelden, das wird nichts. (alle lachen) Da muss ich leider sagen, dass funktioniert nicht. (lacht)

donots interview

Maxomer: Die nächste Frage kommt aus unserem Team und unser alter Punkhead, der David, ist zwar nicht so der große DONOTS-Fan, aber er mag DUCHAMP sehr gern. Er möchte wissen, ob da wieder was kommt?

Das ist halt auch wieder so ein Ding. Wir haben schon seit letztem Jahr eine Duchamp-7inch fertig, bei der auch Ernie Perada von BLACK TRAIN JACK mitsingt. Wir wollen eigentlich auch noch ein neues Album aufnehmen, aber auch da dauert es wegen Corona und diesen komischen Vorlaufzeiten lange, bis du halt eine Platte gepresst hast. Wir haben es deshalb erst einmal ins Regal geschoben – nicht in den Giftschrank, aber ins Regal – und warten erst einmal ab, bis sich das wieder ein bisschen normalisiert hat. Dann wird es wahrscheinlich am Ende ein ganzes Album werden. Aber eine 7inch ist theoretisch schon mal fertig.

Maxomer: Wie seid ihr auf den Bandnamen DUCHAMP gekommen?

Der Name kommt von Teddy Duchamp aus dem Film „Stand By Me“, also aus dem Stepjen-King-Buch „Die Leiche“. Das ist halt quasi so der Namensgeber dafür.

Maxomer: Wir haben auch eine Frage der letzten Band, die wir interviewt haben. Es sind eigentlich sogar zwei rausgekommen und eine – glaube ich – ist eh schon ein bisschen beantwortet. Die Fragen kommen von ELECTRIC CALLBOY. Die erste Frage ist von Nico: „Deutscher Punk ist mal geil, mal semi und ich finde die Jungs sind sich krass treu geblieben. Wie schafft man es nach mittlerweile so vielen Jahrzehnten, trotzdem im Songwriting so frisch zu bleiben?“

Ganz ehrlich, wenn ich das wüsste, dann könnte ich das ewig so weitermachen. Ich weiß es nicht. (lacht) Freut mich total, dass sich das so überträgt und das ist natürlich ein ganz großes Kompliment. Aber das halt ich ganz fest sphärisch und sag einfach: „Ey, so lange es funktioniert, rüttle nicht dran rum.“

Ich bin ganz glücklich darüber, dass es so ist. Aber ich möchte es auch nicht hinterfragen, weil genau dann fängst du schon wieder an, zu sehr zu planen und das ist das Schlimmste was passieren kann. Also wir haben zumindest über die Jahre im Studio gelernt, dass es gar keinen Sinn macht, mit einer fertig vorproduzierten Platte ins Studio zu gehen. Wir haben früher suuuper viele Songs sechs bis acht Wochen ein wenig vorproduziert. Das hätte eigentlich auch schon als Album gereicht. Wir sind dann aber nochmal ins Studio gegangen und haben es quasi dann in feinem Reinschliff nochmal aufgenommen. Und dadurch werden Sachen dann auch schnell einmal unfrisch oder unlocker. Also mittlerweile gehen wir wirklich nur mehr mit so Riff-Ideen ins Studio und schreiben im Studio gemeinsam alle zusammen. Dann weißt du zwar morgens noch nicht, was du abends auf Band hast, aber dadurch kommt so eine gewisse Frische und Spontanität zustande. Also ich hoffe, dass wir das noch lange so machen können.

Maxomer: Ich muss sagen, ich habe beim neuen Album so das Gefühl, das klingt fast wie ein Best-of des Punks und Rocks. Kein Song gleicht dem anderen, aber trotzdem passt alles stimmig zusammen.

Das ist auch wieder ein ganz tolles Lob. Aber es ist halt nichts, das wir so geplant hatten. Wir haben wirklich echt jeden Song einzeln betrachtet und haben halt überlegt, was der Song mit dir macht und wie du das Gefühl von dem Song maximieren kannst. Das hätte uns aber auch total um die Ohren fliegen können. Es hätte auch total sein können, dass ein Album rauskommt, das total zerfahren klingt und als würde die Band zwölf Bands sein wollen. Es klingt aber am Ende trotzdem alles nach DONOTS, weil wir eben nur spielen können, wie wir spielen können. Wir sind ja alle keine super geilen Jazz-Mukker oder so. Ich habe ja auch keine klassische Gesangsausbildung in dem Sinn. Und ich glaub dadurch schwimmt sich das im Punkrock eigentlich immer so ein bisschen zusammen. Das klingt halt schon geil. (lacht)

Maxomer: Die zweite Frage vom zweiten Sänger – vom Kevin – ist schon ein bisschen deeper. Sie haben selber gesagt, dass sie manchmal schon ein bisschen Anfeindung in der Inbox bekommen haben. Gerade bei ihnen ist ja jetzt nicht besonders viel los in die Richtung. Sie wollen ihre Message raustragen, die eher gute Laune ist. Ihr habt ja doch auch tiefere Messages. Ihr habt auch oft dieses Banner mit „Nazis raus“ und so weiter. Wie schaut da eure Inbox aus, möchte er wissen und wie geht ihr damit um?

Wir werden schon öfter angefeindet, auf jeden Fall. Also du kriegst wirklich Sachen mit, wo du ganz kurz innehältst und ein bisschen schlucken musst, wenn du mitbekommst, dass du quasi auf „Todeslisten“ von Nazis stehst. Also unsere Band ist definitiv auf mehreren roten Listen von „Personen des öffentlichen Lebens“, für die tendenziell gerade irgendwo eine Kugel gefertigt wird; so nach dem Motto. Aber ich sehe das ehrlicherweise in gewisser Weise als ein Kompliment dafür, dass wir laut genug gebrüllt haben.

Es wäre schlimm, wenn Nazis nichts gegen uns hätten, weil ich möchte nichts mit Nazis in irgendeiner Weise zu tun haben oder auch nur von irgendeinem Nazi beklatscht werden. Das einzige was ich von Nazis möchte, ist wirklich offen ausgesprochener Hass, weil ich ihnen auch keine Gegenliebe entgegenbringen kann. Ich kann allerhöchstens sagen, dass ich ganz viel Mitleid für ganz viele Nazis habe. Denn ich glaube, dass die eine ganz beschissene Jugend oder was auch immer hatten, warum auch immer die da alle gelandet sind wo sie gelandet sind.

Aber ne, wir lesen uns das natürlich durch. Jedes Mal, wenn wir ein Posting machen, dass wir mit „Keinen Bock auf Nazis“ zusammenarbeiten, die auch jetzt wieder mit auf der Tour dabei sind – haben wir einen komischen Flash – Internetflashmob – von Faschos, die dann drunter kommentieren, weißte. Das ist natürlich auch ein ganz klassischer Versuch, dich irgendwie mürbe zu machen, dir Angst einzujagen oder einfach nur rumzuprollen. Da kannst drauf scheißen, ganz ehrlich. Die Leute krakeelen im Internet immer am lautesten rum. Aber in den meisten Fällen passiert da halt einfach auch nichts. Ich nehme das wirklich eher als Kompliment zur Kenntnis, dass unser Engagement groß genug war und so halten wir es auch weiterhin.

Cassata: Weil du es eben gerade gesagt hast: Postings. Da hat sich uns auch die Frage gestellt, ob ihr das Social Media Management selbst macht?

Ja, das machen wir komplett selbst, auf jeden Fall. Also das ist halt auch so eine Sache. Ich kann verstehen, wenn riesengroße Bands da vielleicht irgendwelche Leute engagiert haben, die das für sie machen.

donots interview

Maxomer: Die müssen oft gar nicht so groß sein. Wir haben das zum Beispiel bei A WILHELM SCREAM gesehen. Ihre Tourmanagerin ist gleichzeitig Social-Media-Managerin. Die hat alles mitgemacht, aber natürlich in einem sehr kleinen Rahmen und keine Riesenproduktion.

Ne, also wir sind ja auch unser eigenes Label. Wir haben unser eigenes Studio, wir machen das Management selbst und so weiter und so fort. Ich finde, du weißt ja eh immer selbst am Besten, wie du präsentiert oder repräsentiert werden willst. Wir sind totale Kontrollfreaks und ich hätte gar keinen Bock drauf, das irgendjemanden zu geben, der gar nicht unseren Sprech hat oder versteht, worum es uns geht. Das kann man meiner Meinung nach nicht guten Gewissens abgeben. Denn das ist – ohne Scheiß – natürlich alles irgendwie auch Arbeit, was wir machen. Aber es ist vornehmlich auch ein ganz großer Spaß und ein ganz großes Privileg, dass wir das seit 30 Jahren machen dürfen. Und ich glaube, da leitet sich ganz einfach auch ganz viel her, weil wir spielen jetzt die größten Shows unserer Laufbahn. Letzte Woche hatten wir eine große Show vor 4.000 Leuten, die ausverkauft war. Das ist für uns einfach irre! Und ich glaube die Leute votieren das einfach, dass eine Band wirklich ihren Scheiß selbst macht und man merkt, dass wir mit Herzblut dabei sind und nicht einfach irgendwelche Leute hinstellen, die für uns irgendeinen Scheiß machen, während wir uns eben am Hintern kratzen und Mouton Châteaut trinken. (lacht)

Maxomer: Man spürt es auch. Wir haben uns gerade erst den Gin-Verlosungs-Post nochmal angesehen. Also man merkt, ihr habt richtig Spaß dabei.

Ja, das ist toll und dass mein ich halt. Das könnte niemand für dich übernehmen. Also das hätte nicht das gleiche Gefühl. Das würdet ihr mit Earshot auch nicht anders machen wollen. Ihr würdet ja auch nicht sagen: „Hol uns jetzt mal viermal XY, die für uns Werbung macht.“ Es ist immer am Geilsten, wenn man es selbst macht und darum ging es im Punk auch immer. Denn dieser DIY-Gedanke ist so wichtig, ernsthaft.

Maxomer: Apropos Social-Media, würdest du noch ein kurzes Posting-Video für uns machen?

Ja, klar natürlich!

 

 

 

Cassata: Die Zeit verflog wie im Flug, aber dafür wird mir unser Gespräch ewig in Erinnerung bleiben. Vielen Dank für das Interview und das Video. Dir – und deiner Band – wünsche ich bei euren Show weiterhin viel Spaß und dass noch viele weitere großartige Alben folgen mögen.

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Band-Links:

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Band-Biografie (Quelle Wikipedia)
Die Donots [ˈdʊnɔts] ist eine seit 1993 bestehende, 1994 gegründete deutsche Alternative-Rock-Band aus Ibbenbüren. Seit 2008 veröffentlichen sie ihre Alben über ihr eigenes Label Solitary Man Records. Die Donots formierten sich 1993 durch Ingo und Guido Knollmann, zuständig für Gesang und Gitarre, dem Bassisten Jan-Dirk Poggemann (Spitzname: Purgen)[2], dem Gitarristen Jens Grimstein und Schlagzeuger Jens Trippner. Der Name Donots steht für die selbstironische Philosophie der Band „nichts zu tun“ (don’ts = do nothing).  Mehr auf: Wikipedia
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