Perfektes Festivalwetter, weil etwas bewölkt und doch angenehm warm, erwartete uns der Tag 2 des Open Air Ottensheim 2023 in seiner ganz eigenen Idylle am Freitag nachmittag, das dieses Jahr auch seinen 30-jährigen Geburtstag feiert! Da dies bereits auch am Donnerstag bereits gefeiert wurde, rasteten doch noch Viele bei unserer Ankunft am gemütlichen Campingplatz, badeten im angrenzenden Bach oder gaben sich ein Match am Volleyballplatz. Um 17 Uhr waren noch immer so wenig Leute am Gelände, dass man fast das Gefühl hatte, man muss jeden einzeln grüßen und die Hand geben, so familiär war die Atmosphäre und man konnte noch nicht erahnen, dass dieser Festivaltag ausverkauft werden würde.
Also schlenderten wir mal über das überschaubare Festivalgelände, gustierten beim Kleidertauschstand (sehr geile Idee) und ließen uns vom Duft der Essensstände verzaubern und lasst euch sagen, Käsespätzle sind heuer anscheinend der heiße Shice was Festivalessen betrifft.
Die komplette Area ist auf einer riesigen Wiese, die bei dem Traumwetter natürlich dazu einlud, sich ins Gras zu setzen und viele auch dazu veranlasste, die Schuhe auszuziehen, was zu sehr interessanten Bildern führte, da diese dann überall herumlagen.
Nachdem am Nachmittag die Musik noch ein wenig dahinplätscherte wurden um halb 6 dann doch die Boxen voll aufgedreht um die Menge, die noch ziemlich verstreut auf dem kleinen Festival Gelände war mit dem ersten Act des Tages wachzurütteln. Mit psychedelisch rockigen Sounds startet die Wiener Band LURCH mit vier Powerfrauen und heftigem Bass Sound. Generell sind LURCH eher instrumental unterwegs, doch schafften es mit Tracks wie „10“, „Croque Madame“ oder „Shoota“ die Menge zu fesseln. Diese findet man auch auf der neuen EP die gerade im März released wurde. War der erste Song an diesem Abend noch psychedelischer Stoner Rock, wurde es im Verlauf des Gigs schon etwas rhythmischer sowie metallastiger und Rauchsäulen schossen am Bühnenrand empor. Man kann schon sagen das LURCH trotz ihres sichtlich jungen Alters einiges auf dem Kasten haben und man hier in Zukunft sicher noch mehr erwarten kann.
Das Gelände war mittlerweile gut gefüllt und auch zahlreiche Kinder mit Gehörschutz tobten vor der Bühne. Wer nicht gerade sein eigenes Essen auf einer Picknickdecke verputzte, hatte die Wahl zwischen Burger, Linsel Dal, natürlich den Käsespätzle oder auch veganem Toast, die man sich gegen einen Tausch-Bon von den verschiedenen Zelten am Gelände abholen konnte. Natürlich wurde auch für regionales Bier gesorgt und zur Freude großer und kleiner Kinder gab es sogar einen Eiswagen.
Der zweite Act an diesem Tag waren TAUCHEN, die ebenfalls aus Wien stammen und bis auf die männliche Verstärkung an der Gitarre auch eine starke Frauenkombo darstellten. Zu Beginn gab es jedoch technische Probleme und sie mussten sich eine Gitarre von einer anderen Band leihen, bis sie schließlich mit dem ersten Track „Besser ohne dich“ starteten. Der eingängige Deutschpop Sound der Band regte auch gleich zum Mitwippen an und man kann sich gar nicht vorstellen, dass sich die Mitglieder von TAUCHEN erst vor einem Jahr kennengelernt haben. Weiter geht es mit dem Track „Blicke“, der auch bereits als Single erhältlich ist, gefolgt von dem Song „So Wie Du Bist“, der für Gleichberechtigung und freie Entfaltung steht.
Danach wurde es etwas ruhiger und der unveröffentlichte Song „Wir Fahren Los“ performt, bei dem es um Fahrradfahren und ein besseres Bewusstsein für unser Klima geht. Nach dem Track „Tut mir Leid“ wurde dann doch wieder mehr an Tempo zugelegt und die Menge vor der Bühne richtig zum Shaken gebracht. Ziemlich unerwartet wurde dann auch noch „Durch Den Monsun“ ein TOKIO HOTEL Cover im eigenen Gewand, performt. Auch wurde von der Band preisgegeben, dass es sich hier um den überhaupt ersten Livegig der Combo handelte, wobei ich zugeben musste, ein bisschen hat man schon gemerkt, dass hier noch definitiv Routine auf der Bühne fehlt. Aber das wird schon noch… Beim allerletzten Song „Hängst Du Mit Mir Meine Wäsche Auf?” erzeugte vor allem die Zweistimmigkeit der beiden Sängerinnen erzeugt eine super Dynamik und entließ das Publikum zufrieden in den weiteren Abend.
Trotz der heißen Temperaturen wurde witzigerweise während der Umbauphase auf der Bühne das winterliche „Let It Snow“ eingespielt. Dann wartete auch schon MISS BUNPUN mit Rap und jeder Menge Hip Hop auf der Stage.
Neben den schnellen Raps zeichnet sich die Künstlerin auch durch ihre melodischen R’n’B Vocals aus, daher war es auch nicht verwunderlich, dass die Menge vor der Bühne zu den fetten Bass Beats auch gleich zu Tanzen anfing. Auch hier gab es jedoch zu Beginn ein paar technische Probleme, doch die Zeit war durch die wortgewandte charismatische Fronterin schnell überbrückt und es konnte mit voller Power weitergehen. Zwischendurch gab es sogar einen langsameren gefühlvollen Song und MISS BUNPUN erwähnte, dass sie ursprünglich aus Wilhering am gegenüber liegenden Ufer von Ottensheim ist, ein Heimspiel sozusagen.
Neben Songs von den bereits zwei veröffentlichten Alben „I Am Me“ und „Dyna Mics“ wurde gerade im März der neue Track „Take Me As I Am“ veröffentlicht. Dabei geht es darum, dass man sich nicht so viele Gedanken machen sollte und man einfach man selbst bleiben kann und neben dem Thema Self-Empowerment sind die meisten Texte der Sängerin queer-feministisch, anti-rassistisch und gesellschaftskritisch. Auch die Menge feierte die Statements und die Musik und konnte gar nicht genug davon bekommen.
Während gerade das Set für die Band KREISKY aufgebaut wurde, dröhnte aus den Boxen brutaler Death Metal. Eine gute Einleitung für eine der markantesten Bands Österreichs, deren Sänger Franz Adrian Wenzl, sein künstlerisches Potenzial über mehreren Ebenen entfaltet. Mit Songs wie „Lonely Planet“ oder dem rockigen „ADHS“ und einem außergewöhnlichen und humorvollen Auftritt, war das Publikum auch schnell begeistert. Die Band resümierte das sie bereits 2011 schon einmal beim Open Air Ottensheim aufgetreten waren, also wurde es auch langsam Zeit für einen zweiten Besuch.
Bei einem ihrer älteren Songs „Vandalen“ wurde die Menge schonungslos zum Tanzen gebracht. Schwierig war es für Franz im Anschluss den nächsten Song „Veteranen Der Vertanen Chance“ auf der Setlist zu erkennen, der dort anscheinend nur mit Veteranen abgekürzt war.
Die Menge feiert richtig, sodass auch ein kleiner Moshpit vor der Bühne entstand und die Leute unnachgiebig herumhüpften und tanzen. Auch ein bisschen Werbung in eigener Sache durfte nicht fehlen und auf den Merch-Stand am Festivalgelände hingewiesen. Mit Augenzwinkern wurde hier doch aber angemerkt, dass leider nur mehr Leiberl in XXXS oder XXXL da seien, aber zumindest die sechs Alben, die KREISKY bereits veröffentlicht haben sind verfügbar. Danach wurde angekündigt, dass jetzt ein Lied kommt das nicht ganz in die Zeit passt, aber trotzdem super ist und es wurde „Abfahrt Slalom Super-G“ angestimmt. Auch die Songs „Kilometerweit Weizen“ und „Asthma“ wurden auf der Bühne richtig gerockt. Nachdem die Band kurz verschwand gab es dann nach dem inbrünstigen Ruf nach einer Zugabe, noch den Track „Ein braves Pferd“.
Zu erwähnen ist natürlich auch noch, dass der Fronter am Vortag Geburtstag hatte, was auf seinen subtilen Hinweis hin, die Menge zu einem lauen Happy Birthday-Chor werden ließ.
Die nächste Band PAULA CAROLINA war an diesem Tag die einzige, die nicht aus Österreich stammte und hatte wieder etwas deutschen Indiepop im Gepäck. Nach dem ersten Track „Bitte Bitte“ kam die Menge beim Kracher „Wärs Ok?“ so richtig in Fahrt. Die Fronterin kam auch nicht umhin, für den Gitarristen, der noch zu haben ist, deutlich Werbung zu machen und auch gleich seine Telefonnummer durchzusagen. Wäre neugierig, wie da der weitere Abend dann noch verlief für ihn. Im Anschluss folgte „Es Zieht Im Paradies“, ehe es ernster wurde und die Ballade „Das Ende“ auf dem Programm stand. Beim nächsten Track dürfte dann ein Schlagzeug- sowie Gitarrensolo nicht fehlen und auf die Frage hin wer denn nun hier Paula wirklich kennt, wurde „Trophäe“ zum Besten gegeben, ehe mit „Realität“ nochmal eine Schippe draufgelegt wurde und das Publikum vor der Bühne in Ekstase brachte. Später erkundigte sich die Sängerin auch noch, ob es hier einen Dirk gäbe und inszenierte mit „Danke Dir“ ein kleines Call and Response Spiel mit dem Publikum. Zum Abschluss durfte natürlich der Überhit der Truppe, „Schreien!“, sogar auch extended in der Turbo Version, nicht fehlen.
PAULA CAROLINA führt demnächst ihre Clubtour nach Wien, was ich euch definitiv ans Herz legen kann. Party ist garantiert!
Das Grand Finale an diesem Freitag durfte dann die sechsköpfige Truppe von BUNTSPECHT bestreiten, die vor allem durch ihr unterschiedliches Repertoire an Instrumenten und ihrem musikalischen Mix aus Indie Pop, Gypsy und Wienerlied eine ganz eigene Klangwelt schufen. Die Wiener begeistern bereits seit 2016 die Massen und zogen mit ihrem unglaublichen Charisma die Menge in Bann. Geheimtip sind BUNTSPECHT schon lange keiner mehr und ihr Auftritt war wahrscheinlich maßgeblich daran beteiligt, dass das Open Air Ottensheim an diesem Tag ausverkauft war.
Melodica, Cello, Gitarren, Trompeten, Kontrabass, Saxophon, Flöte usw. und dies gepaart mit der eigenwilligen Stimme von Sänger Lukas Klein, dem immer wieder passagenweise von Florentin ausgehofen wurde, schafften es, ein ganz eigenes Flair zu erschaffen und da spreche ich noch nicht mal von den Lyrics, die wie aus einem Rilke-Gedichtband zitiert einen sofort in seinen Bann ziehen und in sehnsuchtsvolle Gedankenwelten entschwinden lassen.
Die Ansagen hielten sich in Grenzen, was der aufgebauten Stimmung nur zuträglich war, aber Lukas ließ es sich einmal kurz nicht nehmen, von den heute im Backstage Bereich verzehrten Keksen und Marillenkuchen zu erzählen, die anscheinend Eindruck hinterließen. Die Setlist strotzte nur so von „alten Hadern“ sowie neueren Songs aus ihren bereits vier veröffentlichten Alben, aber spätestens bei „Unter Den Masken“ wurde sowas von heftig vom Publikum der Refrain intoniert, dass eine magische Stimmung entstand und man das Gefühl hatte, hier ist man gerade Teil von etwas ganz Besonderem.
Aufgelockert wurde das Ganze dann wieder durch den aktuellen Hit der Kombo „Mojo Risin“, bei dem wieder vom Publikum mitgeshaked und Party gemacht wurde. Glücklicherweise führt BUNTSPECHT ihr Weg im November wieder nach Linz und zwar in den Posthof und auch hier kann ich nur meine wärmste Empfehlung für einen Besuch abgeben.
Ein wirklich rundum gelungener Festivaltag am Open Air Ottensheim 2023 ging somit für uns zu Ende und müde aber äußerst beseelt traten wir dann die zum Glück nur kurze Heimreise an und waren schon gespannt, wie wohl Tag 3 werden würde, aber das ist wieder eine andere Geschichte.
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