Die Wut und Energie passte einfach…

Im Backstage-Bereich in der Arena an einem schönen Mittwochnachmittag und ich saß gemeinsam mit Sascha und Nico von den Punk Rock Helden MADSEN beim Interview und hakte mal nach, wies so ausschaut bei ihnen mit der Nervösität vor der Show und neben Fragen wie QUEEN oder NIRVANA kamen noch ganz andere erstaunende Details der Truppe zutage.


Es ist alles etwas positiver, etwas lebensbejahender geworden


Hallo Sascha, Hallo Nico!

Sascha und Niko: Moin, Hallo,

Freut mich, dass ihr euch die Zeit nehmt, um mit uns zu sprechen. Es ist mir eine Freude und auch eine Ehre.
Ihr seid bereits sehr lange eine sehr erfolgreiche Band und trotzdem nehmt ihr diesen Erfolg nicht selbstverständlich. Habt ihr in all den Jahren ein Ritual, bevor ihr auf die Bühne geht?

Sascha: Wir haben das probiert mit dem Ritual, aber da sind wir uns immer so affig vorgekommen, sodass wir das wieder gelassen haben.

Niko: Popo-Klatsch, haha!

Sascha: Im Kreis stehen und irgendwas rufen, aber wir nehmen uns in den Arm alle vorher, mehr machen wir nicht.

Niko: Auch wenn jedes Festival etwas anders ist, auf der einen Seite hat man Routine mittlerweile und man könnte natürlich total angerührt sein, geht uns alles am Arsch vorbei, irgendwie keine Aufregung mehr, aber selbstverständlich ist jedes Konzert und Festival anders und man ist immer etwas aufgeregt und das gehört auch dazu. Deswegen macht man das auch.

madsen interview

Der Adrenalin-Kick ist also immer noch da?

Niko: Ja, und das macht ja auch Spaß. Ohne diese Aufregung würde es wahrscheinlich auch keinen Spaß mehr machen, wenn man irgendwann mal total abgefuckt auf der Bühne steht.

Und da habt ihr ja auch einen ganz eigenen Zugang dazu, im Sinne davon euer Rock-Star Image neu definieren.

Sascha: Da geht’s ein bisschen darum, auch mit einem Klischee aufzuhören. Ein Rockstar, der sich keine Mühe gibt, Drogen nimmt, unausgeschlafen auf die Bühne geht, zu spät kommt und am besten noch irgendwo frauenfeindlich ist und im aller schlimmsten Fall auch Sachen mit Frauen macht, die das gar so wollen. Man muss da von der Romantisierung dieser menschenverachtenden Scheiße weg kommt. Darum geht es.

Und ein Konzert ist ja was tolles und schönes und wir wollen ja auch zeigen was wir können und dazu muss man sich Mühe geben, ausgeschlafen, nicht all zu verkatert und etwas mehr als ein, zwei mal im Jahr geprobt zu haben.

Niko: Und wir haben den Vorteil, dass uns das allen tierisch viel Spaß macht. Ich hoffe, das merkt man auch.

Auf jeden Fall!
Ihr seid ja auch bekannt dafür, eine sehr gute Liveband zu sein. Ihr haltet euch den Spaß ja immer selbst am Laufen, ihr probiert immer neue Sachen aus. Euer letztes Album war ein Punk-Album, was ich persönlich sehr gefeiert hab. Von vorne bis hinten geil, auch mit den Zwischenkommentaren…

Sascha: Wir hatten auch viel Spaß.

Und das hört man nicht nur live, sondern auch auf Spotify. Habt ihr euch ein paar Erkenntnisse aus dem Punk-Album für euer aktuelles Album „Hollywood“ mitgenommen?

Sascha: Ja auf jeden Fall. Schon allein die Spontanität, mit der wir gearbeitet haben. Es war Corona, es war Lockdown und das Album, das wir eigentlich im Studio aufnehmen wollten, nicht aufnehmen konnten mit Produzenten und allen Drum und Dran. Und dann hat Sebastian einfach angefangen Punk zu machen, ein, zwei Lieder und ich saß in Wien und musste damals noch so einen speziellen Covid-Test kaufen. Das hat damals noch 130€ gekostet oder so…

Du warst in Wien damals?

Sascha: Ich leb in Wien.

Oh, geil, wusste ich gar nicht…

Sascha: Und auf jeden Fall hat das auch noch lange gedauert bis die Ergebnisse da waren und als ich das negative Ergebnis hatte, bin ich sofort ins Auto und los gefahren und haben dann gemeinsam jedes Lied zu Ende geschrieben und aufgenommen. So jeden Tag ein Lied quasi. Wir sind auch ein bisschen davon weg gekommen…nicht jedes Wort überdenken, noch mal überprüfen, nicht alles muss perfekt sein. Das haben wir auf jeden Fall mitgenommen. Dinge die spontan aus einem raus kommen, können wunderschön sein, und die kann man dann auch so stehen lassen. Weil wenn man es immer wieder selbst überdenkt findet man immer etwas das nicht gut genug sein könnte.

Niko: Musik muss ja auch nicht perfekt sein. Musik lebt auch von kleinen Sachen, Spielereien, also wir haben jetzt auch fast das ganze Album ohne Klick aufgenommen…

„Hollywood“? Jetzt ernsthaft?

Sascha: Zum aller größten Teil. Live im Studio zu viert standen wir im Raum und haben ohne Klick auf Bandmaschine aufgenommen. Und da istveben wieder dieses Ding, Fehler zulassen. Wenn du am Computer aufnimmst hast du unendlich viel Zeit. Wenn du auf Band aufnimmst, dann hast drei Takes, und bei den drei sollte das dann eigentlich schon dabei sein. Dann spielst du ganz anders, du hast eine ganz andere Konzentration.

madsen hollywoodUnd Energie!

Sascha: Energie ja natürlich auch, weil du weißt bei einem der drei Takes muss es gut sein, und das ist geil! Da ist eine Spannung im Raum, die ist zum Greifen.

Niko: In da kommt auch diese live Energie wieder zusammen und ohne Klick, auf Band, da kann man auch im Studio das Livegefühl wieder reproduzieren.

Auch kein Pro Tools dabei gewesen?

Sascha: Wir haben es von der Bandmaschine dann ins Pro Tools gespielt, weil wir dann die ganzen zusätzlichen Gitarren und den Gesang bei uns im Heimstudio in Berlin dann weiter aufgenommen haben. Zusätzlich Klaviere, Keyboard, all das was wir dann in den großen teuren Studios zur Verfügung haben.

Grenzgenial!

Sascha: Uns war wichtig, das wir zu viert unseren Band-Sound einspielen, dass das diesen kompakten, analogen, wärmeren Sound hat.

Absoluter Wahnsinn, wenn ich eine ander propläre Band frage die so groß ist wie ihr, sagt mir wahrscheinlich keine, dass sie ohne Klick aufnehmen…

Sascha: Ja das ist schon sehr selten.

Mehr Punk geht ja gar nicht. Gratuliere noch mal zu beiden Alben!
Ihr habt auch schon mit vielen verschiedenen Genres experimentiert, Sebastian hat sich Solo ja auch in die Richtung Soul bewegt. Welches Genre lacht euch denn noch so an?

Sascha: Da denken wir vorher nicht darüber nach, das ist auch das Schöne bei uns. Wir haben auch schon unseren Stil gefunden und wir mögen einfach gerne die Energie und ein Lied wie „Hollywood“ hat eine ganz eigene Energie und das ist live noch mal was anderes als die Album Version. Und wir planen das nicht. Es kommt wie’s kommt.

Niko: Und bei „Na Gut Dann Nicht“, das war während der Pandemie, wir waren sauer, er war sauer, er hat den ganzen Tag rumgeschrien und da passte das einfach, die Wut, die Energie. Und deswegen ist es bei „Hollywood“ vielleicht auch alles etwas positiver, etwas lebensbejahender geworden. Die Pandemie war überwunden.

Sascha: Die Hoffnung kam wieder.

Niko: Ja und trotzdem passiert so viel Scheiße in der Welt und jetzt muss mal wieder was Positives her. Hat sich so entwickelt und wo die Reise hingeht steht noch in den Sternen.

Cool, bleibt spannend.
Ihr seid auch eine sehr emotionale Band, eure Texte, eure Melodieführung, und ihr sprecht ernste und auch schöne ernste Themen an, wie zum Beispiel Freundschaft. Vor allem der Song „Willi“ ist mir da aufgefallen. Ihr seid eine Band mit drei Brüdern, sprich ihr habt von Geburt an einen Freund fürs Leben, aber gab es eine speziellen Anlass, Situation oder Person für den Song?

Niko: Ja, den Willi gibt’s wirklich. Ist mit uns zur Schule gegangen, war mit mir in der Klasse und ist ein dicker Kumpel von Sebastian und dann war’s einfach an der Zeit ihm ein Lied zu widmen.

Sascha: Und er ist auch so eine treue Seele. Der hat sich immer gemeldet, der hat mal in Köln gewohnt, mal in Frankfurt, dann Berlin und der Kontakt war immer da und er war für Sebastian immer schon ein wahnsinnig wichtiger Mensch einfach. Dann kam einfach die Idee, ich mag den so gerne, ich möchte dem ein Lied schreiben. Und wir alle haben es von Anfang an geliebt.

Wow, das ist ja ein totales Commitment zum Willi.

Sascha: Ja total

Niko: Ja und die Sachen stimmen auch alle. Spitzen Typ!

Shout out to Willi!

Sascha: Auf jeden Fall.

Niko: Willi, wenn du das hörst!

Nochmal zurück zu eurer Punk DNA. Als ich meine Recherche zu eurer Geschichte gemacht hab, ist mir aufgefallen ihr seit für so manches bekannt. Unter anderem auch, dass ihr gern mal auf Demos spielt.

Sascha: Ja öfter mal.

Gerade nach dem Punk Album, kommt da wieder die Lust? Es gibt ja leider genug Gründe zu demonstrieren.

Sascha: Klar, privat sowie mit der Band. Ich war zuletzt erst auf der Fridays for Future Demo mit meinen Kindern hier in Wien. Ganz hervorragend, ganz gute Energie und es ist total wichtig da Flagge zu zeigen. Und mit MADSEN haben wir am „Jamel Rock Festival“ gespielt. Das ist ein Ort in Mecklenburg-Vorpommern, ein Dorf wo fast nur Nazis leben und da gibt es ein Künstler-Ehepaar und die halten da die Fahne hoch. Die haben Morddrohungen bekommen, denen wurde die Scheune abgegfackelt, und die sagen trotzdem, wir bleiben hier. Und die sorgen dafür, dass das Dorf einmal im Jahr bunt gemacht wird. Und da sind wir sofort dabei und spielen.

Erinnert mich an eine Story von einer Band names 100 KILO HERZ.

Sascha: Ja, kennen wir. Und die haben eine Warm Up show in Zitttau gespielt, und meinten das war totale Basisarbeit. Das dürfte auch ein Ort sein im äußersten rechten Eck, und die haben in einem kleinen Club, 100 Personen maximal gespielt, und das Publikum hat sich richtig bedankt bei der Band, dass die hier eben auch mal die Fahne hochhalten.

Sascha: Sehr gut, sehr wichtig.

Nach zwanzig Jahren Bandgeschichte, gibt es da noch immer Bands, denen ihr noch auf die Finger schaut?

Sascha: Na sicher, ja klar. Wir können uns ja nicht hinsetzen und sagen, wir sind so gut, wir brauchen nichts mehr zu lernen, das wäre ja absurd. Musikalisch gibt es immer wieder neue Sachen, die man entdecken kann. Also TEAM SCHEIßE ist eine Band die wir voll cool finden, oder BILDERBUCH die sich immer wieder neu erfinden und wo kein Stillstand ist, und die könnten viel bequemer sein. Und dann gibt’s dann noch die Riesen wie Dave Grohl von den FOO FIGHTERS,  der Typ macht einfach alles richtig, da kann man nur zugucken und lernen.

Der sowieso, also abgesehen von seinen Nebenprojekten, der hat ja die BEE GEES gecovert, ein Metal Album aufgenommen…

Sascha: DAMN CROOKED VULTURES, und ganz früher hatte er so ein kleines Projekt, NIRVANA hießen die hahaha.

Da hab ich die passende Frage für euch: Wir geben den Bands am Ende eines Interviews immer die Chance, der nächsten Band eine Frage zu stellen. Die Frage für euch kommt von 100 KILO HERZ, und zwar – wenn ihr die Wahl hättet, auf welches Konzert würdet ihr lieber gehen, NIRVANA in der Originalbesetzung oder Queen?

Sascha: Boa, das is richtig schwer…aber ich muss NIRVANA sagen.

Niko: Ja ich glaub da sind wir uns einig, aber eigentlich beides, da würde man immer um das andere trauern. Aber wir legen uns auf NIRVANA fest. Ja, die haben halt nie auf den großen Festivals gespielt, sondern immer nur auf den kleinen Bühnen und das wäre nochmal richtig geil, die zum Beispiel im Chelsea zu sehen, oder in der Arena. Das nochmal zu sehen, da würd ich schon ziemlich für geben.

Und jetzt habt ihr noch die Chance der nächsten Band eine Frage zu stellen, und zwar einer Band die ihr glaube ich gut kennt – ITCHY. Da gab’s doch mal so eine Challenge oder?!

Niko und Sascha: Hahahaha

Niko: Ja 2005 oder 2006. MTV-Band Challenge, da musste man als Band durch Europa reisen, ohne Geld, nur mit Equipment und Aufgaben erledigen…ging so, haha.
Wir können die fragen: “Wo bleibt eigentlich unser Geld” haha!

Die Frage nehm ich gerne mit. Das war’s dann auch schon wieder, vielen Dank.

 


Band-Links:

madsen interview MADSEN - Sascha & Nico MADSEN - Sascha & Nico

Band-Biografie (Quelle Wikipedia)
MADSEN ist eine Indie-Rock-Band aus Prießeck, einem Ortsteil von Clenze im Wendland. Drei der fünf Gründungsmitglieder sind Brüder, so ist deren Familienname Name ihrer Band geworden: Madsen. Ihre Musik setzt sich aus Elementen des Rock, Punk und Pop zusammen. Die Texte werden von Sebastian Madsen fast ausschließlich auf Deutsch verfasst..  Mehr auf: Wikipedia
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