Fuck it, wir schaffen das!

Kurz vor halb sieben Abends liefen die Leute in der Arena bereits auf und ab. Die letzten Vorbereitungen für das MAD CADDIES & BELVEDERE Konzert waren im Gange und ich war bereit für mein Interview mit Steve von BELVEDERE. Der Backstage-Raum in der großen Halle war voll, also hatten  wir unser Interview in einem kleinen Lagerraum neben der Bühne.


Das war mein Weg, um zu sagen, wenn wir in Frieden und auf Verständnis-Basis leben, dass wir viele von unseren Problemen lösen könnten.


Hi Steve! Schön dich wieder zu sehen.

Steve: Hi, ja schön wieder hier zu sein, danke fürs Kommen!

Klar. Letztes Jahr wart ihr mit BELVEDERE in Europa auf Tour und Anfang des Jahres wart ihr gemeinsam mit den MAD CADDIES in Südamerika unterwegs. Wie ist es für dich, jetzt wieder zurück in Wien zu sein?

Es ist sehr schön. Ich liebe diese Stadt sehr. Wir waren eben vor ca. eineinhalb Jahren hier,
glaube ich. Wir waren mit DARKO (UK) und Walt Hamburger (US) auf Tour und das war absolut genial und wir hatten viel Spaß. – Local Support in Wien war INSANE HABITS (AT).

Du hast BELVEDERE 1998 gegründet, wenn ich mich nicht irre?

1995

belvedere band

Ah 1995, aber ’98 habt ihr euer erstes Album veröffentlicht, richtig?

Genau, wir hatten ein Compilation Album und wir waren damit ein bisschen auf Tour. Aber ja 1995, gegründet, gerade als ich frisch aus der Highshool kam.

Cool, aber seitdem hat sich die Band sehr verändert, und soweit ich weiß, bist du das letzte Gründungsmitglied der Band?

Ja genau, aber das bin ich schon schon lange. Jay und Scott kamen 1998 in die Band und waren dann für 20 Jahre dabei, aber über die Zeit gab es dann einige Veränderungen. Eine paar wollten weiterspielen und auf Tour gehen und andere nicht und ich verstehe das.
In den 40ern hat man halt verschiedene Prioritäten, haha.

Wenn du an BELVEDERE als Band denkst, was hat sich verändert und was ist für dich noch immer so wie vor 20 Jahren?

Hmm, vielleicht mein Fokus und die Zeit, um ein schönes Recording zu machen. Früher war es so, vier Tage im Studio, mach so viel wie geht und es war egal wie es geklungen hat, Hauptsache raus damit und geh wieder auf Tour. Und damals hatten wir auch nicht so viel Budget. Aber was sich definitiv nicht verändert hat, ist, dass ich noch wie ein 15-jähriger so froh bin, dass ich Shows spielen kann. Wir hatten über die Jahre einige tolle Touren. Unsere eigenen Tours, aber auch die von den Bands, wie diese mit den Caddies, ist ein gutes Beispiel dafür. Ich fühle mich wirklich glücklich, dass wir noch so etwas machen können. Das wird sich nie verändern, ich liebe es.

Voll, und das hört man definitiv live und auf euren Alben. 2019 hattest du dann Dan an der Gitarre und Ryan am Bass, was haben die beiden mit an Tisch gebracht in Bezug auf euer Song-Writing?

Vielleicht eine frische Perspektive auf die Dinge. Wir waren dann an vielen Orten auf Tour, wo die beiden noch nie vorher waren. Das war extrem spannend, nicht nur für die beiden, sondern auch für mich, dass man es wieder durchlebt, mit Leuten, die das alles zum ersten Mal sehen. Vorallem sind Dan und Ryan extrem gute Musiker und gute Menschen. Wir haben auch einfach super zusammen gearbeitet. So etwas fühlt sich einfach gut an. Egal welches Problem wir haben, es heißt einfach “Fuck it, wir schaffen das” und alle gehen in die gleiche Richtung.

Cool,  ja. Und euer letztes Album, “Hindsight Is The 6th Sense” war auch sehr erfolgreich, und ich muss sagen, der Sound ist ziemlich prägnant, es ist schnell, es ist hart und besonders die Drums, die sind so verdammt hart und knallen ordentlich durch. Einer meiner Lieblingssongs ist “Good Grief Retreat” und ich hoffe wir hören ihn heute…

Haha, danke. Auf jeden Fall

Habt ihr ein Recording besonders viel Wert auf die Drums gelegt?

Ja, das liegt daran, dass Casey, unser Drummer, unser Sound-Engineer ist haha. Er sorgt dafür, dass alles gut klingt. Aber wir haben natürlich zusammen an dem Album gearbeitet, und er hat sicherlich einen tollen Job gemacht. Und du weißt, manche Bands wollen wie andere Bands klingen und auf etwas referenzieren, und deshalb klingt auch echt viel gleich, wenn jede Band wie Band XY klingen will. Deswegen wollten wir einfach, dass es so echt wie möglich klingt, keine Fake Samples. Es soll klingen wie echtes Drum-Set, wie echte Amps und
so weiter. Vielleicht mögen das manche nicht, aber einige Leute haben gesagt, dass sie es wirklich lieben. Im Endeffekt ist es Geschmackssache, aber “wir” wurden halt schon drauf konditioniert, dass wir alle auf dieselben Formatierung und dieselben Sounds von ganzen Alben stehen.

Einer von euren letzten Songs ist “Camera Obscura”. Hast du eine besondere Beziehung zu der Wissenschaft? Denn es ist ein ganz alter Begriff, der die erste Kamera der Welt beschreibt.

Ja, ich weiß nicht. Es geht darum, dass man die Welt durch die Linse von jemand anderem betrachtet. Es ist nicht nur ein Religion-Song, es ist nicht nur die Charakteristik von Religion, es ist einfach so, dass jeder etwas anderes sieht, ob man an eine Götter-Bedeutung glaubt, oder ob man nur an die Welt glaubt und so weiter. Und mein größter Punkt ist, dass dieser Glaube, oder die Religion gegen die Menschen verwendet wird und als Waffe verwendet wird. Das war mein Weg, um zu sagen, wenn wir in Frieden und auf Verständnis-Basis leben, dass wir viele von unseren Problemen lösen könnten. Aber oft haben wir diese Organisationen ganz oben, wie Regierungen, die uns gegenseitig ausspielen, sodass wir so beschäftigt damit sind, uns gegenseitig zu bekämpfen, sodass wir gar nicht mitbekommen, wie wir hinters Licht geführt werden.

Wow, das war eine gute Frage, die wenigsten Leute fragen mich nach “Camera Obscura“!

Ja, der Titel und die Lyrics haben mich einfach angesprochen.
In Bezug auf die Regierungen und Organisationen – ich habe vor kurzem eine deutsche Punkrockband interviewt,die heißen ITCHY…

Ja, die kenne ich, also nicht persönlich, aber ich habe ihre Band immer verfolgt.

Cool, ich habe später eine Frage von ihnen für dich. Aber auf jeden Fall, ich hatte vor kurzem ein Interview mit ihrem Schlagzeuger, Max und der meinte “es würde der Menschheit besser gehen, wenn jeder ein bisschen weniger Arschloch wäre”…

Haha, definitiv ein guter Hinweis.

Ja, absolut. Bevor wir das Interview begonnen haben, hast du kurz erwähnt, dass du auch auf dem PUNKROCK FACTORY-Album singst, wo sie die Disney Songs covern und ihr habt doch auch mit Roger von LESS THAN JAKE eine Kollaboration gemacht?

Ja, Roger ist großartig. Wir waren vor ein paar Jahren in Brasilien mit LTJ auf Tour und haben dann connected. Und ich so “Wir veröffentlichen bald ein neues Album, magst du darauf singen?” und er meinte nur “Ja klar!” haha. Er hat uns dann ein paar Ideen geschickt, und er war voll begeistert.

Haha, mega. Und hast du etwas von ihm gelernt?

Ah, nicht wirklich. Wir sind gleich voll ins Arbeiten gekommen und er war auch mit seinen eigenen Recordings beschäftigt im Studio.

Und hören wir in Zukunft mehr Kollaborationen?

Da habe ich noch gar nicht darüber nachgedacht, aber vielleicht, es macht auf jeden Fall einen Haufen Spaß.

Wenn du jetzt an eure ganze Bandgeschichte denkst, was waren ein paar deiner Lieblings-Gigs?

Phuu schwierig, aber ich glaube vielleicht als wir unsere Headlining Show in Montreal hatten. Wir kamen gerade von einer Tour mit BAD RELIGION zurück und dann haben wir unsere eigene Show gespielt und die Leute sind abgegangen, das kannst du dir nicht vorstellen und wir konnten es eben gar nicht fassen, dass die Leute tatsächlich wegen uns kamen. Das war 1999 und da haben wir zum ersten Mal realisiert, dass das mit Band wirklich funktioniert. Und wir hatten großartigen Support von den MAD CADDIES und den SATANIC SURFERS.

Nach unserer Auflösung 2005 und unserer Re-Union 2012 spielten wir eine Show im Opera-House und unser Promoter war total begeistert und wir dachten eigentlich, dass diese Location viel zu groß ist für uns, aber meinte nur “Keine Sorge, das wird gut!” und kurz nachdem wir die Daten bekannt gaben, waren die Shows ausverkauft und das war so ein großartiges Gefühl und die Shows waren genial und dann gingen wir wieder dazu zurück, was wir normalerweise hatten, haha. Aber das war dieses eine Mal, wo es richtig geil war. Aber zum Beispiel auch das erste Mal, als wir in Japan gespielt haben, war genial.

Boa, aber wir haben auch mal ein Festival in Columbia, kurz vor COVID, gespielt und das war vielleicht die größte Show die wir jemals gespielt haben.

Aber das sind eigentlich nur Ausschnitte und es gibt so viele geile Momente, auch wo wir nur vor 30-50 Leuten gespielt haben.

Und wer weiß, was noch kommt. Arbeitet ihr gerade an einem neuen Album?

Jetzt gerade machen alle etwas Eigenes. Aber wir werden hoffentlich bald wieder ein paar Jams machen. Vielleicht im Winter. Ryan lebt in Toronto und wir schicken uns gerade einfach viel übers Internet hin und her. Und jeder hat auch andere lokale Projekte.

Cool, dann freue ich mich schon darauf, was im Winter kommt. Meine letzte Frage ist, wie angekündigt von ITCHY: Was magst du lieber, deutsche oder österreichisches Bier?

Haha, Mann keine Ahnung, vielleicht keins von beiden…

Hahaha. Sag bitte bloß nicht amerikanisches oder kanadisches…

Haha, niemals. Belgisches Bier finde ich ziemlich geil, wie Duval zum Beispiel, das hat mich eigentlich zum Bier gebracht. Das war sowas wie die Einstiegsdroge für mich haha.

So jetzt auch noch eine Frage, die du vielleicht unserer nächsten Band mitgeben willst?

Was gefällt euch am besten, wenn ihr durch Europa tourt? Also die kleinen Dinge, nicht unbedingt Bier haha, aber was auch immer euch beeindruckt, Lebensstil, Architektur…

Und aller letzte Frage, was möchtest du unseren Lesern noch mitgeben?

Danke, dass ihr unsere Band hört. Es ist interessant eine Band wie wir zu sein, wir sind wie eine Fliege an der Wand, wir spielen seit 30 Jahren mit all diesen Bands und wir sind glücklich, dass wir das tun können und jeder Tag ist wie ein Geschenk und hoffentlich bringen wir bald wieder neue Musik raus.

belvedere interview 2023


Band-Links:
belvedere interview BELVEDERE - Steve Rawles

 

 

Band-Biografie (Quelle Wikipedia)
Anfangs als Studioband geplant, konnte sich die Gruppe eine Fangemeinschaft aufbauen. Sie waren für ihre unglaubliche Geschwindigkeit und ihre für Punkrockverhältnisse sehr melodiös gestalteten Texte bekannt, weshalb sie auch z. B. auf der Warped Tour mitspielten. Die Band löste sich 2005 nach vier Albumveröffentlichungen und einer Abschiedstour im November desselben Jahres in Kanada auf. Das letzte Konzert fand in ihrer Heimatstadt Calgary statt. Mehr auf: Wikipedia
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