Einfach Sachen, die mich gerade beschäftigen

Im Zuge ihrer fulminanten Live-Show im Liner Kapu trafen wir uns mit Sänger Hakan Halaç, Gitarrist Ferhan und Basser Karsten von der ambitionierten Post-Hardcore Truppe KORA WINTER. Ein symapthisches und unterhaltsames Gespräch über das aktuelle Werk „Gott Segne, Gott Bewahre“, die Anfänge der Band und vieles mehr entstand dabei. Und das möchten wir hier mit euch teilen.


ch will auf jeden Fall ein bisschen experimenteller – klingt irgendwie verrückt es so zu nennen – also mehr Genres noch auslotenHakan


Ich muss zugeben, ich habe euch auch erst kürzlich für mich mit eurem neuen Album entdeckt und bin auch vorgestern erst informiert worden, dass ihr hier in meiner schönen Heimatstadt Linz spielt. Und da ich hier zum Konzert eingeladen wurde, wollte ich es mir auch nicht nehmen lassen, um mit euch zu quatschen.

Für mich fühlte es sich etwas an, was die Promo-Maschinerie und so weiter betrifft, auch im Vergleich zum vorigen Album, wo ich reingehört hab, dass ihr damit quasi richtig durchstartet… Wie fühlt ihr euch im Moment damit?

Hakan: Ich habe auf jeden Fall das Gefühl, dass mehr Leute darüber reden und dass man wahrgenommen wird als Band mit der man irgendwie rechnen sollte. Aber ich glaube auch, dass die Leute sich zum Teil noch… Ich meine es gibt wohl Diskussionsbedarf. Aber so vom richtig durchstarten, spüre ich aktuell noch nichts.
kora winter interview

 

Was nicht ist, kann ja noch kommen.
Ich habt ja im Dezember schon ein paar Gigs gespielt und gestern in Wien. Gab es auf der Tour schon nennenswerte Erlebnisse, Highlights oder auch pannen?

Hakan: Wien! Das war wirklich krass…
Karsten: Ich hatte da ein etwas schwieriges Konzert, weil mir der Bass-Gurt gerissen ist und nicht nur der ab war, sondern die Schraube, die den Gurt hält, ist abgebrochen und musste plötzlich den Bass so in der Hand gehabt und musste irgendwie für Ersatz sorgen. Das war ein bisschen schwieirg, aber die Stimmung war mega gut. Man muss halt sagen in den Viper Room passen 300 Leute rein und es waren so 40 zahlende Gäste da. (lacht)
Auf jeden Fall gaben die Leute, die da waren so viel Energie, so dass es eigentlich kein besserer Start hätte sein können.

Hakan: Es war tatsächlich eine der besten Shows Energy-technisch. So in der ersten Hälfte hatten wir noch einige Pannen. Ferhan ist eine Saite gerissen und Max hat so seinen Stick aus Versehe durch die Gegend gepfeffert und sich etwas verspielt. Das war irgendwie schon Comedy-Like. Normalerweise sind unsere Shows shcon sehr krass durchgetaktet. Ich weiß genau an welcher Stelle ich mit den Leuten interagiere und wo die High- und Lowpoints sind. Gestern war das irgendwie anders und mehr so: „Lass einfach mal machen, wir stecken jetzt alle da mit drinnen“. Dann war es ein kleines, familiäres Erlebnis. Und die Energy war halt einfach crazy.

Karsten: Wir haben ja im Oktober schon die ersten Shows gespielt. Da gab es noch weitere Highlights. In München haben wir im Blitz gespielt, das ist eigentlich so eine Tekkno-Club ist. Da haben wir am Main-Floor gespielt mit dieser krassen Tekkno-Anlage. Aber auch die Release-Show in Berlin war super. Außerdem das erste Mal in Frankfurt in so einem kleinen Gewölbe-Keller. Das waren so erste Male, die sich krass anfühlen. Da waren zwar jetzt nicht irre viele Leute, aber die die da waren sind auch geblieben und hatten eine gute Zeit.

Ich bin schon sehr gespannt auf die Show heute. Ich weiß ja nicht, ob ihr informiert seid, aber das Kapu ist schon ein legendärer Club, wo auch einst NIRVANA vor ihrem großen Durchbruch gespielt oder auch SEPULTURA waren hier.

Ferhan: Klar wir sind schon den ganzen Backstage-Bereich abgelaufen und gekuckt, ob sich NIRVANA hier irgendwo verewigt hat. Aber da meinte jemand, dass das alles mal überstrichen wurde vor einiger Zeit. Aber VOMIR hat hier mal gespielt. Das ist dieser Noise-Artist, der sich immer eine Tüte über den Kopf überzieht und auch alle im Publikum mussten das auch machen.

Es gibt hier auch immer krasse Weihnachtsfeiern auf allen drei Stockwerken.

Karsten: Krass. Es ist auf jeden Fall eine Ehre hier zu spielen und wir freuen uns schon.

Kurz zurück in die Vergangenheit. Stimmt es, dass ihr 2014 angefangen habt und somit zehn Jahre schon feiert? Und dazu noch die Frage, wie ihr eigentlich zu eurem Bandnamen gekommen seit und ich habe gelesen, dass ihr eine Metal-Band machen musstet, weil euer Drummer sich Doublebass Kick-Drums gekauft hat…

Hakan: Keiner von uns hatte explizit die Idee eine Metal-Band zu machen, aber Max kam mal um die Ecke mit seinem Double-Bass Pedal und meinte, wir wollten ja ne Band machen. Und wir so Ok, dann ist es jetzt irgendwie eine Verpflichtung. Dann haben wir angefangen. Wir hatten auch alle schon Lust auf härtere Musik. Aber was die Musik betrifft, sind wir alle aus anderen Richtungen gekommen. Aber der Bandname der ist mir irgendwann mal zugeflogen.

Also keine tieferer Hintergrund?

Ferhan: Ne, aber eine Zeit lang haben wir uns da Lügen zu dem Namen ausgedacht.

Und welche davon war die Beste?

Karsten: Die Sulaiman?
Hakan: Erzähl du einfach deine Lieblingsgeschichte
Karsten: Alos Kora ist auch ein Westafrikanisches Saiten-Instrument. Der Gedanken hinter der Geschichte war, dass keiner in KORA WINTER Gründungsmitglied ist. Und zwar ist Gründungsmitglied Sulaiman aus Senegal, der Kora spielt und ein Auslandssemester an der TU Berlin gemacht hat und dort mit seiner Kora Volksmussik zu spielen anfing. Und nach und nach sind Musiker von uns dazugestoßen. Dann war aber seine Zeit hier vorbei und wir haben ihn gefragt, ob wir weiter KORA WINTER sein dürfen. Und so entstand der Name KORA WINTER, weil Kora hat er gespielt und in Deutschland war es für ihn immer mega kalt im Winter.
Hakan: Mir fällt dabei gerade erst auf, dass ich gar nicht weiß, ob Sulaiman übehaupt typisch in Senegal ist…
Karsten: Ich hab damals recherchiert… und ja. Aber die Recherche war jetzt auch nicht irre lang (lacht)

Kommen wir zum Album „Gott Segne, Gott Bewahre“. Ihr meintet gerade, dass ihr nicht alle aus dem Metalsektor kommt und das hört man auch, denn ihr kennt keine Grenzen und mischt Genres. Aber auch lyrisch sind Grenzen für euch ein Thema. Man weiß ja was gerade in Deutschland los ist zu dem Thema und auch in Österreich tun sich da ähnliche Dinge leider. Da passen ja die Texte von euch teilweise wirklich erschreckend gut. Wie geht ihr eure Texte an oder was inspiriert euch? Es ist ja nämlich jetzt nicht alles zu ernst, denn es gibt ja auch das eine oder andere Augenzwinkern.

Hakan: Ab und zu ja. Die Texte mache ich schon alle selber. Aber Karsten bringt manchmal Ideen rein auf denen ich aufbaue. Normalerweise fange ich an, wenn die ersten Demos stehen, was mir textlich dazu passt, also rein phonetisch. Da baue ich dann drauf auf. Wenn diese phonetischen Aspekte abgehakt sind, fange ich erst mit den eigentlichen Texten an. Und da sind es dann einfach Sachen, die mich gerade beschäftigen.

Ehrlich gesagt war es nicht meine Intention ein politisches Album zu machen. Es waren halt einfach Dinge, die mich bei der Entstehung des Albums beschäftigt haben. Das waren eben so Dinge wie Migration, Sexualität, Männlichkeit, Macht und Geld. Das hat dann einfach ineinandergegriffen. Und viele dieser Dinge verbinde ich dann auch.

Eine Frage, die ich Bands, die politisch sind oder zumindest für irgendetwas einstehen oder zu gewissen Themen Stellung beziehen wie zuletzt ROME, gerne stelle:

Wie sieht es da bei euch mit Anfeindungen und so weiter via Social Media an. Gab es da bereits Nachrichten und wie geht ihr mit so etwas um?

Hakan: Ich glaube ich habe ein paar so Foren-Einträge gelesen. Da habe ich gemerkt, dass dieser politische Aspekt gar nicht so das Problem ist. Anscheinend ist manchen die Vortragsweise schon zu sperrig. Weil es halt nicht der klassische Metal ist. Anfeindungen wegen des Albums haben wir bisher nicht bekommen.
Karsten: Es gibt hier und da mal einen Youtube-Kommentar wie: „Das ist Müll“, oder so etwas. (lacht)
Hakan: Die Rockhard-Rezi war da sehr komisch. Der meinte, dass man das Album nur versteht, wenn man aus Berlin kommt. Ich hatte das Gefühl, dass der das Album, wenn überhaupt, nur zur Hälfte gehört hat. Das verstehe ich nicht.
Karsten: Die größte Anfeindung war damals bei dir die Jan Josef Liefers Geschichte.

Ok, das Ganze kann man ja genug im Internet nachlesen. Zum Song „BBDDSSMM“ habt ihr ein sehr cooles Video gemacht. Was könnt ihr mir dazu erzählen?

Hakan: Anstrengend. Wir hatten da einen riesen Stress. Die Person, die mit uns gedreht hätte und Regie machen wollte ist uns super kurzfristig abgesprungen. Wir mussten dann quasi innerhalb weniger als einer Woche das komplette Video auf die Beine stellen. Wir hatten dann noch jemand, der in dem Prozess dabei war und der hat die Regie dann komplett übernommen. Aber die alte Idee konnten wir nicht 1:1 übernehmen, weil sich die abgesprungene Person kreativ ausgeraubt gefühlt hat. Und das haben wir auch respektiert. Da ist dann viel spontan passiert und nicht alles war geplant.
Karsten: Wir mussten dann alles an einem Tag drehen und hatten dann auch Glück, dass die Person, die da noch mit drin hing, und eigentlich nur für die Kostüme zuständig war, aber dann auch die Regie übernahm, einen Cinematographen organisiert. Wir hatten zwei Sets, aber als wir beim ersten Set fertig waren, mussten wir nachmittags noch das zweite Set suchen, um in den Abendstunden drehen zu könne. Zum Glück ist aber alles gut gelaufen. Aber es war ein langer, anstrengender und stressiger Tag. Aber die Leute haben super gearbeitet.

Wir geht ihr das Songwriting an? Die Songs sind ja sehr komplex und abwechslungsreich. Klingt auf jeden Fall nach viel Arbeit.

Karsten: Der Prozess hat sich über die Jahre immer etwas verändert. Wir sind eine sehr demokratische Band, in der jeder seine Ideen einfließen lässt. Das hat früher auch zu starken Konflikten geführt und war auch manchmal etwas frustrierend. Aber mittlerweile haben wir ein gutes Konzept. Aber meist fängt es mit einer guten Riff-Idee von einem der Gitarristen. Und Hakan und ich sind dann im Arrangieren ganz gut.
Wir haben dank Covid jetzt auch besser gelernt uns selber aufzunehmen und jeder von uns hat einen Laptop mit einem Bearbeitungsprogramm und können also gut aufnehmen und auch schon Drums programmieren. So sind wir schneller in der Vorproduktion drinnen, damit wir besser hören können, in welche Richtung es geht. Und dann ist nicht von der Hand zu weißen, dass Hakan was die Produktions-Skills betrifft, sehr viel dazu gelernt hat. Da bekommen wir schon sehr gutes Feedback.

Hakan: Es wird zurzeit nicht mehr zu fünft gemiensam in einem Raum geschrieben. Beim ersten Album „Bitter“ war das noch so, dass wir das komplett gemeinsam gemacht haben. Wir mussten lernen, das abzulegen und ich bin auch ganz froh darüber.
Karsten: So ein Song wie „Marmelade“. Da hatte Yuki (Gitarrist), der leider heute nicht hier sein kann, weil er sich um seine kranken Kinder und Frau kümmern muss, ein Riff geschrieben. Hakan und ich waren da alleine im Proberaum und ich hab da die Spuren für die Demo eingespielt und er hat das arrangiert und dann stand die erste Demo schnell. Dann kam Fehran noch und hat seine Spuren drauf gelegt.

Ihr macht ja fast alles selber. Ihr habt ja sogar ein eigenes Label namen Aufewigwinter, auf denen Hakan ja auch seine Solo-Sachen veröffentlicht. War das von vornherein eine Prämisse, dass ihr das so angeht oder gab es da Erfahrungen, die euch dazu gebracht haben? Ist ja eher selten, dass eine Band auf eurem Niveau noch alles alleine macht.

Hakan: Ja, vor allem weil man unterschätzt, dass Label-Arbeit auch wirklich Arbeit bedeutet. Wir haben da anfangs mal einfach einen Label-Namen hingeklatscht. Aber dadurch, dass unsere Ambitionen und unser Anspruch relativ hoch sind, ist auch unser Anspruch an die Label-Arbeit hoch. Wir haben mit dem Album jetzt einfach gemerkt, dass man da schon Start-Up mäßige Arbeit leisten muss. Das ist jetzt nicht für jeden empfehlenswert. Wir hatten es von Anfang an nicht einfach, da wir ja mit vielen Stilen brechen. Das hat gerade in der Anfangszeit für viele Labels ein Risiko dargestellt. Wir waren damals auch noch nicht so gut vernetzt. So haben wir uns da rein gearbeitet. Es steht nicht fest, dass es immer DIY bleibt. Wenn es sich ergibt uns Sinn macht, bin ich da auch nicht Anti. Nicht mehr! Da war ich früher anders.

Ich finde es auch bewundernswert und mutig, so wie auch euren Stil. Man entdeckt heute noch selten so kreative und einzigartige Bands. Wo wir grade bei kreativ sind. Was ist deine Ambition hinter dem Solo-Zeug. Ist das einfach Material, das so mit der Band nicht verwirklichbar ist?

Hakan: Auf jeden Fall. Ich will auf jeden Fall ein bisschen experimenteller – klingt irgendwie verrückt es so zu nennen – also mehr Genres noch ausloten. Auch mehr trial and error. Aber mein Anspruch ist da auch groß. Vielleicht auch mehr Kollaborationen. Mal sehen, wo das so hingeht. Es ist auch flexibler. Ich hab da gestern im Backstage gesessen und einfach produziert. Da muss ich nicht mit anderen Leuten herumarbeiten.

Was steht nächstes Jahr an?

Ferhan: Wir würden schon gerne die Festival-Saison in Angriff nehmen. Aber danach ist schon das nächste Songwriting geplant. Bzw. das passiert auch schon. Die ersten Ideen schwirren schon herum. Aber wir freuen uns auch nach dieser doch recht stressigen Tour Phase einfach wieder uns darauf zu konzentrieren, nämlich was uns am meisten Spaß macht, nämlich Songs zu schreiben. Es ist zwar nicht immer so einfach, aber dass der Prozess jetzt schon einfach funktioniert und wir uns auf unsere Stärken verlassen, anstatt wieder in Diskussionen zu gehen. Das wäre auf jeden Fall der Plan.

kora winter live 2024 kapu linz

Dadurch, dass ihr doch einen recht einzigartigen Stil habt, passt die Frage glaube ich ganz gut. Wenn ihr einem Tauben erklären müsstet, wie würdet ihr kurz und Bündig euren Stil zusammenfassen?

Hakan: Es ist auf jeden Fall… hm schwer. Aber vielleicht so
Ferhan: Vielleicht sollte man da dann die Emotionen hervorheben
Hakan: Es klingt wie Rot auf Schwarz mit ein bisschen Lila und Dunkelblau. (lacht)
Karsten: Ja genau. Aber teilweise mit gestrichelten Linien, manchmal Punkte, aber auch sehr geschwungene Linien.
Hakan: Kennst du das, wenn man mit einer Spraydose die ganze Zeit auf einen Punkt hält. Das mach für drei Stunden. (alle lachen)

Dann spielt ihr heute auch drei Stunden?

Hakan: Gott bewahre! (alle lachen)

Danke für das coole Gesräch. Möchtet ihr euren und zukünftigen Fans noch etwas mitgeben?

Hakan: Aufewigwinter!
Ferhan: Ich hoffe auf jeden Fall, dass wir bald wieder nach Österreich kommen können!

kora winter interview 2024

 


Band-Links:

KORA WINTER - Hakan, Ferhan & Karsten KORA WINTER - Hakan, Ferhan & Karsten

 

 

Band-Biografie (Quelle musik.fandom.com)
Kora Winter ist eine deutsche Musikgruppe aus Berlin, die 2014 gegründet wurde. Die Gruppe singt hauptsächlich in deutscher Sprache und bewegt sich musikalisch zwischen Metal, Hardcore, Alternative Rock und Progressive. Mehr auf: musik.fandom.com

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