Shredfest ist Familienfest! Und so rund um Ostern passt das ja auch. Nicht nur, dass wir an diesem Abend wieder vier feine Undergroundbands verschiedenster stilistischer Colleur treffen und entdecken durften, auch Bekannte, Freunde und – in meinem Fall wortwörtlich – Familie wurden in der Stadtwerkstatt getroffen. Kreativ und abwechslungsreich sind die Veranstalter seit eh und je und so durften die Post-Hardcore Durchstarter von GYFTH mit den nagelneuen Noise-Rock Helden KRAMURI den Abend Co-Headlinen, während die Death Metaller AMONG RATS und die melodischere Variante des Genres in Form von RECKON DEATH den Abend eröffnen.
Zum Sonnenuntergang war die Treppe vor der Stadtwerkstatt schon wieder gut besucht und einige Biere dort vernichtet, ehe recht pünktlich RECKON DEATH, die sich erst 2020 in Linz formierten, hier aber bereits ihr Potential eindrücklich zeigen konnten. Furiose Riffs, noch abgefahrenere Soli, flotte Melo-Death Beats und kühle, nordische Keys dominierten das Geschehen, während Sängerin und Gitarristin Pia mit harschen, rauen Vocals durch das Set führte. Das klingt doch bekannt? Auf jeden Fall machen die Linzer keinen Hehl um ihren Haupteinfluss und so meinte eine befreundete Kollegin liebevoll: Wie CHILDREN OF BODOM auf Wish bestellt“, was die Truppe aber nicht zu kritisch sehen sollte, denn irgendwie stimmt der Satz (noch). Technisch macht das Quartett vieles richtig, die Musik macht Spaß und regte den halbwegs gut gefüllten Saal zum Mitmachen und Abgehen an. Ein Stück zu ihren Idolen fehlt ihnen jedoch noch und etwas mehr eigene Identität wären für die Zukunft aber durchaus wünschenswert. Somit haben RECKON DEATH vieles richtig gemacht und wir sind gespannt, was wir in Zukunft noch von dieser ambitionierten Truppe zu hören bekommen.
Setlist RECKON DEATH:
The Toxic Spell Of Torment
Nightfall
Jetblack Soul
Incubus
Nightshadow
Frostbitten
Lightning Bolt
Truth Unveil
–
Incubus
Die ebenfalls aus Oberösterreich stammenden Herren von AMONG RATS sind dagegen schon alte Hasen und seit mittlerweile fünfzehn Jahre im Geschäft. Seit der 2015er Compilation „A.R.“ ließ die Truppe nicht mehr viel von sich hören und legte von 2018 bis 2021 auch eine komplette Pause ein. Davon war aber nichts zu spüren, denn tight und routiniert ballerten die Vöcklabrucker gekonnt, wenn auch etwas gleichförmig durch ihren Death-Grind, der kurzweilig und kompromisslos auf die Linzer Fangemeinde losgelassen wurde. Von flottem, hektischem Geballer über groovende Tracks bis hin zu fast doomigen Parts war dennoch alles dabei für Fans von Truppen wie NAPALM DEATH, BOLT THROWER oder OBITUARY. Da auch der Sound sowie die Stimmung im Saal der STWST großartig waren, kann man auch AMONG RATS nur zu diesem Auftritt gratulieren.
Setlist AMONG RATS:
Show The Fear
Admit The Cruelty
Trained To Drill
There Is No End
Hopeless Doom
Human Dignity Rape
Squinting Eye
Blood Boil
The Final Step
Forbidden Thoughts
Economy
Dennoch schafften es KRAMURI, die hier erst ihren dritten Auftritt überhaupt absoliverten, die Stimmung mühelos zu intensivieren. Die Truppe rund um Veteranen aus verschiedensten Bands und Genres, legte gewaltig los. Wabernder Sound, flirrende Gitarren und natürlich noisy-intensive Vocals brachten die Leute sofort in Wallung und Bewegung. Neben zahlreichen Hitkandidaten vom selbstbetitelten Debüt, welches vor nicht mal einem Jahr erschien, gab es auch schon ein zwei neue Tacks, spirch „Whisper=Copy“ und den spannenden Titel „Life Eats Life“, als Vorgeschmack des hoffentlich bald erscheinenden Zweitwerkes. Dagegen standen das tonnenschwere „Lurker“ oder das eindringliche „Shove“.
Dementsprechend war die Atmosphäre im Saal genial, die Leute jubelten, pfiffen und schrien lautstark zwischen den Songs und wie es sich für ein familiäres Underground-Konzert dieser Art sich gehört, wurde munter rumgescherzt. Viel gequatscht wurde dennoch nicht, denn der ultratighte Auftritt bestach auch durch Timing und Intensität, die man nicht unterbrechen wollte.
Setlist KRAMURI:
More
Try
Whisper=Copy
Bait
Lurker
Earnest
You’re Almist As Special As My Space Jesus
Life Eats Life
Shove
Den letzten Act des Abends gaben die Jungs von GYFTH, die mir bisher noch kein Begriff waren. Doch das wird sich für die Zukunft auf jeden Fall ändern, denn der auf Deutsch vorgetragene, intensive Post-Hardcore zündete auf Anhieb. Teils tonnenschwere Riffs, treffen hier auf filigrane Gitarreneinsätze und emotional gebrüllte Vocals. Dabei setzen die Herren aber nicht nur auf Atmosphäre, sondern auch auf Abwechslung. Und so fegte der musikalische, – aber auch physische Orkan, wenn man die bewegungsfreudige Performance beachtete – mühelos über die STWST hinweg und bescherte den Anwesenden eine kurzweilige und schweißtreibende Zeit, die mit der absoluten Eskalation endete. So rief die Band noch einen Gast auf die Bühne, der sich zunächst etwas zierte, dann aber doch mitmachte und so ging es auf und vor der Bühne mit LIMP BIZKITs „Break Stuff“ nochmal komplett rund. Mag ein gewaltiger Stilbruch gewesen sein, aber was für ein geiles Finale war das bitte?! Eskalation pur!
Setlist GYFTH:
Sich Schüchtern Einbauen
Blaupause
Opfer!
Schnee Über Wien
(Bruder) Muss Los
Ansturm
Salz & Staub
Break Stuff (LIMP BIZKIT)
Ich glaube nicht, dass jemand jemals unzufrieden vom Shredfest nach Hause gegangen ist, denn ähnlich wie einst das Overdose im Posthof, ist dieses Fest in der Steel City ein Fixpunkt für viele Underground-liebende Metalfans, die hier vier interessante, wie starke Bands erleben durften und zudem sicher wieder einige bekannte und Freunde wie neue gleichgesinnte getroffen haben.