Rund um die frühen 2000er konnten die deutschen Wölfe von POWERWOLF gemeinsam mit SABATON eine neue Welle des Power Metal auslösen, auf die Truppen wie BLOODBOUND oder BATTLE BEAST aufsprangen. Dabei handelt es sich um eine reißerischere, pathetischere und fast schon poppigere Ausrichtung. Außerdem steckt oft ein Konzept hinter diesen Bands. Während sich die genannten schwedischen Vorreiter fast ausschließlich mit Krieg befassen, geht es bei den Wölfen um Transyllvanien, Satanismus mit Augenzwinkern und um Werwölfe.
Auch das nun schon zehnte Album der Truppe aus dem Saarland macht da keine Ausnahme. „Wake Up The Wicked“ ließ eine Spur länger auf sich warten als gewohnt. Drei Jahre nach „Call Of The Wild“ hat sich nicht viel verändert im Hause POWERWOLF. Kirchenorgel, eingängige Mitsingrefrains, düstere Grundstimmung und flotte Riffs sowie tighte Beats sind nach wie vor ebenso wie die erwähnten lyrischen Themen in der DNA der Powerwölfe.
Als langjähriger Verfolger der Truppe muss ich aber sagen, dass hier trotz ein paar neuer Ideen und Details die Abnutzung schon ziemlich einsetzt. Das liegt auch daran, dass viele Rhythmen, Melodien und Chöre einfach schon bekannt klingen und man z. B. in „Joan Of Arc“ meint, SABATON zu hören. Dies war bereits bei „Sainted By The Storm“ der Fall, das im Intro fast identisch klingt. Den gelungenen Kinderchor in „We Don’t Wanna Be No Saints“ kennen wir in sehr ähnlicher Form bereits von FREEDOM CALL oder später auch BLOODBOUND, und irgendwie will nichts stilistisch herausstechen oder sich als echter Hitkandidat anbieten.
Aber genug gejammert, denn POWERWOLF nutzen ihre Erfahrung im Songwriting dieses Mal so gut wie nie. Die Tracks sind kompakter und knackiger. So ballert das nicht einmal drei Minuten lange „Bless ‚Em With The Blade“ in Höchstgeschwindigkeit aus den Boxen und bietet sich als neuer Live-Kracher an. Insgesamt wurde das Tempo jedoch etwas gedrosselt und nur selten wird das Gaspedal länger als 30 Sekunden durchgedrückt. Fast radiotauglich beginnt „Kyrie Klitorem“ poppig, ehe typische epische Orchestrierung und ein paar Synthies einsetzen und der Track sich dann zu einer typischen Hymne entwickelt. Folkig wird es im launigen „Heretic Hunters“, die Dramaturgie wird bei der Halbballade „1589“ in die Höhe geschraubt, und „Thunderpriest“ wird dank traditionellem Heavy Metal und durchgedrückter Doublebass zum echten Banger.
Alles in allem liefern POWERWOLF hier weder einen schlechten Song noch ein schwaches Album ab. Nach nun zehn Alben und 20 Jahren Bandgeschichte hätte ich mir aber doch etwas mehr Mut und Experimentierfreude gewünscht, da das Konzept-Korsett mittlerweile etwas zu eng wird. Hardcore-Fans greifen blind zu, Freunde der Band hören Probe oder legen ein älteres Werk ein, und Neueinsteiger dürfen auf die Wertung auch noch einen Punkt drauflegen. Außerdem geht es in Transyllvanien nach 36 Minuten auch schon wieder zurück ins Hundehäuschen, aber live werden die Herren aber mit dem neuen Material in Kombination mit den Klassikern und Hits sowieso alles anzünden.
Tracklist „Wake Up The Wicked“:
1. Bless ‚Em With The Blade
2. Sinners Of The Seven Seas
3. Kyrie Klitorem
4. Heretic Hunters
5. 1589
6. Viva Vulgata
7. Wake Up The Wicked
8. Joan Of Arc
9. Thunderpriest
10. We Don’t Wanna Be No Saints
11. Vargamor
Gesamtspielzeit: 36:25