Nach fast einem Jahrzehnt ohne Europa-Headline-Tour kehrten THE GHOST INSIDE endlich als Headliner auf die großen Bühnen des Kontinents zurück. In der Wiener Raiffeisen-Halle zeigte die Band eindrucksvoll, warum sie zu Recht als eine der bedeutendsten Stimmen des modernen Hardcore gilt. Mit dabei: GIDEON, BOUNDARIES und WE BLAME THE EMPIRE.
Den Abend eröffneten WE BLAME THE EMPIRE mit energiegeladenem Metalcore. Besonders der Gitarrist überzeugte dabei mit starkem Clean-Gesang, der den Songs eine zusätzliche Dimension verlieh. Die Österreicher, die während des Konzerts auf eine kommende Bandpause hinwiesen, verstanden es hervorragend, die Stimmung in der Halle von Anfang an hochzuhalten und das Publikum auf Betriebstemperatur zu bringen.
BOUNDARIES zeigten sich an diesem Abend in Bestform. Während der Sänger die Bühne beherrschte, war es vor allem Bassist Nathan Calcagno, der mit unbändiger Energie das Publikum mitriss. Wie ein Energiebündel sprang er über die Bühne, stachelte die Menge an und sorgte dafür, dass der Pit keine Sekunde zur Ruhe kam. Bei „Easily Erased“ überraschte der Schlagzeuger mit engelsgleichem Gesang, der einen beeindruckenden Kontrast zur Härte der Band bildete. Die Band präsentierte sich technisch absolut präzise und lieferte eine beeindruckende Performance ab. Mit Songs wie „Turning Rage Into Hate“ vom aktuellen Album „Death Is Little More“ sorgten die Jungs aus Connecticut für explosive Stimmung im Pit.
Als GIDEON die Bühne betraten, fiel sofort der markante Cowboyhut von Frontmann Daniel McWhorter ins Auge. Der Sänger kommentierte passend zum Abend nach dem ersten Lied, sein Look sei „kein Halloween-Kostüm, sondern Alabama pur, baby!“ „Bite Down“ als Opener war wie eine Kampfansage – GIDEON waren gekommen, um die Halle zu zerreißen. Der groove-lastige Sound der Band entfaltete sofort seine Wirkung – Circle Pits öffneten sich und die ersten Crowdsurfer machten sich auf den Weg zur Bühne, was den Security-Mitarbeitern erste Arbeit verschaffte. Was folgte, war ein Set voller kraftvoller Breakdowns, das stark an die Intensität von Genrekollegen KUBLAI KHAN TX erinnerte. Die Band bewies, dass sie live noch eindrucksvoller und brutaler klingt als auf Platte. Spätestens als die Menge mit einer Wall of Death das Konzert beendete, war klar, dass GIDEON ein beeindruckendes Set hingelegt hatten.
Bevor THE GHOST INSIDE ihr Set begannen, erlebte das Publikum einen bewegenden Moment: Drummer Andrew Tkaczyk nahm seine Beinprothese ab und platzierte sich an seinem speziell modifizierten Schlagzeug – ein stiller, aber kraftvoller Beweis für den unbändigen Willen der Band, die 2015 einen verheerenden Busunfall überlebte.
Gleich mit dem Opener „Death Grip“ vom neuen Album zeigten THE GHOST INSIDE, dass dieser Abend unvergesslich werden würde. Was folgte, waren 18 Songs pure Intensität. Die Band, die zuletzt beim Impericon Festival 2023 in Wien zu sehen war, präsentierte sich in absoluter Bestform. Vor minimalistischer Bühnenshow, aber mit perfektem Sound lieferten sie neben neuen Songs vor allem Klassiker wie „Engine 45“, „Dear Youth“, „Avalanche“ und „Pressure Point“, die den Pit regelrecht explodieren ließen. Die Atmosphäre im Publikum wechselte zwischen purer Energie und Momenten kollektiver Stille – Augenblicke, in denen die Verbindung zwischen Band und Fans fast greifbar wurde.
Die sehr vielen Crowdsurfer wurden von der Security professionell in Empfang genommen, während sich Circle Pits zu einem wilden, aber kontrollierten Chaos formten. Jonathan Vigil und seine Bandkollegen zeigten sich sichtlich bewegt von der Resonanz des Publikums und bedankten sich mehrfach für die überwältigende Unterstützung. Plakate mit Aufschriften wie „10 years later, still alive – thank you!“ unterstrichen die besondere Stimmung des Abends. Der kristallklare Sound in der Raiffeisen-Halle tat sein Übriges, um jeden Song zur Geltung zu bringen.
THE GHOST INSIDE Setlist:
Death Grip
Earn It
The Great Unknown
Move Me
Dear Youth (Day 52)
Split
Secret
Mercy
Dark Horse
Pressure Point
Out of Control
Wash It Away
Light Years
Faith or Forgiveness
Between the Lines
Avalanche
Aftermath
Engine 45
THE GHOST INSIDE lieferten an diesem Abend eine beeindruckende Show ab, die sowohl neue Songs von „Searching For Solace“ als auch etablierte Hits präsentierte. Der Auftritt unterstrich eindrucksvoll, dass die Band auch nach ihrer langen Europa-Abstinenz nichts von ihrer Live-Qualität eingebüßt hat – ganz im Gegenteil.