Hi Manuel, freut mich dich hier zu treffen. Ihr seid ja eigentlich mit HEILUNG auf Tour, aber es freut mich, dass ihr hier in meiner Heimat Linz eine Headliner-Show eingeschoben habt und wir somit mehr ZEAL & ARDOR erleben dürfen.
Wie läuft die Tour bisher?
Ja sehr, sehr gut. Es war irgendwie zauberhaft, dass gestern die letzte Open Air Show war und gleichzeitig hat ja der Planet entschieden, dass da auch der letzte Sommertag war. (lacht) – Also es geht sich aus, wie man sagen würde…
Ihr hattet bereits Headlinershows oder?
Ja wir hatten schon zwei. Eine in Polen und ich glaube in Deutschland auch irgendwo. Mein Kopf ist gerade Mus, sorry! (lacht)
Magst du so Clubshows und kleinere Konzerte lieber, oder stehst du mehr auf die riesigen Festivals?
Es hat beides seinen Charme. Bei Clubshows bist du richtig nah und die meisten Leute kennen dich natürlich und singen natürlich dementsprechend mit, aber wenn du auf einer großen Bühne bist, dann musst du dir die auch verdienen. Und wenn es dann klappt, ist es noch belohnender. Aber die Energie in der Clubshow ist doch nochmal etwas ganz Anderes.
Kommen wir zum neuen Album „Greif“. Ein deutscher Titel und dieses Mal gar keine deutschen Texte zu finden. Warum dann dieser Titel?
Weil der Greif in Basel, wo wir lebhaft sind, eine Rolle spielt. Es ist eine achthundertjährige Tradition in der eine kostümierte Person als Greif der reichen Seite der Stadt den Rücken zukehrt, also den Arsch zeigt. Das ist auch ein richtig cooles Kostüm und darum wollten wir das etwas breiter bekannt machen. Es ist wirklich fotogen, also hat sich das so ergeben.
Wie sind die Reaktionen bisher? Das Album klingt schon sehr überraschend anders, sage ich jetzt mal. Mir gefällt es sehr, sehr gut, brauchte aber ob des neuen Stils doch eine Eingewöhnungsphase… also um zu akzeptieren, dass da nun ein großer Schritt nach vorne passiert ist, man aber ZEAL & ARDOR definitiv noch hört. Wie kam diese schnelle Weiterentwicklung, auch dass der Sound nun viel moderner ausgefallen ist?
Uns war wichtig, dass wir nicht unsere eigene Cover-Band werden. Und das heißt halt, dass hier auch ein paar Sachen, zumindest zeitweise, etwas liegenbleiben müssen. Ich habe auch versucht klassische ZEAL & ARDOR Songs zu schreiben, hab aber gemerkt, es funktioniert zwar schon, aber man hört, dass ich da irgendwie keinen Bock draufhatte. Und das ist für mich das schlimmste, was ich machen könnte, dass dann irgendwie einfach so raus zu bringen.
Die Reaktionen sind genau wie erwartet. Ein paar Leute sind sehr beleidigt, dass wir nicht true geblieben sind und so blablabla. Wir haben aber auch neue Fans gewonnen. Wie du sagtest, man brauch eventuell eine Eingewöhnungsphase. Es ist nicht wie Fast Food, sondern etwas das man einfach gerne genießt. Wir sind sowieso eine Ananas auf Pizza Band.
Hättest du dir damals, wie du mit diesem absurden Genremix angefangen hast, erträumen können, dass du heute hier mit diesem Erfolg stehst mit ZEAL & ARDOR?
Absolut! Haha, nein! Natürlich nicht. Ich denke, dass wir mein Ziel schon in den ersten Monaten so dermaßen überschossen haben, dass alles was jetzt kommt einfach noch Bonus ist. Das ist crazy.
Stimmt es, dass die Idee durch einen „Fan“ kam, der meinte, du sollst Metal mit „Schwarzen“-Musik verbinden, wobei da das nicht sehr freundlich „N-Wort“ gefallen ist…
Ja das mit 4chan (Imageboard und eine der meistbesuchten Seiten im Netz) ist so passiert. Es ist aus einem Shitpost das ganze Ding entstanden. Und das sehe ich heute mit einem echten Lächeln. Hätte die Person damals etwas anderes geschrieben, wäre ich jetzt nicht hier und wir würden nicht reden.
Bekommt der Kerl nun eigentlich Tantiemen? (lacht)
Das sollte er eigentlich. (lacht) Wirklich. Das ist Lustige daran ist, dass die Person sicher öfter an mich denkt, als ich an sie! (lacht)
Warst du schon Fan beider Stile damals oder musstest du in gewisse Richtungen erst reinfinden und eintauchen?
Mit Black Metal war ich schon ziemlich verwandt. Und das Soulige musste ich mir lustigerweise erst etwas aneignen. Das ist komisch. Ich hatte als Teenager schon ein paar Black Metal Bands aus denen aber nichts geworden ist.
War das einfach nur so eine lose Idee oder ist da ein größeres Konzept dahinter?
Es gibt eigentlich ein Narrativ über die ersten drei Alben und dazu bin ich gerade an einem Graphic Novel. Habe aber rausgefunden, dass so etwas zu schreiben enorm viel Arbeit ist. Das braucht jetzt einen Moment.
Wie schwierig ist es jetzt diesen neuen Sound, der ja doch komplexer ist, mehr Spuren und mehr Elementen mit drinnen hat, auf die Bühne adäquat zu bringen?
Es war gar keine große Herausforderung. Ich hatte anfangs etwas Angst, dass es komplizierter werden würde, aber die Leute sind halt so kompetent, sodass die Lieder bei der ersten Probe schon den Eindruck gemacht haben… wir sollten mehr üben. (lacht)
Du nutzt für deine zwei Stimmen live auch zwei Micros. Wie bist du auf die Idee gekommen?
Ich habe es anfangs mit einem versucht und hatte da noch keine große Technik auf der Bühne. Da habe ich ziemlich schnell gemerkt, dass ich da irgendwie bescheißen muss. Und das mache ich jetzt mit den beiden Micros. Es erlaubt mir vielleicht einfach meine Fehler weiter zu machen. (lacht)
Wie sieht das mit der Bühnenshow aus. Ihr habt ja eher eine recht leere Bühne und lasst die Musik sprechen, aber vielleicht gibt es da jetzt etwas?
Nicht wirklich. Ich glaube wir wollen, dass die Leute sich auf die Musik konzentrieren. Das ist eine billige Art dafür zu sagen, dass wir einfach kein Budget dafür haben. (lacht)
Wo nimmst du generell für die Lyrics die Ideen her?
Überall ein bisschen. Seien es zum Beispiel Bücher. Ich könnte jetzt sagen, sehr wertvolle oder obskure Bücher. Aber es sind manchmal auch einfach Videospiele. Keine Ahnung, kann alles sein. Oder es ist einfach mal ein scheiß Pop-Song, den ich im Radio beim Einkaufen gehört habe und die Melodie hat mich inspiriert.
Und wie entstehen die Songs? Machst du das nach wie vor komplett alleine?
Das mache ich alleine, da bin ich einfach ein Control-Freak. Manchmal starte ich am Piano oder an der Gitarre, aber ich fange manchmal auch mit dem Gesang an. Es gibt kein Schema oder dergleichen. Leider! (lacht)
Habt ihr selbst eine Art Ritual bevor ihr auf die Bühne geht?
Ja einige. Es ist immer mehr dazu gekommen. So ist das jetzt schon ein ganzer Ablauf. Nichts Esoterisches, sondern wir schauen, dass wir auf die gleiche Wellenlänge kommen. Da hören wir laute, dumme Musik und dann gibt es noch so ein Schrei-Ding.
ZEAL & ARDOR ist die erste Metal Band, die den Schweizer Musik Preis bekommen hat. Wie fühlt sich das an?
Es ist so geil. Die haben gesagt, die Preisverleihung ist am 12.09. um 20:45 – das heißt: Eine viertel Stunde bevor wir auf der Bühne stehen. Heute! Da haben wir jetzt noch so einen scheiß Skype-Call. Dank vielmals dafür!
Ich weiß nicht wie es sich anfühlt, weil es hat eigentlich nichts so wirklich mit uns zu tun, weil es so ein politisches Ding ist, das auch staatlich subventioniert ist. Ich finds cool, weil wir kriegen geil Geld dafür. Es wäre aber gelogen, wenn ich sagen würde, das ist mir jetzt als Auszeichnung eine Ehre. Weil ich diese Auszeichnung bisher einfach auch nicht kannte.
Möchtest du den Fans noch etwas mitgeben?
Bleibt seltsam, bleibt komisch!
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