10 Jahre SWISS – Erstmal zu Penny Tour 2024: SWISS + DIE ANDERN, ZSK @ Posthof, Linz (28.11.2024)

10 jahre swiss


Nachdem mich der gute – und mir bis dahin unbekannt – SWISS nur in Badebux gekleidet, am Nova Rock im vergangenen Jahr mal mühelos am Nachmittag in Windeseile begeistern konnte, wollte ich im Frühjahr schon zum Wien-Gig. Doch erst beim Besuch hier in meiner Heimat Linz, kam ich in den Genuss den kreativen, visionären und politisch überaus stabilen Musiker hautnah zu erleben.

Schnurstracks in den großen Saal des Posthofs geeilt, kam uns sofort in den Sinn, dass wir hier wohl falsch seien, ob der eleganten Kleidung und des hohen Altersschnittes. Herr Dorfer hat nämlich auch geladen an diesem Donnerstagabend. Also auf dem Absatz kehrtgemacht und den schön gefüllten Vorraum des mittleren Saales gesucht. Da ging es sogleich bunter zu und mit dem ersten Bier in der Hand fühlte man sich in der durchgemischten Meute von Punks, Rockern, Metallern und Hip Hoppern durchaus wohl.

Pünktlich wie immer, ging es auch an diesem Abend exakt um 20 Uhr los und die Berliner Punk-Veteranen von ZSK schickten sich sogleich an um den angereisten Musikenthusiasten Feuer unter dem Arsch zu machen. Die Jungs haben Punk von Grund auf gelernt, tingelten sie für ihre Konzerte doch schon in jungen Jahren durch Jungendzentren, besetzten Häusern und diversen Skateparks. Dementsprechend brach sofort die Hölle los, als man mit dem flotten und launigen „Der Richtige Weg“ vom 2013er Werk „Herz Für Die Sache“. Doch die Stimmung konnte man nochmal steigern, vor allem mit dem schon fast kultigen „Die Kids Sind Okay“, „Make Raciscts Afraid Again“. Damit unterstreicht man auch die eigene politische Einstellung und setzt dahinter auch noch ein Ausrufezeichen.

swiss + die andern live 2024 linz posthof zsk

Der poppige Punk animierte durchgehend zum Moshen, erste Crowdsurfer wurden gesichtet und der Boden unter die ersten Reihen war in Kürze eine Symbiose aus klebriger Maße und rutischgen Pfützen, doch die pogenden Punks schauten in der Action aufeinander, Leute wurden schnell wieder hochgehievt und überall wurde gelacht, gesungen und gebrüllt. Mit „Antifascista“ waren die lauten Kehlen am Ende dieser sympathischen und eindrucksvollen Show nochmal gefordert und so verabschiedeten sich die Berliner, nur um dann im Publikum und am Merch aufzutauchen.

SWISS + DIE ANDERN, ZSK

Setlist ZSK:
Der Richtige Weg
Punkverrat
Darwin
Hassliebe
Es Müsste Immer Musik Da Sein
Herz Für Die Sache
Die Besten Lieder
Mach’s Gut
Alle Meine Freunde
WIZO
Und Ich Höre Dich Atmen
Make Racists Afraid Again
Antifascista

Auch SWISS + DIE ANDERN ließen sich nicht lange bitten und starteten fulminanten nach einem schon spannenden Intro in den Titeltrack des aktuellen Werkes „Erst Mal Zu Penny“. Der metallische Banger ging sogleich unter die Haut und konnte die Stimmung, die ZSK hinterließ, auch sofort wieder entflammen. Swiss, in kurzer Hose, aber ausnahmsweise mit Shirt, stürmte flankiert von seinen Musikern auf die Bühne und haut gleich die ersten fiesen Vocals zwischen Rock und Rap raus:

Monatserster, Hartz ist da, alles paletti
(Wouh) Abriss, Anarchie, Krawall und Remmidemmi
(Wouh) Schachtel Billigkippen und paar Flaschen Pfeffi
(Wouh) Vor der Show gehen unsre Fans erstmal zu PENNY

Und schon brach die Hölle los. Es kam gewaltig Bewegung in die vordere Hälfte des Saals, es bildete sich ein Loch in der Mitte und der Hamburger legte mit dem groovenden „Punk Zurück“ und dem launigen „So Bereuen“, bei dem lautstark mitgesungen werden konnte, denn so ein „Döp Döp Döp“ ist schon lange nicht mehr nur SCOOTER als Mitsingpart exklusiv zuzuordnen. Aber auch GIGI hat in der Punkszene seinen Platz verdient, wurde sein großer Hit doch kürzlich ekelhaft zweckentfremdet. Doch hier machte der Song, gepaart mit Punkriffs und stimmgewaltigen Fans, einfach Spaß und so sollte es auch sein. Apropos Spaß; der Vollblutmusiker und seine Crew waren bestens gelaunt, zwischendurch scherzte der charismatische Sänger auch freudig. So fiel im auf, dass der Posthof etwas zu klein sei und deswegen hier WISS + DIE ANDE spielen würden, was für so einige Lacher sorgte. Stimmlich wurde er immer von den Kollegen unterstütz, basieren ja viele seiner Songs, nicht nur auf „geklauten“ Melodien, bekannter Hits, sondern auch darauf, dass er sich gerne prominente Gäste für seine Stücke ins Boot holt.

swiss 2024 linz posthof zsk

Leider spielte man nicht die neue Version von „Besteste Band“, bei der auch Bela B. und SDP mit von der Partie waren und der Text auch lässig abgeändert wurde. Die Fans erster Stunde feierten aber das Original ab. Und… plötzlich „stand“ ich im Moshpit. Eine Runde gedreht, Vans verflucht, weil kein Grip, einer jungen Frau wieder auf Beine geholfen und zwei Songs später, schnaufend, verschwitzt und voller Bier und, was weiß ich noch alles, stand ich wieder seitlich und brüllte zum Punk-Hit schlechthin „Schrei Nach Liebe“ noch meine Kehle wund. Die Action ging weiter, immer wieder landete man zwangsmäßig irgendwo im Moshpit, sofern man denn im vorderen Drittel bleiben wollte, ein Hit folgte dem anderen, es wurde immer heißer und eine Pause gab es nur, als Swiss uns auf den Boden hocken ließ, nur um das nächste Mosh-Inferno auszurufen. Aber auch das, die Gesellschaft, Politik und Rassismus anprangernde „Jamaica“ holte kurz runter, heißt es doch:

Alle da, egal woher
Kein Geld, weiß-schwarz und dann ein Farbenmeer
Man ist sensibel, nicht so abegstumpft
Hier liegen keine Kinder tot am Strand herum

Mit „Nicht Für Ein Land“ bei dem normalerweise BROILERS‘ Samy Amara mitwettert, geht es doch darum, für seine Liebe zu sterben, aber sich nicht für ein Land, zog man das Tempo aber nochmal gewaltig an, denn der metallisch-punkige Song wird zum Ende dank fetten Synthies noch intensiv. Apropos intensiv. Wer glaubt, dass man dank ruhigen und herzerwärmenden Balladen wie „Antarktis“ oder „Urlaub Bei Omi“ mal ausschwitzen kann, der täuschte, denn plötzlich griff die Band in die fiese Trickkiste und ballerte nicht nur „Rollin‘“, sondern auch „Break Stuff“, bei dem Mister Swiss den Fred Durst recht gut hinbekam, raus und brachte die Fangemeinde, die teilweise mehrere Dekaden Altersunterschied fließend überbrückte, zum Eskalieren. Da wünschte man sich dann doch noch eine Ballade, die sollte mit dem Hit „Große Freiheit“ noch folgen, doch zuvor sollte „Killing In The Name Of“ diese Hoffnung kurzfristig zerstören. Einen realen Gast gab es dann doch, denn ZSK Joschi trällerte noch bei „Punkah Auf Sri Lanka“ mit, während ein paar Mädels mit Schlauchbooten über die Crowd surfen durften.

swiss + die andern live 2024 linz posthof zsk

Die Show verfing wie im Flug und ich könnte nicht sagen, ob das Ganze 90 Minuten oder gar 120 dauerte, denn gefühlt gab es im Posthof an diesem Abend das Konstrukt Zeit nicht. Mit dem „Rausschmeißer Song“ räumte man noch humorvoll mit schlechtem Musikgeschmack auf, es gab noch eine Fahrt mit dem „Bullenwagen“, bei dem Ferris MC aber leider fehlte, ein großes „F*ck D*ch“ wurde musikalisch intoniert und mit dem „Linksradikalen Schlager“ hat man wohl den besten Polit-Party-Song der letzten 20 Jahre im Gepäck und brachte nochmal alle Fans zum Tanzen, lachen und Abgehen.

Brüder und Schwestern, Zeit einzusehen
So wie es läuft, so darf es nicht weitergeh’n
Zu lang haben sie unsern Arsch verkauft
Doch die Rettung naht in Form dieses Schlagersounds

SWISS + DIE ANDERN, ZSK

Setlist SWISS + DIE ANDERN:
Erstmal Zu Penny
Punk Zurück
So Bereuen
Besteste Band
Ich Hasse Es
Schwarze Flagge
Landgang
Schwarz Rot Braun
Schrei Nach Liebe (DIE ÄRZTE)
Jamaica
Nicht Für Ein Land
Punkah Auf Sri Lanka
Urlaub Bei Omi
Antarktis
Drive-By
Vermisse Dich
Rollin‘ (LIMP BIZKIT)
Break Stuff (LIMP BIZKIT)
Killing In The Name (RATM)
ZikkZakkKind
So Vermisst
Wir Gegen Die
Punkaboiz
Bullenwagen

Fick Dich
Morgenland
Kohle Typen
Rausschmeißer Song

Nicht Kommen
Asche Zu Staub
Große Freiheit
Pogo
Linksradikaler Schlager

 


Was für ein Abend. Einer, der verging wie um Flug, aber gefühlt hätte ewig weitergehen können. Verschwitzt, außer Atem, kaputt und eventuell auch mit ein paar kleinen Weh-Wehchen feierten die Fans noch die letzten Minuten mit SWISS + DIE ANDERN und konnten dann glücklich, grinsend und mit einem unglaublich starken Erlebnis in die Nacht entschwinden.


Band-Links:
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