Die Arena Wien fungierte in meiner Wien-Zeit als zweites Wohnzimmer. Als ins Heimatbundesland zurückgekehrter Oberösterreicher wurde das Aushängeschild der kultigen Wiener Konzertlocations leider schon lange nicht mehr frequentiert. Aber es hat sich nichts geändert. Dieselben Leute am Gelände, ob als Securities, an der Garderobe oder an der Bar. Manches hat dann doch Bestand, wie auch der Umstand, dass noch immer viele bei der Fußgängerampel vor der Arena nicht wissen, dass man dafür den Warteknopf drücken muss. Als ich drückte standen dort vermutlich schon seit einigen Stunden zur Eissäule erstarrte Fans von melodischen Death Metal Klängen der Halos Over Europe Tour.
Pünktlich um 19 Uhr starteten die Finnen von BLOODRED HOURGLASS in der ausverkauften großen Halle und nutzen die Gunst der Stunde, bei den bereits zahlreich erschienenen Fans der Headliner dieses Abends. Mit von Beginn an besten Sound ausgestattet, war es ein Leichtes mit drei Gitarristen eine Soundwand zu erzeugen, die einem regelrecht wegblies. Auch der charismatische Frontmann mit Anders Fridén Gedächtniskappe motivierte das Publikum durchgehend. Besser kann ein Konzertabend gar nicht gestartet werden.
Da war es fast schade, dass nach knapp über 30 Minuten heftigen, aber auch eingänigen Melodic Death Metal, schon Schicht im Schacht war. Ich vermute, dass ein nächstens BLOODRED HOURGLASS Gastspiel in Wien nicht lange auf sich warten lässt. Als durchaus härteste Band des Abends konnte der Groove Metal der Musiker mit richtig geilen Gitarrenmelodien mit Material der letzten beiden Alben „Your Highness“ und „How’s The Heart?“ jedenfalls auf voller Linie überzeugen.
Setlist BLOODRED HOURGLASS:
The Sun Still In Me
In Lieu Of Flowers
Leaves
The End We Start From
Waves Of Black
Drag Me The Rain
Nightmares Are Dreams Too
Veritas
Where The Sinners Crawl
PAIN im Anschluss sorgten neben der Musik auch für Unterhaltung. Mit einer sehr abwechslungsreichen Setlist aus dem bereits üppigen Repertoire (9 Alben) bediente die Band um Peter „Peda ohne Palme“ Tägtgren die feierwütige Meute. Der Opener „It’s Only Them“ vom 2002er Erfolgsalbum „Nothing Remains The Same“ spannte den Bogen bis zum finalen obligatorischen Hit „Shut Your Mouth“. Dazwischen wurden weitere bekannte Songs aus dem Köcher abgefeuert. Der fetzige Track „Call Me“ vom 2016er Werk „Coming Home“ funktionierte auch ohne Joakim Brodén vorzüglich, denn Peter brach den Song kurz ab, um auszulosen, wer seiner Mitstreiter, den Joakim mimen sollte und die „zufällige“ Wahl fiel auf Gitarrist Sebastian Svalland, der einen grandiosen Job ablieferte.
Neben vielen weiteren mitsingtauglichen Hits wie „Zombie Slam“ und „Suicide Machine“ ging der groovige und stampfende Industrialbeat ordentlich in die Gebeine. Der alte „Same Old Song“ aus dem Jahre 2005 machte mir dann bewusst, von wem SABATON ihren Sound für ihre letzten 10 Alben eigentlich her haben, die mit „Primo Victoria“ im selben Jahr ihren Triumphzug starteten. Irgendwie interessant wie manche stilprägende Bands wie PAIN auf hohem Niveau stagnieren und SABATON im kommenden Herbst mit ihrem Panzer vor tausenden Metalheads in die Stadthalle rollen werden.
Zu „Party In My Head“ startete Peter im Hawaihemd und Sonnenhut auf die Bühne, die Band steuerte mit fancy Outfits ihr übriges zu dem Partysong bei, um das Feiern im Publikum weiter zu befeuern. Danach brachte der Frontmann mit dem Bluessong „Have A Drink On Me“ mit Cowboyhut im Sitzen und Slidegitarrenspiel weitere Abwechslung ins Spiel. Nach nicht ganz einer Stunde ging die kurzweilige Show mit dem bereits erwähnten „Shut Your Mouth“, bei dem ein Bandmitarbeiter in Alienmaske die Bandmitglieder während des Songs sekkieren durfte, auch sehr rasch zu Ende. PAIN ließen wenige Wünsche offen und bereiteten das Publikum perfekt auf den folgenden Headliner vor.
Setlist PAIN:
It’s Only Them
Call Me
Zombie Slam
Suicide Machine
Don’t Wake The Dead
Go With The Flow
Same Old Song
The Great Pretender
Party In My Head
Let Me Out
Shut Your Mouth
Das epische Intro zu „March Of The Unheard“ stimmte auf eine fette Show der „Supergroup“ THE HALO EFFECT ein. Unglaublich, wie die Leute von Beginn ab abgingen, obwohl die Band erst zwei Alben, das letzte erst einem Monat vor dem Konzert, veröffentlicht hat. Das Fehlen großer Hits wie man es von IN FLAMES oder DARK TRANQUILITY erwarten kann, war komplett egal. Es wurde fett gegroovt, der Bass und Schlagzeugsound waren wuchtig und über allem thronte die charismatische Stimme des sympathischen Frontmannes Mikael Stanne. Wie der Jesus des melodischen Death Metals gewann er die Masse, swohl mit seinen abwechslungsreichen Growls, als auch seiner unvergleichlichen cleanen Stimme, für sich.
Der einzige negative Umstand, der Show minimal Druck rausnahm, war die Absenz überraschende Absenz vom Gründungsmitglied Niclas Engelin ab dem zweiten Song, der vermutlich krankheitsbedingt die Zeit der Show an einem anderen Ort verbringen musste. Das brachte den verbliebenen Gitarristen Patrick Jensen (u.a. THE HAUNTE) , der ja schon IN FLAMES Gründer Jesper Strömblad live vertreten muss, aber nicht aus der Ruhe, der agierte als hätte es nie einen zweiten Gitarristen gegeben.
Erst zum finalen „Shadowminds“ ließ sich Niclas wieder blicken. Dazwischen wurden die Songs der beiden Alben in einem Fluss präsentiert, die lediglich mit kurzen Ansagen von Mikael unterbrochen wurden, wenn es wieder einen „neuen“ Song gab. Dem Publikum war es schlichtweg egal welcher Song gespielt wurde, da sowieso jeder abgefeiert wurde und sich durchgehend Crowdsurfer den Weg über die Hände ihren Weg Richtung Bühne tragen ließen. Dennoch sollte der finale Track, sowie die kürzlich veröffentlichten Singles „Cruel Perception“ und „Detonate“ die Stimmung dank ihres größeren Hitpotentials nochmal höher kochen lassen. Zwar sah Niclas im Finale alles andere als fit aus, es war aber dennoch schön, dass er sich noch zeigte, die fünf Minuten durchhielt und sich denen oder anderne Grinser für die Fans abkämpfte.
Setlist THE HALO EFFECT:
This Curse Of Silence
March Of The Unheard
Feel What I Believe
In Broken Trust
The Needless End
Detonate
Conditional
Cruel Perception
A Truth Worth Lying For
Become Surrender
What We Become
Gateways
Last Of Our Kind
Days Of The Lost
–
Shadowminds
(Coda)
Mit dem Bandpackage BLOODRED HOURGLASS, PAIN und THE HALO EFFECT wurde an diesem Abend in der Arena eine Vollbedienung in Sachen melodischen Death Metals geboten, der ausgezeichnet beim zahlreich erschienenen Publikum ankam.
Autor: Florian Rosenberger
Fotos: Maxomer