The Shit Ov God
(Blackened Death Metal)
Label: Nuclear Blast
Format: (LP)
Release: 09.05.2025
Die Kontroversen um die polnischen Szenegrößen BEHEMOTH sind inzwischen so alt wie der blasphemische lyrische Inhalt ihrer Outputs. Im Metal gibt es wohl kaum eine Band, die es derartig versteht, aus diesen „Skandalen“ ein Marketinginstrument zu machen, wie die Band um Mastermind Adam „Nergal“ Darski. Und das macht sie selbstredend auch innerhalb der Szene zu sehr widersprüchlich aufgenommenen und besprochenen Kollegen. Es ist wahrlich nicht einfach unvoreingenommen an das neueste Album „The Shit Ov God“ heranzugehen. Der Titel ist derartig plump provokativ gesetzt, dass man sich schon mit negativer Vorahnung dem Opener „The Shadow Elite“ nähert.
Und siehe da, die Skepsis scheint zuerst einmal unbegründet. „The Shadow Elite“ eröffnet episch, bevor es direkt in wahnwitzige Raserei übergeht. BEHEMOTH typisches death-rockiges Riffing wechselt sich mit Tremolos ab, während die Doublebass alles zertrümmert. Im Refrain geht es dann grandios ins Mid-Tempo und eröffnet eine Melodie, die sich mit Nergals wuchtiger Stimme anlegt. Das war so nicht zu erwarten und macht Lust auf mehr. Und die Polen schaffen es nachzulegen.
„Sowing Salt“ steht dem ersten Track in nichts nach. Es geht kurz im Black Metal Stil los, bevor ein erster Break ins Mid-Tempo zieht. Das ist dann auch die Stilrichtung während des gesamten Stücks. Es geht von Blastbeat-Schnelligkeit ins Mid-Tempo und wieder zurück. Wahnwitzig schnell fliegen einem die Breaks um die Ohren und machen alles zu einer musikalischen Achterbahnfahrt. Zwei Merkmale des gesamten Albums kommen bereits jetzt beim zweiten Song zum Vorschein. Erstens sind BEHEMOTH deutlich mehr im Mid-Tempo unterwegs als jemals zuvor. Und zweitens ist, bei aller Streitbarkeit wegen des persönlichen Aufmerksamkeitsdrangs, Nergals Stimmperformance so stark und eindringlich wie eh und je. Er dominiert die Songs auf eine positive Weise, wie dies kaum ein Frontmann schafft. Diese kratzige, intensive Stimmfarbe, bei gleichzeitiger klar verständlicher Intonierung, sucht schon seinesgleichen.
Mit dem Titeltrack erfolgt dann plötzlich der Bruch. Die bereits vor einer gefühlten Ewigkeit veröffentlichte Single ist leider mit dem Alter nicht gereift und besser geworden und stellt ohne Frage den schwächsten Track des Albums dar. Man ärgert sich fast durchgehend über die lyrische plumpe Provokation bei musikalischer Langeweile. Fast sechs Minuten zieht sich der Song ohne Höhepunkt dahin und ermüdet.
Und BEHEMOTH erholen sich davon kaum. Nach dem grandiosen Start fällt auch „The Shit Ov God” wieder ab, und erinnert so an die letzten beiden Outputs „I Loved You At Your Darkest“ und „Opvs Contra Natvram“ der Polen. Die Songs laufen alle im gleichen BEHEMOTH Muster ab und bieten kaum mehr aufregende Höhepunkte. „Lvciferaeon” oder „To Drown the Svn In Wine” bleiben kaum hängen und ziehen vorbei – außer dem irritierenden berühmten Whitman Zitat „Oh Captain, My Captain“ aus dem „Club der toten Dichter“ – ohne bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
„Nomen Barbarvm” beginnt mit choralen Gesängen, bevor BEHEMOTH in ihrem unverwechselbaren Stil losholzen. Nergal brüllt sich durch, von flirrenden Tremologitarren gespickte, Strophen und leitet über in einen herausragenden, mitreißenden Refrain. Hier beweisen die Polen ihr Gespür für Melodie und Songwriting. Ein Solo im letzten Drittel lockert die Nummer auf, bis der Refrain den Track gelungen abschließt. Endlich wieder ein Höhepunkt. Der Abschluss mit „O Venvs, Come!” und „Avgvr (The Dread Vvltvre)“ ist simple BEHEMOTH alter Schule. Die Nummern walzen sich langsam und bedrohlich durch die Landschaft und haben ihre Eruptionen in Doublebassgewittern. Leider befällt sie dann das Schicksal von so vielen Songs des Albums. Am Ende sind sie etwas zu lange und die Aufmerksamkeit bricht weg.
Man bekommt das Gefühl nie ganz aus dem Kopf, dass das Alben-Schreiben und Veröffentlichen für die Polen etwas zu sehr zur Routine verkommen ist, und damit, was Kreativität und Songwriting angeht, andere Bands wie die Landsleute von HATE inzwischen meilenweit enteilt sind.
Was bleibt, ist ein „gutes“ BEHEMOTH Album, das von den Meilensteinen „Demigod“ oder „The Satanist“ genau das ist: Nämlich meilenweit entfernt.
Tracklist „The Shit Ov God“:
1. The Shadow Elite
2. Sowing Salt
3. The Shit Ov God
4. Lvciferaeon
5. To Drown The Svn In Wine
6. Nomen Barbarvm
7. O Venvs, Come!
8. Avgvr (The Dread Vvltvre)
Gesamtspielzeit: 37:55