Denver entwickelt sich mehr und mehr zu einer amerikanischen Metal Metropole. Großartige Bands aller Stilrichtungen wie BLOOD INCANTATION, HAVOK, PRIMITIVE MAN oder KHEMMIS sind in der hochgelegenen Stadt in Colorado groß geworden. VICTIM OF FIRE könnten die nächsten im Bunde sein, die zum Sprung auf die größeren Bühnen ansetzen. Seit 2016 wüten sie bereits im Untergrund und haben bis heute zwei Alben auf dem Buckel.
„The Old Lie“ ist nun Output Nummer drei und besticht durch eine einzigartige Mischung aus (Melodic) Death Metal und Crust. Hie und da ein paar Black Metal Einflüsse und die höchst explosive Melange ist angerichtet. Der Opener und Titeltrack geht wie aus der Pistole geschossen direkt los. Messerscharfe schwedisch angehauchte Riffs feuern los und man wird schier erschlagen vom melodischen, oftmals zweiläufigem, Gitarrenspiel mit einem eher in schwarzen Gefilden fischendem Schlagzeugspiel. Diese Stilmischung gibt dem Sound von VICTIM OF FIRE einen ganz eigenen Anstrich und macht die Band besonders.
„Apocalyptic Inclination” beginnt wieder in Oldschool IN FLAMES Regionen überzeugt mit einem herausragendem Break zum Ende hin, welches ein langsames Gitarrenlead einleitet, das einfach nur zum Niederknien ist. Ohne gefühlte Pause schießt „Wayward Light” aus den Boxen. Das ist Gitarrenspiel schwedischer Prägung par excellence. Herrliche Twin Leads schütteln sensationelle Melodien aus dem Ärmel, die man von so einer jungen und unbekannten Band nicht erwarten durfte. Die Breaks und Tempowechsel sind hervorragend gesetzt und machen die Tracks immer wieder super interessant. „Nightmares of Ceasefire” könnte musikalisch direkt auf “Clayman” stehen, ist von seiner Melodik dramatisch und fesselnd.
Dann kommt der Bruch in der Stilistik. Völlig unerwartet ist „Soldiers Dream“ punkig ohne Ende. Das Gitarrenspiel wandert vom Melodic Death Metal in crustige Regionen. Mit einem Affentempo prügeln sich die jungen Amerikaner durch vier Minuten eines Punk Songs. Aber das tut dem Fluss des Albums keinen Abbruch. In der Mitte des Songs kommt dann eine Bridge, die durch wuchtige Gitarren wieder in den Metal driftet bevor die letzte Minute mit leisen cleanen Klängen und einem kurzen Solo ausfaded. „Discordance“ wildert dann in ähnlichen Regionen und die Mischung aus Punk, Crust und klaren metallischen Gitarrenklängen geben eine höchst interessante Färbung. Das Tempo ist auf dem gesamten Album sehr hoch und die Songs schießen an einem vorbei, ohne jetzt aber auch nur im Ansatz fade zu sein.
Der Höhepunkt folgt aber erst, so ist „Disharmonist” ein sieben minütiges Monster. Es beginnt leise mit cleanen Klängen und zieht mit einem melodischen Riff im Mid-Tempo in seinen Bann. Das Gespür der Band für starke Melodien ist wirklich bewundernswert. Die Leadgitarre zieht den Hörer in den Song hinein und dominiert das Geschehen. Wenn dann noch die zweite Gitarre zum Duell einsetzt muss man ins Schwärmen kommen, da wäre gar kein Gesang notwendig. Der Song überzeugt ein weiteres Mal mit fast hymnischen Göteborg- Klängen, doch ist es die knarzige Stimme, die immer wieder klirrende Kälte suggeriert. Man wähnt sich bereits am Ende des Songs als langsame Töne in eine Sludge Atmosphäre entführen und es wieder zur nächsten Eruption kommt. Somit ist der Spannungsbogen in dem Song äußerst gelungen.
„Aces High“ rundet als Iron Maiden Cover das Album ab. Ob dies notwendig ist sei jedem belassen selbst zu entscheiden, zeigt aber definitiv die Verwurzelung der Band im klassischen Metal. Die Produktion von „The Old Lie“ ist soundtechnisch glasklar auf die Gitarren ausgerichtet. Sie stehen im Mittelpunkt jedes Songs und geben VICTIM OF FIRE auch einen eigenständigen Ansatz um ihre Liebe zum Metal zu zelebrieren. Jedoch rückt die Stimme dadurch so weit in den Hintergrund, dass sie manchmal kaum zu vernehmen ist und untergeht. Das sollte man eventuell bei noch folgenden Veröffentlichungen überdenken, da Vocals den Songs definitiv noch eine weitere Schicht an Härte und Eingängigkeit geben könnten.
Aber alles in allem ist das ein herausragendes Album einer jungen Band, die in Zukunft hoffentlich noch oft von sich hören lassen wird.
Tracklist „By All Means“:
1. The Old Lie
2. Apocalyptic Inclination
3. Wayward Light
4. Nightmares of Ceasefire
5. Soldiers Dream
6. Discordance
7. Barren Path
8. Front Towards Enemy
9. Disharmonist
10. Aces High
Gesamtspielzeit: 37:48
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