NILE - In Their Darkened Shrines
NILE
In Their Darkened Shrines
(Death Metal)

 


Label: Relapse Records
Format: (LP)

Release: 2002


NILE sind wahrlich ein Phänomen und immer für eine Überraschung gut – allein das Relapse-Debüt „Amongst the catacombs of Nephren-Ka“ tauchte quasi aus dem Nichts auf und traf selbst die Hartgesottenen wie ein Orkan: unvorbereitet und ungemein wuchtig, zerstörerisch und unbarmherzig – und vor allem: absolut unvorhersehbar.

Der Nachfolger „Black seeds of vengeance“ konnte diesen Effekt zwar nicht toppen, dafür wurden auf Longplayer Nummero zwo die „untypischen“ Elemente ausgebaut, das Album überzeugte somit auf der einen Seite mit Innovativität und Vielfalt, auf der anderen Seite jedoch war es ein eher enttäuschender Nachschlag der Ägyptomanen, da die Songs irgendwie unausgegoren wirkten – und im Studio zusätzlich auch noch durch Ersatzdrummer Derek Roddy (HATE ETERNAL, ex-MALEVOLENT CREATION, INTERNECINE) eingespielt werden mussten, da Pete während den Aufnahmen verletzungsbedingt langfristig ausfiel.

Nach Ausstieg des äußerst sympathischen Tieftöners / Röchelkehle Chief Spires, welcher zumindest vokaltechnisch auf keinen Fall adäquat durch John Vesano ersetzt wurde, sah ich nun schon langsam meine ehemaligen Favoriten dahin schwinden – doch, wie bereits anfangs erwähnt, NILE sind immer für eine Überraschung gut. Obwohl John Vesano nachwievor mit von der Partie ist, wurde „In their darkened shrines“ als Trio eingespielt – neben dem einzig verbliebenen Gründungsmitglied Karl Sanders (vox / bass / guits) sowie Dallas Toler-Wade (guits / vox / bass), welcher kurz nach dem Debüt zur Band stieß, ist nun auch ex-ANGEL CORPSE / GOD DETHRONED-Prügelmaschine Tony Laureano mit von der Partie, der den verletzten Ur-Zeugler Pete Hammoura nun auf Dauer ersetzt.

Somit kann ich mit ruhigem Gewissen behaupten, dass NILE nun wieder frisch und inspiriert wirken, „In their darkened shrines“ ist zwar doch einen Tick experimenteller als das Debüt, aber dennoch deutlich wuchtiger, durchdachter und straighter als „Black seeds of vengeance“, im Grunde typisch NILE, aber auf der anderen Seite doch deutlich verbessert.

Die Grundstruktur der Songs wird noch ähnlich wie auf den Vorgängern aufgebaut, über ein permanent variiertes Basisriffing werden verschiedene andersartige Gitarrenstrukturen gelegt, welche meist parallel zu den Basslinien laufen. Über dem stark verschachtelten Riffing, welches anfangs vielleicht etwas undurchschaubar und chaotisch wirken mag, trohnt nun einerseits das wuchtige, unglaublich präzise, technisch ausgefeilte Drumming von Tony, sowie die bereits gewohnt variablen Vocals, wobei man sich diesmal im Vergleich zu „Black seeds of vengeance“ vermehrt im tiefen Röchelbereich aufhält und die chorartigen Beschwörungen wieder etwas kontrollierter und effizienter eingesetzt werden.
Auch die Eigenart, „fremde“ Elemente in ihre Musik einzubauen, konnte bei NILE dank monatelanger Tüftelei seitens Karl Sanders perfektioniert werden – auch hier nahm man sich etwas zurück und greift bewusster auf Synths, Gongs sowie Tribal-Drums zurück, einzig der vierteilige Titeltrack sowie „I whisper in the ear of the dead“ werden von den alt-ägyptischen Instrumenten dominiert, während des restlichen Albums jedoch werden sie nur nur stellenweise und somit effizienter eingesetzt. Abwechslung ist somit nachwievor mehr als genug gegeben, allerdings übertreibt man es auch nicht so stark wie auf dem direkten Vorgänger.

Keine Frage, ein Album, das „einfach“ zu hören ist, ist „In their darkened shrines“ nicht, aber es macht endlich wieder „Sinn“, wie Karl so schön bemerkte – obwohl die Strukturen nachwievor stark verschachtelt sind, sind die Parts leichter zu durchschauen und nachvollziehen als auf „Black seeds of vengeance“, zumal die einzelnen Parts beziehungsweise das Wechselspiel zwischen episch und schnell deutlich besser auf einander abgestimmt wurde.

Produktionstechnisch hat man sich ebenfalls deutlich verbessern können – während „Black seeds of vengeance“ für meine Begriffe stellenweise zu dünn wirkte und vorallem bei den mehrstimmigen Vokalparts im Vergleich zu „Amongst the catacombs of Nephren-ka“ hinkte, ist der Sound auf „In their darkened shrines“ nicht nur astrein klar und deutlich, sondern auch wuchtiger und auf jeden Fall transparenter, aber auch düsterer. Besonders die epischen Parts kommen nun endlich wieder nicht minder wuchtig rüber als die Blasts und vor allem bei den Stimmen dürfte man sehr lange gesessen haben, dass sie so perfekt aufeinander abgestimmt sind… Was mir zudem auch noch gefällt ist, dass NILE nun nicht nur zwischen schnell und episch hin und her pendeln, sondern auch einige göttliche Grooves eingebaut haben (Anspieltipp: das 11-minütige „Unas – Slayer of the Gods“), welche bei der Produktion wie ein Hammer aus den Boxen donnern, unglaublich!

Die Aufmachung des Digipacks ist natürlich ebenfalls erste Sahne – düster und ungeheim stimmungsvoll, mit gewohnt orientalischem Layout sowie sämtlichen Texten samt Erläuterung über die geschichtlichen Hintergründe. Obwohl ich persönlich nicht allzuviel Tau von der ägyptischen Mythologie sowie Historie habe, ein interessanter Gimmik…

NILE sind nicht nur kurz vor der Perfektion, sondern haben die Grenze bereits überschritten – ich hätte mir nicht träumen lassen, dass das Debüt getoppt werden kann, doch diesmal haben sie es geschafft – und die Latte für den regulären Output nummero vier noch ein deutliches Stück höher angesetzt.

 


Tracklist „In Their Darkened Shrines“:

Gesamtspielzeit:

 


Band-Links:

NILE - In Their Darkened ShrinesNILE - In Their Darkened ShrinesNILE - In Their Darkened ShrinesNILE - In Their Darkened Shrines

NILE - In The Beginning
NILE – In Their Darkened Shrines
9.5
Share on: