DEVIN TOWNSEND wird erwachsen: „Terria“ ist ein absolut ausgeglichenes, harmonisches Werk, ohne den leicht pathetischen Nachgeschmack der „Ocean Machine“, die stilistische Zerrissenheit von „Infinity“ oder die Ziellosigkeit vom „Physicist“: Die Texte zutiefst persönlich und sehr kryptisch, aber von metaphorischer Qualität, daher sehr lesenswert; Das Booklet von Travis Smith, frühere Arbeiten und Artworks (u.a. für PSYCHOTIC WALTZ, …) sämtlichst in den Schatten stellend; Die Produktion Devins, die sich in insg. fünf Studios Vancouvers vollzog, so transparent / subtil und gleichzeitig so mächtig / flächendeckend – definitiv ein Kopfhöreralbum, und eines, das Konzentration und Toleranz erfordert: Es ist schlicht nicht möglich „Terria“ nebenher zu hören, einzelne, prägnante Passagen mögen eine kleine Weile im Gedächtnis verweilen, die Vielseitigkeit an Emotion, die das Album zu entfesseln vermag, kann sich jedoch ausschließlich beim aufmerksamen Hören entfalten.
Vergleiche mit anderen Bands und deren Sounds erübrigen sich, Townsend hat mit „Terria“ ein Unikat progressiver Musik verwirklicht, das sich zu keiner Zeit an gängige Kompositionsschemata hält: „Olives“ ist ein längeres Intro, durchzogen von einem prägnanten Bass-Lead und mysteriösen Gitarrenklängen, welches zunehmend an Dynamik gewinnt, letztlich in „Mountain“ kulminiert, das mit majestätischen Synthiesounds eröffnet wird, dann in einen äußerst chilligen Mittelpart mündet, um mit der erhabenen Bombastik des Auftakts zu enden, bevor der epische „Earth Day“ zelebriert wird, ausgestattet mit ätherischen OCEAN MACHINE-Gitarren, einem Götterrefrain und stimmlichen Höchstleistungen des Komponisten, der nach Lust und Laune Sample- und Solopassagen in seine hochkomplexen Arrangements einbaut und doch stets eine wunderbare Homogenität zu wahren weiß, als Beispiel hierzu diene „Deep Peace“, bei dem Mr. Townsend mitten im Song zu einem mehrminütigen Gitarrensolo ansetzt, welches an Schönheit und technischer Perfektion mit jedem anderen, mir bekanntem Solo konkurrieren kann, während Devin bei der Ode „Canada“ und dem Instrumental „Down And Under“ seine Meisterschaft am Synthesizer – unter den Credits als Ambience ausgewiesen – zu demonstrieren weiß und die Fähigkeit selbigen songdienlich sinnvoll einzusetzen, was beim nachfolgendem „The Fluke“ zu Ende gar bis zum Avantgardismus getrieben wird – der temporeichste Track unter den zehn, der im radikalen Gegensatz zum manisch-monotonem „Nobody’s Here“ und dem lyrisch selbstkritischem „Tiny Tears“ steht, nicht aber zu „Stagnant“, das gutgelaunt versucht das Album zu beschließen, von einem nicht ganz ernst zu nehmenden Hidden Track, ein kleiner Scherz aus Akustikgitarren und Singalong, allerdings daran gehindert wird.
Wer an „Terria“ nun interessiert sein sollte, erwäge den Erwerb der Limited Edition (2 CDs): Eine lohnende Angelegenheit, werden doch der euphorische Bonustrack „Universal“ (erinnert etwas an INFINITY) und eine „Multimedia Section“, bestehend aus sechs Livevideos, gedreht 1999 in Tokio, sowie ein interessanter „Audio Commentary“ geboten, in dessen Rahmen Devin die Entstehung des Albums schildert, ähnlich wie schon beim Zuatzmaterial zu PHYSICIST.
„Terria“ ist die Ruhe vor dem Sturm; sechs Jahre nach „City“ reaktiviert Townsend den STRAPPING YOUNG LAD.
Tracklist „Terria“:
1. Olives
2. Mountain
3. Earth Day
4. Deep Peace
5. Canada
6. Down And Under
7. The Fluke
8. Nobody’s Here
9. Tiny Tears
10. Stagnant
Gesamtspielzeit: 72:01
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