CD:
„Was wollen Frauen eigentlich?“ hat sich wohl jeder männliche Leser unseres Magazins schon einmal gefragt – und kaum eine eindeutige Antwort darauf gefunden. Einerseits wird von uns – dem so genannten „starken Geschlecht“ – Einfühlungsvermögen, Sensibilität und ein liebevoller Charakter gewünscht, auf der anderen Seite will das „schwache Geschlecht“ auch einen Beschützer an seiner Seite, einen edlen Ritter, einen tapferen Krieger, einen wahren Mann. Ob sich beide Idealvorstellungen von einem „perfekten Mann“ in einer Person vereinen lassen, ohne dass selbige unter Schizophrenie leidet, sei mal dahin gestellt – aber für all jene, die als einfühlsamer, liebevoller und zärtlicher Mann keine Ahnung davon haben, was es heißt, ein „wahrer Mann“ zu sein, haben bereits MANOWAR sowohl gewisse optische Ansprüche als auch Verhaltenskriterien aufgestellt:
Das Idealbild eines Mannes ist muskelbepackt, stark behaart, kann über ausreichend „Werkzeug“ verfügen, um die Angetraute – oder „Zugemutete“ – auch nächtens erfreuen zu können, kann dieses Werkzeug jederzeit beliebig lang und oft einsetzen, weiß sich aber auch damit anderorts zurückzuhalten. Ein wahrer Mann fährt Motorrad, trägt enge Lederkluft – wahlweise mit Nieten bestickt oder Ketten umhangen – und ist von Feuer und Stahl begeistert.
Auf der anderen Seite hat der männliche Part auch für geistig hochstehende Diskussionen herzuhalten – und wenn es sich nur um Schuhe und Make Up dreht -, findet kleine Kinder und Hundebabys herzig, heult Rotz und Wasser bei „Titanic“ und räumt während der Werbepause artig den Geschirrspüler ein. Kurzum: Frauen wollen Eier mit Hirn, Muskeln mit Tiefgang, einen Schwanz mit Charakter.
Von MANOWAR ins Leben gerufen, durchschritt bisher so manche Partie die ehrwürdigen Hallen dieser Lebensschule, strebte danach, dem hohen Anspruch der weiblichen Anhängerschaft gerecht zu werden – mit Bravour und Auszeichnung bestanden haben nicht viele, durchgerasselt hingegen sind eine Menge. Zur ersten Gruppe – also jener Männer, die aus dem Matsch ans Tageslicht gekrochen kamen, um die weibliche Schönheit und Gnade in Ehrfurcht für sich zu entdecken – zählt zweifelsohne ein schwedisches Quintett, welches auf den Namen HAMMERFALL hört.
1997 vom deutschen Big Boss Nuclear Blast unter seine Fittiche genommen, war bisher jedes Album – angefangen bei „Glory To The Brave“ bis hin zu „Crimson Thunder“ – eine Dokumentation über schiere männliche Omnipotenz, eine Idealvorstellung vom Mann einer jeden Frau. Kein Wunder also, dass sich die Schweden mit der Zeit zu einem der größten Zugpferde des Labels gemausert haben, mittlerweile auf eine schier unglaubliche Vielfalt an Merchandising – die geneigte Frau decke sich mit HAMMERFALL-Trinkbecher, Bettwäsche oder Armbanduhr ein – verweisen können und nach dem vierten offiziellen Studioalbum „Crimson Thunder“ im Jahre 2002 nun endlich eine Dokumentation ihres Könnens on stage präsentieren: „One Crimson Night“, wahlweise nur auditiv (DCD / DLP) oder auch audivisuell (DVD / VHS) zu genießen.
Im Zeichen der „Heavy Metal Revolution“ waren die nordischen Krieger dieses und das Jahr davor in ganz Europa unterwegs – unter anderem mit illustren Partien wie DIO, KING’S X, MASTERPLAN und DREAM EVIL- erfreulicherweise wurde dabei das Konzert im schwedischen Göteburg am 20. Februar 2003 mitgeschnitten – eine Dokumentation über das Schaffen einer Band seit etwa einem halben Jahrzehnt, mit vier durchaus starken Alben und vor allem einer fanatischen Anhängerschaft im Rücken. Die Band schreibt: „Seit „Glory To The Brave“ haben unsere Fans danach gefragt, nach „Legacy Of Kings“ forderten sie es – mit „Renegade“ in den Händen schrieen sie förmlich danach, aber erst nach der Veröffentlichung von „Crimson Thunder“ sahen wir die Zeit für ein Livealbum gekommen.“
Und wahrlich – „One Crimson Night“ ist eines jener Livemitschnitte, die man sich getrost in den Kasten stellen kann – der erstklassige und druckvolle Sound, der dennoch Liveatmosphäre verströmt, weiß ebenso zu gefallen, wie auch die hervorragende Songauswahl, die eher einem „Best Of“-Programm, als einer lieblos zusammengestückelten, unausgewogenen Setlist gleicht. Kein Wunder auch, dass die Band sauber und perfekt aufeinander eingestimmt vor dem heimischen, frenetisch auszuckenden Publikum eine hervorragende Show bietet – insbesondere sei auch (neben der zugegeben brillanten Beherrschung der Instrumente) noch die fantastische Gesangsarbeit von Joacim Cans erwähnt, der sich eindeutig zu den besten seiner Garde zählen darf, und insbesondere auch während der ruhigeren Nummern – unter anderem „Glory To The Brave“ – zu brillieren weiß.
Wozu bei derartigen Veröffentlichungen auch Bass- oder Gitarrensoli von Nöten sind, wird mir persönlich jedoch stets ein Rätsel bleiben – ansonsten kann man „One Crimson Night“ jedoch als einen weiteren Meilenstein in der Geschichte HAMMERFALLS betrachten, auch wenn man musikalisch von den Schweden nicht sonderlich angetan ist, vielleicht lernt man ja etwas fürs Leben – die Angetraute wird es einem danken…
DVD:
Parallel zur Veröffentlichung der Doppel-CD „One Crimson Night“ schieben HAMMERFALL in Zusammenarbeit mit Nuclear Blast auch eine beinahe identische audiovisuelle Dokumentation desselben Konzerts – aufgenommen am 20. Februar 2003 in Göteburg – nach. Waren auf den DVD-Vorgängern „Hearts On Fire“ und „The Templar Renegade Crusades“ (beide 2002) sowie „The First Crusade“ (1999) neben Videoclips sowie Interviewsegmenten lediglich kurze Livemitschnitte zu finden, kann „One Crimson Night“ erstmals mit einem – nebenbei tadellos gefilmten – vollen Set der fünf Schweden aufwarten.
Vor heimischen Publikum präsentieren sich HAMMERFALL selbstverständlich in Bestform, bieten einen hervorragenden Streifzug querfeldein und legen sowohl Wert auf ältere Klassiker wie das balladeske „Glory To The Brave“ oder auch die Bandhymne schlechthin, „Hammerfall“, als auch Stücke des letzten Albums -„Crimson Thunder“ – ihren Weg ins Set gefunden haben. Während die CD reinen Hörgenuss verschafft, weiß die DVD auch das Auge zu unterhalten – bei allem Respekt gegenüber den musikalischen Leistungen, MANOWAR sind ja rein optisch schon ein Witz, HAMMERFALL setzen dem mit ihrem Outfit und der doch „leicht“ übers Ziel hinausschießenden Darbietung noch eins drauf. Flammen, Ketten, Leder und Nieten ohne Ende – fehlen noch die barbusigen Blondinen, welche – an Ketten gelegt – von Fronter Joacim über die Bühne geführt werden … Damit diese jedoch nicht zu sehr fehlen, eröffnet immerhin das Maskottchen der Band mit überdimensionalem Hammer das Set – auch nicht von schlechten Eltern.
Das Bildformat von 16:9 sowie Dolby Digital 5.1 / Stero 2.0 sind mittlerweile Standard, wie auch eine alternative Subtitelwahl neben dem von der Band gesprochenen Schwedischen verfügbar ist. Im Großen und Ganzen zwar nicht schlecht, aber neben den etwas spärlichen Bonusfeatures wie Photogallerie und kurzer „On The Road“-Dokumentation nicht wirklich sein Geld wert – außer, man hat HAMMERFALL noch nie live miterleben dürfen und muss sich einfach die einzigen legitimen Nachfolger zu MANOWAR einmal zu Gesichte führen. Ansonsten reicht die – billigere – Variante in Form der Doppel-CD vollends aus, während es Anhänger der Band zweifelsohne zur Deluxe-Version mit DVD sowie Doppel-CD und einigen Bonusgimmicks hinziehen wird.
Tracklist „Legacy Of Kings“:
1. Heeding The Call
2. Legacy Of Kings
3. Let The Hammer Fall
4. Dreamland
5. Remember Yesterday
6. At The End Of The Rainbow
7. Back To Back
8. Stronger Than All
9. Warriors Of Faith
10. The Fallen One
11. The Metal Age (Live)
12. Steel Meets Steel (Live)
13. Let The Hammer Fall (Video)
Gesamtspielzeit: 64:18