1997 war man glücklich, dass Phil Anselmo noch am Leben war und seine Band uns das gleich eindrucksvoll mit diesem grandiosen Live-Album demonstrierte.
Zur Songauswahl gibt’s nicht viel zu sagen: Alle Klassiker der Neunziger sind vertreten, teilweise in arg umarrangierten/-improvisierten Versionen, und es gibt auch noch zwei Studioschmankerln, welche den Weg, den das nächste Album beschreiten würde, bereits andeuten.
So weit so gut. Da ein Live-Album in der Regel den Zweck verfolgt, ein Konzert möglichst gut in Plattenform zu konservieren, wird es unumgänglich sein, auch etwas über PANTERA-Konzerte zu sagen. Die waren spätestens seit der “Far Beyond Driven World Tour 1994” berühmt-berüchtigt. Von Schwerverletzten war da die Rede und die Plakate aus dem Foyer des Roseland in New York, auf denen zu lesen ist, dass die Band keine Verantwortung für jegliche Verletzungen der Zuschauer übernimmt, sind wahrscheinlich schon genauso bekannt wie die zahlreichen Live-Szenen, die man auf den Homevideos zu sehen bekommt.
Auf “Official Live: 101 Proof” bekommt man nun keine knacksenden Knochen zu hören, obwohl man sich sicher sein kann, dass es bei den Aufnahmen sicher welche gegeben hat: Das lautstarke Toben des Publikums ist zwischen den Songs besonders laut reingemischt. Zwischen den Songs findet sich auch genug von Philip Hansen Anselmos extrem langwierigen Predigten, deren begleitende Gestik schon mal mit der eines Mussolini verglichen wurde und die die anderen Bandmitglieder regelmäßig zu gelangweiltem Herumstehen verdonnert haben.
Während der Songs haben sie sich dann aber umso mehr ausgetobt, zum Beispiel indem sie – wie bereits erwähnt – Nummern ausschmückten und ummodelten. “Cowboys From Hell” wird mit TED NUGENTs “Cat Scratch Fever” zu einem ganz besonders edlem Stück Harte-Männer-Rock gekreuzt. Beeindruckend, wie locker die Band das von der Hand laufen lässt, ohne dabei auch nur ansatzweise von ihrer Tightness zu verlieren. Ein Strauß Rosen für Darrell, Vinnie Paul und Rex, ein verwelktes Gänseblümchen für das Riesentalent Phil: Was er teilweise aus seiner Stimme macht, ist unter aller Sau: Okay, außer Atem kommen kann man ja schon mal bei dieser Performance, aber wenn man ständig heiser ist, sollte man vielleicht aufhören, einen Joint nach dem anderen zu rauchen, oder – für den Fall, dass es einem die Wohlduft-und-Wohlfühl-Stäbchen zu sehr angetan haben – mit dem Singen aufhören, was besonders auf den cleanen Gesang anzuwenden ist. Kam da bei den ruhigen Nummern von “The Great Southern Trendkill” schon der Verdacht des Schielens nach Seattle auf, klingt das hier zeitweise auch noch so richtig schön out of tune … dem gestandenen Metaler stellt es da natürlich die Haare auf.
Gäbe es noch “Where You Come From” und “I Can‘t Hide“, zwei Studionummern, die wieder wesentlich mehr rocken und weniger brutal sind als die Songs der zwei Alben davor.
Schön langsam bekam man sich also wieder in den Griff.
Ich besitze übrigens noch ein anderes Live-Dokument dieser unvergesslichen Band, nämlich ein Pick, das ich im Rahmen des PANTERA-Auftrittes 1997 in Wien (im Vorprogramm von BLACK SABBATH) am Ende der Show fing, als es Rex ins Publikum warf. Gegen Anfang des Gigs warf Phil übrigens sein Mikro in die Menge und ratet mal, wer es fing und einen Refrain von “Walk” lang Sänger von PANTERA war … Aber das würde jetzt zu weit führen ;o)
Tracklist „Official Live: 101 Proof“:
1. New Level
2. Walk
3. Becoming
4. 5 Minutes Alone
5. Sandblasted Skin
6. Suicide Note Pt. 2
7. War Nerve
8. Strength Beyond Strength
9. Dom/hollow
10. This Love
11. I’m Broken
12. Cowboys From Hell
13. Cemetary Gates
14. Hostile
15. Where You Come From
16. I Can’t Hide
Gesamtspielzeit: 76:41