Schon der Opener der neuen BORKNAGAR Scheibe „Epic“ wird dem ominösen Namen gerecht. Sofort wird klar, wohin die Reise geht. Sehr eigen klingende Melodiebögen geben das Thema vor, dass dann, mal in der harten, mal in der melodiösen Gangart weiterverarbeitet wird. Wie gewohnt wird der Sound von der sehr eigenständigen Stimme Vintersorgs dominiert, neben ihm machen sich meist Keyboards breit, die für die Hauptanteile der Melodie zuständig sind. Die Gitarren legen dafür eine gute Grundlage und sind meist eher im Hintergrund und begleiten mehr; Lead-Einlagen kommen relativ (!) selten vor.
Auch wenn das Album inhaltlich keinem Konzept folgt, wird man doch bald bemerken, dass sich musikalisch ein roter Faden durch diese Veröffentlichung zieht und die einzelnen Songs eine klare Zusammengehörigkeit symbolisieren. So hört man immer wieder ähnliche Wendungen, jedoch immer recht geschickt eingebaut, so dass sie nicht störend wirken und auch nicht im Geringsten ihren Reiz verlieren. Denn BORKNAGAR zeichnet sich nach wie vor dadurch aus, anders zu sein. Natürlich gibt es Ähnlichkeiten zu anderen Bands wie VINTERSORG (was irgendwie beinahe logisch wirkt, dennoch ist die Band eher alleine damit, was sie fabrizieren. Das wird auch hörbar ausgenützt. Man experimentiert in einem gewissen Rahmen fröhlich herum und bietet dem Hörer eine Reise zwischen brachialen Gröleinlagen unterlegt von Double-Bass Attacken und wunderschönen, ruhigen Parts, die einem vorkommen, als würden sie von der Ferne her erschallen ehe man wieder zurückgeholt wird und im sehr gut produzierten Sound untergeht. BORKNAGAR gehen allgemein das ganze Album mit etwas mehr Progressivität und Facettenreichtum an, als es bisher in ihren Veröffentlichungen üblich war. Zurückzuführen ist dies wohl auf die personellen Umstellungen und den Umstand, dass Mastermind Øystein sich selbst auf keinen Fall kopieren will.
Überrascht haben mich BORKNAGAR mit dem fünften Song auf diesem Album, der ein Instrumental darstellt. Kaum besser könnte man den Titel des Songs „The Weight Of Wind“ vertonen oder gar die Schönheit neben Furcht und Aggression besser darstellen, als es hier geschah. Großes Kompliment.
Abwechslung wird auf „Epic“ wirklich groß geschrieben. Wenn auch mehrere Songs einen ähnlichen Aufbau haben, so weiß man doch jedes einzelne Stück gesondert zu kennzeichnen und ihm einen „epischen“ Stempel aufzudrücken.
Technisch gibt es wie eh und je kaum Schwachpunkte in der Musik BORKNAGARs. Zwar spielt man nicht unbedingt die technisch anspruchsvollste Musik, zeigt aber immer eine gute Form und spielt die verschiedenen Passagen scheinbar mühelos herunter. Auch das Feeling, welches herüberkommt, gefällt mir. BORKNAGAR wirken recht selbstsicher und überzeugt von dem, was sie abliefern, und das überträgt sich sehr positiv auf den Hörer.
Fazit: Auch wenn nicht jeder Song ein episches Meisterwerk geworden ist, zeichnet die Platte sich mit einem sehr hohen Niveau aus. Komplette Aussetzer gibt es gar keine, dafür aber doch einige hervorragende Tracks, welche den Kauf dieses Albums mehr als rechtfertigen. Dazu gehören, neben dem oben schon erwähnten, sehr interessantem Instrumental „The Weight Of Wind“ auch „Sealed Chambers Of Electricity“, „Relate [Dialogue]“, „Cyclus“ und „Quintessence“. Zu erwähnen ist auch, dass man „Epic“ nicht so schnell abhört. Dies ist vor allem der Vielschichtigkeit der einzelnen Nummern zu verdanken. Insgesamt ist diese Scheibe von BORKNAGAR doch ziemlich beeindruckend geworden und ich kann sie jedem Freund dieser Musikrichtung nur empfehlen. In meinem Player jedenfalls wird sie noch des Öfteren einen Platz finden.
Tracklist „Epic“:
1. Future Reminiscence
2. Traveller
3. Origin
4. Sealed Chambers Of Electricity
5. The Weight Of The Wind
6. Resonace
7. Relate [Dialogue]
8. Cyclus
9. Circled
10. The Inner Ocean Hypothesis
11. Quintessence
12. The Wonder
Gesamtspielzeit: 57:47
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