RHAPSODY vs. RHAPSODY heißt es seit gut zwei Jahren. Nachdem sich Gitarren-Virtuose und Hauptsongwriter Luca Turilli von den originalen RHAPSODY, die ja bekanntlich schon länger RHAPSODY OF FIRE heißen abgesetzt hat und LUCA TRUILLI´S RHAPSODY gründete, wartet man gespannt, was denn die beiden Bands nun vorbringen würden. Luca legte im letzten Jahr bereits mit „Ascending To Infinity“ ordentlich vor, bewegte sich aber entgegen vorherigen Aussagen sehr nahe an alten Taten. Abheben konnte man sich vom Sound her nur wirklich dank des neuen Sängers. Um die Fraktion Fabio Lione und Alex Staropoli blieb es hingegen noch etwas länger ruhig.
Jetzt erst legt RHAPSODY OF FIRE mit “Dark Wings Of Steel” nach. Die Dargolad-Saga war abgeschlossen und man möchte sich anderen Themen widmen, tönte es von den beiden neuen Bandchefs. So erwarteten viele wohl den großen Umbruch. Doch gleich der ersten Töne vom Opener „Rising From Tragic Flame“, die auch mühelos auf den frühen Veröffentlichungen Platz gefunden hätten, zeigen, dass im Hause RoF nicht viel Neues gemacht wird. Das muss aber nicht negativ ausgelegt werden – denn so bekommen die Fans nach wie vor das, was sie an der Band so mögen. Auffällig ist aber natürlich trotzdem das Fehlen von Luca. Anstatt virtuosen Gitarrenspielereien, exzessiven Ausflügen ins Neoklassische und ausufernden Soli, findet man dank Neuzugang Roberto De Micheli harte, direkte und kompromisslose Riffs. Das tut dem Sound der Italiener überraschend gut. So kommen einige Songs trotz opulenter Orchestrierung, die übrigens von einem echten Orchester eingespielt wurde, viel schneller auf den Punkt. Pompöse Arrangements, fette Chöre und die typischen Keyboards von Alex kommen aber natürlich trotzdem noch reichlich zum Zug.
Auch wenn die 15-jährige Saga nun vorbei ist, so haben RHAPSODY auf „Dark Wings Of Steel“ ihr erzählerisches Talent und der Hang zum Hollywood-Soundtrack nicht verloren und setzen auf sehr viel Atmosphäre. „Angel Of Light“ lebt somit von einer schönen Dramaturgie und viel Pathos, der sich durch Fabios Talent gleich in mehrerlei Hinsicht selbst übertrifft. Der Song hat aber auch schöne stampfende True Metal Passagen. Auch „Tears Of Pain“ bietet das ganze Repertoire an Emotionen, außerdem heftige Riffs, verspielte Piano-Passagen und mehrstimmigen Gesang. Ein Anspieltipp ist, obwohl ich RHAPSODY Alben eigentlich gerne als Gesamtwerk betrachte, das wundervolle „Crystal Skies“. Aber auch „Custode Di Pace“, das die obligatorische Italo-Ballade darstellt, ist für Fans sanfterer Klänge ein Highlight. Der Longtrack „My Sacrifice“ zeigt dann doch etwas mehr Spielfreude an der Gitarre, hat sehr gelungene Momente, erfüllt aber nicht ganz meine Erwartungen an den längsten Song eines Albums. Zuletzt sei noch der furiose Titeltrack genannt, der sehr frisch tönt und sowohl in Sachen Rhythmik als auch vom Arrangement her absolut interessant ist.
„Dark Wings Of Steel“ ist nicht die erhoffte Überraschung, lässt einen aber gleichzeitig aufatmen. RHAPSODY OF FIRE krempeln nach dem Umbruch ihren Sound nicht komplett um, klingen aber eine gute Spur frische als zuletzt. Etwas mehr Mut hätte ich mir dennoch gewünscht. Fans der Band können aber wie gewohnt in ein vielseitiges sowie vielschichtiges Album eintauchen.
Tracklist „Dark Wings Of Steel“:
1. Vis Divina
2. Rising From Tragic Flames
3. Angel Of Light
4. Tears Of Pain
5. Fly To Crystal Skies
6. My Sacrifice
7. Silver Lake Of Tears
8. Custode Di Pace
9. A Tale Of Magic
10. Dark Wings Of Steel
11. Sad Mystic Moon
Gesamtspielzeit: 59:33