BLIND GUARDIAN - Beyond The Red Mirror
BLIND GUARDIAN
Beyond The Red Mirror
(Power Metal)

 


Label: Nuclear Blast
Format: (LP)

Release: 2015


Dass ein BLIND GUARDIAN-Album heutzutage nicht mehr so einfach aus dem Ärmel zu schütteln ist, sollte spätestens seit dem bombastischen Mammut-Projekt „A Night At The Opera“ hinlänglich bekannt sein. Zahlreiche Instrumentalspuren, groß angelegte Percussion, Chören ohne Ende und ein Orchester sind weder schnell ausgearbeitet noch einfach einzuspielen. Doch ein Zeitraum von vier bis fünf Jahren ist für Fans dann doch eine Geduldsprobe. Wenn dann noch dazu kommt, dass die deutsche Legende auch eine Live-Pause einlegte, dann wird es erst recht hart. Da half das Best-Of „Memoriers Of A Time To Come” nur bedingt, um über die Runden zu kommen.

Doch nun ist es endlich soweit und die Wächter präsentieren mit “Beyond The Red Mirror” den lang erwarteten Nachfolger zu “At The Edge Of Time” und somit ihr zehntes Album. BLIND GUARDIAN kündigten bereits im Vorfeld an einen Schritt zurück zu gehen, was aber eher lyrisch gemeint ist, denn mit dem bombastisch-opulenten „The Ninth Wave“ knüpfen die Krefelder genau da an, wo sie auf dem letzten Album aufgehört haben. Der 10-Minüter beginnt mit bedrohlich choralem Gesang in Latein, baut einen enormen Spannungsbogen auf, der sich in fettes Riffing und pumpendes Drumming entlädt, ehe Hansi mit kraftvoller Stimme einsetzt und auch die restlichen BG-Trademarks zum Tragen kommen. Die Orchestration ist aller erste Sahne und einmal mehr beweist diese Band, wie man Härte und Klassik richtig verbindet und zu einer Einheit verschmelzen lässt. Hier passiert so viel und doch ist alles wahrnehmbar und nach einigen Durchläufen auch vollends zu Genießen. Da kommt die typische Single „Twilight Of The Gods“ trotz fetter Produktion und einigen Chören dagegen direkt schmal daher, bietet aber alles was der Fan erwartet. Die unverwechselbaren Twin-Leads geleiten durch den Song und der positive Refrain bohrt sich bald in die Ohren und lädt natürlich auch zum Mitsingen ein. Auch „Prophecies“ macht es spannend, spielt mit vielen Stimmungs- und Tempi-Wechsel, während der verspätete Titeltrack zu „At The Edge Of Time“ auf Dramaturgie setzt und auch mit Pathos und opulenter Orchestration nicht geizt. „Ashes Of Eternity“ ist danach ein passendes aber etwas hektisches Riffgewitter, das nochmal unterstreicht, dass die Guardians wieder an Härte zugelegt haben.

Doch die wirklichen Stärken kann „Beyond The Red Mirror“ erst im zweiten Teil ausspielen. „The Holy Grail“ könnte irgendwann zwischen „Imaginations From The Other Side“ und „Nightfall At Middle Earth“ mit einem Schuss „A Night At The Opera“ entstanden sein und zeigt sich flott, heftig, dynamisch und trotzdem hymnisch. Apropos „Imaginations…” – BG setzen hier storytechnisch einige Zeit später an und erzählen die Geschichte beider Welten, die sich enorm veränderten und das letzte noch bestehende Tor zwischen diesen unbedingt gefunden werden muss. „The Throne“ ist ein weiteres songwriterisches Meisterwerk, das vor Dramatik, Emotionen und Pathos nur so explodiert. Hansi beweist auch hier, dass er zur Elite der Power Metal-Sänger gehört und seine Stimme endlich wieder in allen Facetten einzusetzen weiß, denn von Engelschören über flotte Gesänge, bis hin zu dem einen oder anderen fiesen Überraschungsshout ist hier alles dabei. So auch auf dem immer mal wieder den Knüppel rausholenden „Sacred Mind“. Ehe BLIND GUARDIAN nochmal in die Vollen gehen, zeigt man sich mit „Miracle Machine“ von seiner ruhigen Seite. Piano, trauriger Gesang und Streicher laden zum Dahinschmelzen ein. Dass die Herren Balladen drauf haben, brauchen wir nach „The Bards Song“ oder „Harvest Of Sorrow“ nicht mehr diskutieren.

Zum Ende hin ist „The Grand Parade“ mit seinem Namen absolut Programm. Erneut gibt es zehn Minuten lang Bombast, Symphonie, Spannung und doch auch harte Drums, fette Riffs und alle bekannten BLIND GUARDIAN-Trademarks, die wir in den letzten Dekaden so lieben gelernt haben.

„Beyond The Red Mirror“ ist weit mehr als die verhältnismäßig typische und fast schon verhaltene Single „Twilight Of The Gods“ im Vorhinein versprach. BLIND GUARDIAN gehen einerseits den längst eingeschlagenen Weg der Perfektion zwischen Metal und Bombast weiter, wagen aber einen kleinen Schritt zurück und lassen alte Geschwindigkeit und Härte wieder bis zu einem gewissen Grad einziehen, ohne auf der Stelle zu treten. Zwar klingt so manches vertraut, doch der Spiegel muss schon öfter durchblickt werden, um alles zu offenbaren. Ein weiteres Meisterwerk der Veteranen aus Deutschland.

 


Tracklist „Beyond The Red Mirror“:
1. The Ninth Wave
2. Twilight Of The Gods
3. Prophecies
4. At The Edge Of Time
5. Ashes Of Eternity
6. The Holy Grail
7. The Throne
8. Sacred Mind
9. Miracle Machine
10. Grand Parade
Gesamtspielzeit: 65:20


www.blind-guardian.com

 

BLIND GUARDIAN - Imaginations From The Other Side
BLIND GUARDIAN – Beyond The Red Mirror
LineUp:
Hansi Kürsch
André Olbrich
Marcus Siepen
Frederik Ehmke
9
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