Dino Cazares und seine FEAR FACTORY stecken trotz ihrer kreativen Schaffenspause von 2005 bis 2010 irgendwie in der Krise. Klar „Transgression“ war verdammt gewöhnungsbedürftig und eine Pause war sicher nicht der größte Fehler doch das Comeback „Mechanize“ und dessen Nachfolger „The Industrialist“ wollten in ihrer Sterilität nicht wirklich überzeugen oder gar hängen bleiben.
Gut, FEAR FACTORY wollen bis zu einem gewissen Grad steril und trostlos klingen, das gibt ja das Konzept der Band auch her, doch ein Gene Hoglan, der eine echte Maschine an den Drums ist, ist da schon zu viel des Guten – vom Drum-Computer auf dem letzten Werk spreche ich gar nicht erst. Die Grätsche zwischen mechanischem Konzept und organischem Sound, die ihre Werke „Soul Of A New Machine“ und „Demanufacture“ zu den Klassikern, denen die Amis bis heute nachlaufen und auch nie wieder erreichen werden, wollte einfach nicht mehr aufkommen.
Das nunmehr zehnte Werk von FEAR FACOTRY zeigt aber sogleich, dass Cazares und Fronter Bell dieser Umstand mittlerweile bewusst worden ist. Dass der Opener „Autonomous Combat System“ nach dystopischem Intro in Sachen Rhythmik an den Klassiker „Self Bias Resistor“ angelehnt ist, kann kein Zufall sein. Dass hier noch Samples, die an den Terminator-Soundtrack erinnern, dazu kommt, bringt dem Song dann doch die eigene Note. Burton brüllt sich in bekannter Manier durch den Song und Drummer Mike Heller hat den Sound der Band absolut verstanden und schafft es nun somit mühelos, dass die Angstfabrik zwar nach sich selbst klingt, aber dennoch klar macht, dass man es hier mit einem echten Drummer zu tun hat. Dieses kleine Detail wirkt auf „Genexus“ wirklich Wunder. „Anodized“ und „Dielectric“ machen nicht viel anders als der erste Song, gehen aber gut ins Ohr und bieten dem FEAR FACTORY Fan alles, was die Band in den letzten Jahren groß gemacht hat. Das Gefühl, vieles davon von der Truppe bereits gehört zu haben, mag zwar selten weichen, wie auch beim Einstiegs-Gebrüll bei „Soul Hacker“, die Tracks machen endlich mal wieder Spaß.
Natürlich bietet Burton C. Bell wieder ein Konzept, dass Mensch und Maschine näher beleuchtet. Es geht um eine Zukunft, die in gewisser Weise schon da ist, in der die Maschine immer menschlicher wird und der Mensch immer mehr zur Maschine. Außerdem kommt die persönliche Note dazu, denn Bell behandelt die große Frage: „Wer bin ich?“.
„Promotech“ kommt mit interessanten Synthies und Cyber-Rhythmik daher und geht gut ins Ohr, während sich der Mann am Mikro erneut die Seele aus dem Leib brüllt. Die cleanen Vocals sind in jedem Refrain zu finden, klingen solide, hat man aber bereits besser gehört. Komplette Aussetzer dahingehend, wie man sie leider live schon öfter erlebt hat, bleiben aber aus. Richtig aggressiv kommt der Titeltrack, der sich unaufhaltsam nach vorne wälzt, daher, etwas tiefgründiger tönt hingegen „Battle For Utopia“, während „Expiration Date“ die experimentelle Seite von FEAR FACTORY aus dem Cryo-Schank holt und in knapp neun Minuten ein ganz eigenes, wenn auch sehr ruhiges Hörerlebnis verspricht. Wir nicht jedem FF-Fan gefallen, funktioniert auf „Genexus“ jedoch wunderbar.
„Genexus“ ist zwar kein Meisterwerk, aber der längst überfällige Befreiungsschlag, der FEAR FACTORY endlich wieder in passender Form zeigt. Hier treffen alte Elemente auf neue Ideen und Experimente ohne jemals daneben zu treten. Vielleicht mag die Abwechslung etwas zu Gunsten des Fanservices in den Hintergrund gestellt werden, aber hier dürfen Bell und Cazares definitiv neu ansetzten. Definitiv das beste Werk seit „Archtype“, wenn nicht sogar mehr, aber das wird die Zeit zeigen.
Tracklist „Genexus“:
1. Autonomous Combat System
2. Anodized
3. Dielectric
4. Soul Hacker
5. Promotech
6. Genexus
7. Church Of Execution
8. Regenerate
9. Battle For Utopia
10. Expiration Date
Gesamtspielzeit: 48:16