Nur glückliche Menschen lassen auch andere Menschen glücklich sein

Nathan Gray, der Sänger von BOYSETSFIRE, ist schon länger solo unterwegs und im Zuge der Europatour zum neuen Album „Until The Darkness Takes Us“ machten sie auch für ein Konzert am 17. April in der Arena Wien halt. Dort hatte earshot.at die Gelegenheit mit Nathan Gray und Daniel Smith ein kleines aber feines Interview zu führen.


Wir haben eine tolle Basis geschaffen, die wachsen kann und wachsen wirdNathan Gray


Die obligatorische Eröffnungsfrage; wie läuft eure Tour bisher?

Nathan: Großartig. Es ist ein Riesenspaß. Es ist aber auch quasi eine Aufbauarbeit, denn wir machen doch etwas deutlich anderes und die Leute kommen und sind wenig begeistert, denn sie wollen BOYSETSFIRE hören und genau das können wir nicht bieten. Was aber sehr cool ist, dass wir mit jeder einzelnen Show neue Leute erreichen und diesen unsere Show und Musik gefällt. Und es ist wie gesagt, ein großer Spaß.

 

Das NATHAN GRAY COLLECTIVE ist nun dein erstes Soloprojekt, das deinen Namen trägt, hat dich dies als Künstler weitergebracht?

Nathan: Durch die Zusammenarbeit mit Dan auf alle Fälle. Denn zuerst gab es nur akustische Songs von mir, die er dann mit seinen musikalischen Vorstellungen weiterverarbeitete. Seit wir unseren gemeinsamen Stil gefunden haben, hat uns dies als Künstler noch weitergebracht. Dan kann dazu sicher mehr sagen..

Dan: Man kann es mit Sicherheit von Anfang an als künstlerischen Prozess bezeichnen. Nathan und ich kennen uns seit Jahren, und als er mit seinem Soloprojekt begonnen hat und an mich als Freund herantrat und mich bat ihm bei einigen Songs, die er geschrieben hatte, auszuhelfen. Was ich natürlich gerne tat. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich, dass ich ihm einfach helfe an seinen Songs zu arbeiten, aber als wir dann begannen Ideen auszutauschen und an den Songs zu feilen, stellte sich sehr bald heraus, dass es zwischen uns eine besondere musikalische Chemie gab. Damit hatte keiner von uns beiden gerechnet, da wir so unterschiedliche Backgrounds haben; Nathan kommt mehr von der Hardcore und Rock ’n’ Roll Seite und ich aus der Elektronik und dem Industrial. Es hat von Anfang großartig funktioniert und nachdem die EP noch mehr unseren Findungsprozess darstellte, ging das neue Album viel leichter und flüssiger von der Hand und fängt ein was wir gemeinsam machen wollen.

Dan, mit dieser Antwort hast du meine nächste Frage gleich mit beantwortet. Somit gleich weiter. Nathan, du hast auch ein Buch mit gleichem Titel wie das Album „Until The Darkness Takes Us“ herausgebracht, könntest du uns kurz erzählen wie das Buch und das Album korrelieren bzw. sich ergänzen?

Nathan: Es war sehr zweckmäßig, denn das Album mit seinem Konzept von einer Person, die sich an einem Ort des Elends und der Unterwerfung befindet und in sich selbst geht und herausfindet dass sie selbst gut genug ist und sie keine äußeren Kräfte brauche die ihr hilft. Ob dies nun physische oder spirituelle Autoritätsfiguren sind, oder ihre eigene Autorität ausreichend ist. Und dies hat mich dazu inspiriert meine eigene Geschichte auf dem Album zu erzählen, wobei dies auf dem Album eher offen formuliert ist und erst das Buch meine wirklich persönliche Geschichte in diesem Zusammenhang erzählt. Ich hoffe, dass dieses Buch Anderen hilft ihre Geschichte auf dem Album (wieder-)zu finden.

NATHAN GRAY COLLECTIVE - Nathan Gray & Daniel Smith

Das Album wurde durch Crowdfunding über pledgemusic finanziert. Habt ihr mit so einem raschen Erfolg gerechnet?

Nathan: Wir hatten keine Ahnung.

Dan: Der Erfolg der ersten 24-48h hat uns einfach nur umgehauen. Wir dachten schon, dass wir das Ziel innerhalb des vorgegebenen Zeitraums von einem Monat erreichen werden. Aber dieser Umstand hat uns dann doch mehr als überrascht.

BOYSETSFIRE war immer eine sehr politische Band und auch die politische Stimmung auf der ganzen Welt ist aufgeheizt. Nehmen wir zum Beispiel das gestrige Referendum in der Türkei.

Nathan: Jeden verdammten Tag passiert etwas von Tragweite.

Dan: Seit wir auf Tour sind, scheint es jeden Tag schlimmer zu werden; diese begann am Tag des Anschlags in Stockholm.

Kann man also in naher Zukunft auch von eurer Seite politische Statements in Songs erwarten?

Nathan: Nicht notwendigerweise, man wird aber von uns hören, dass das politische mehr mit dem Persönlichen zu tun hat, denn damit fängt es an. Wir könnten den ganzen Tag mit irgendwelchen Slogans um uns werfen, aber das ist sinnlos, denn ich denke die meisten Leute haben genug davon, und die die es nicht so empfinden, sind wohl zu einfach gestrickt. Was wir aber tun wollen, ist das Individuum dazu zu inspirieren den eigenen Weg zu finden, um den ganzen Schlamassel zu lösen. Es steht uns nicht zu, jemanden zu sagen wie er sein Leben leben soll, was man machen soll und in welcher politischen Struktur dies von Statten gehen soll. Man könnte uns eher als Cheerleaders – „künstlerische Cheerleaders“ bezeichnen, die die Leute motivieren und inspirieren. Und wie ich immer sage, nur glückliche Menschen lassen auch andere Menschen glücklich sein. Und dazu wollen wir die Leute inspirieren, ihre innere Stärke, Eigenverantwortung und damit auch Glück und Freude zu finden. Wir haben einfach nur diese beschränkte Zeit zur Verfügung und ich glaube, wenn wir die Leute dazu ermuntern, dann habe ich keine Zweifel daran, dass diese damit beginnen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen – beginnend bei ihnen selbst über ihr Umfeld, ihre Gemeinde, über ihre Stadt, ihr Land bis hin zur ganzen Welt. Das ist die einzige Politik, die wir wirklich brauchen.

Dan: Was wir auch sagen wollen ist, dass es besser ist seine Abhängigkeiten vom System zu ändern als zu versuchen, das kaputte System an sich zu ändern. Denn je unabhängiger du von dem System bist, desto weniger musst du dich um das System sorgen.

Nathan: Das System ist der Grund des Scheiterns.

Dan: Und je unabhängiger du wirst, desto mehr kannst du dich auf dich selbst und deine Ideen und dein Glück verlassen kannst und dann bist du auch in der Lage das Leben anderer oder gar die Welt besser zu machen.

 

Könnt ihr den euren kreativen Prozess im Studio beschreiben, da sich mit Euch ja zwei so unterschiedliche Individuen gefunden haben

Nathan: Es ist verrückt.

Dan: Jeder Song ist sehr unterschiedlich, es gibt keine Formel nach der wir vorgehen.
Genau deshalb macht es auch so viel Spaß, weil alles möglich ist und es kein Malen nach Zahlen ist. Manche Songs hat Nathan schon daheim geschrieben und dann bringt er sie mit und ich mache etwas ganz anderes draus oder fülle einige Akkordideen mit neuem Leben. Andere Songs werden von mir geschrieben und Nathan gibt mir Feedback oder Änderungsvorschläge oder neue Arrangements und wir entwickeln den Song dann gemeinsam weiter. Oder wir rocken im Studio einfach drauflos und das Resultat ist ein neuer Song. Das lässt uns kreativ immer in Bewegung bleiben und diese Dynamik und die Unterschiedlichkeit ist auch in den Songs am Album zu hören

Nathan: Das war perfekt, dem ist nichts hinzuzufügen. (lacht)

Nathan, kannst du etwas über dein Engagement in der Church of Satan erzählen und meine Folgefrage wäre, ob auch Du (Dan) einen Bezug dazu hast

Nathan: Klar.

Dan: Nein, ich kann mit einem Großteil der Prinzipen etwas anfangen, aber mit der Church of Satan an sich nicht.

Nathan: Und genau das ist der Punkt, Dan und ich haben hart daran gearbeitet einen gemeinsamen Punkt zu finden, wo sich unsere Philosophien treffen. Aber so ist das zwischen uns. Satanismus ist nicht etwas das du predigst, das tun wir nicht. Dafür gibt es genügend alberne Black Metal Bands mit ihrem „SATAN“–Gebrüll; das braucht keiner. Es spricht einfach nicht jeden an. Als Künstler ist es aber dein Anliegen jeden anzusprechen, egal wo deine Inspiration herkommt. Genau das ist der Punkt. Sagen wir ein Künstler ist Buddhist, aber mit seinem (vom Buddhismus inspirierten) Output wird jeder etwas anfangen können. Wir denken, die ganze Philosophie und Idee der Selbstbestimmung vereint seine und meine Einstellung als Satanist und Nicht-Satanist. Und am Ende des Tages ist es egal, weil ich will niemanden retten und ich will auch keinen zur Church of Satan konvertieren oder anwerben. Was wir aber mit unserer Bühnenshow und Dekoration erreichen wollen ist, einen neuen anderen Aspekt hineinzubringen. Es gibt noch diesen rituellen Charakter mit dem Totenkopf und so, aber wir haben hart daran gearbeitet es nicht zu übertreiben. Es gibt also keine Pentagramme oder Ziegenschädel oder ähnliches auf der Bühne. Natürlich gibt es die dunkle Komponente noch, wie du später sehen wirst, aber wir haben Blumen und einen Schädel und versuchen die Romantik der Endlichkeit des Lebens darzustellen. Das ist es, was wir unterstreichen wollen; worin die Schönheit innerhalb deiner Sterblichkeit besteht und wie man wieder richtig lebt. Die Leute sollen sich nicht denken, oje wieder dieser Scheiß, sondern dieses Bild sehen und eine Verbindung zu dem aufbauen können was wir tun.

 

Wir sind schon bei der abschließenden Frage angelangt, nämliche die obligatorische Frage was die nächsten Pläne des NATHAN GRAY COLLECTIVE sind?

Nathan: Heimkommen.

Dan: Viel Schlaf.

Nathan: Ja, genau viel schlafen und relaxen. Und dann wieder zusammenkommen und entscheiden was wir als nächstes tun. Wir wollen etwas in unserer Gegend machen und auch wieder nach Europa kommen und auf einigen Festivals spielen. Also eine kurze Ruhepause und dann starten wir wieder durch und wir werden wieder zu schreiben beginnen, einfach wie es in einer Band so ist.

Wir werden sehen wie es weiter wächst. Ich bin sehr optimistisch, denn ich denke mit dieser Tour haben wir ein großartiges Fundament für die nächsten Jahre als Band gelegt. Die letzte Tour im vergangenen Sommer war noch mehr eine Suche danach wo wir hinwollen. Aber diese Tour ist großartig und unsere eigentliche Initialzündung.

Dan: Ja und das Album ist auch noch sehr frisch, es ist ja erst im März erschienen. Wir brauchen auch einen kurze Pause um Luft zu holen (lacht). Wir sind seit eineinhalb Jahren ständig unter Strom. Nach der letzten Tour vergangenen Sommer haben wir gerade mal zwei Monate pausiert, um dann am Album zu arbeiten. Es wird sich noch zeigen wie das Album läuft, aber wir denken es ist wirklich etwas Besonderes geworden. Das ist auch das Feedback das wir bekommen, klar hassen es auch einige, aber viele teilen unsere Meinung, dass es etwas Besonders.

WNathan: Wir haben eine tolle Basis geschaffen, die wachsen kann und wachsen wird. Ich finde es großartig, dass wir auch Leute erreichen, die nie zuvor von BOYSETSFIRE gehört haben und wir somit auch ein komplett neues Publikum für uns erreichen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Nathan & Dan: Wir danken!

nathan gray interview

 

 


NATHAN GRAY COLLECTIVE - Nathan Gray & Daniel Smith

 

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