Legends Of The Shires
(Progressive Metal)
Label: Nuclear Blast
Format: (LP)
Release: 08.09.2017
So we can use it anywhere
We marveled at its colors
And how we’re free to dream and dare
Dream and dareThe Box
Was haben die britischen Prog-Helden von THRESHOLD in ihrer bald 30-jährigen Karriere nicht schon alles durchmachen müssen. Doch Bandleader und einzig verbliebenes Gründungsmitglied Richard West hat es dennoch immer wieder geschafft, die Band am Leben zu erhalten, weiter zu entwickeln und laufend Meisterwerke des Genres zu veröffentlichen. Auch im Vorfeld von „Legend Of The Shires“, dem mittlerweile elften Werk, das als episches Doppel-Album konzipiert ist, mussten Fans wieder um die Band bangen, als Rückkehrer und Stimmwunder Damian Wilson nach nur zwei Alben schon zum dritten Mal ausschied. Doch sein Nachfolger übernahm diesen Posten bereits in den Neunzigern von ihm und gab diesen zwei Jahre später auch wieder genau an Damian zurück. Die Rede ist von Glynn Morgan, der 1994 das Zweitwerk „Psychodelicatessen“ einsang.
Ich muss zugeben, „Legends Of The Shires“ gefiel mir nicht auf Anhieb und ich musste mich wohl erst an die neue Stimme sowie die dazugehörigen Veränderungen im Sound gewöhnen, doch nach ein paar Durchläufen ist klar, dass THRESHOLD ein weiteres Meisterwerk geschaffen haben, das mit seinen Vorgängern mühelos mithalten kann. Kernstück des 82-minütigen Epos ist das intensive und verträumte „The Shire“, das gleich in drei Parts in Erscheinung tritt. Schon als Halb-Intro kann Glynn in zwei Minuten mit seiner leicht rauhen, aber melodiösen Stimme sein Können in Begleitung von cleanen Gitarren, die unter die Haut gehen, beweisen. Etwas später ist der zweite Teil einfach ein Extended Version des Tracks, der dann auch mit elektrischen Gitarren für noch mehr Intensität sorgt. Der dritte Teil greift das Thema nochmal kurz auf und sollte wahrscheinlich nur als eine Art Roter Faden dienen, hat aber zudem noch eine kleine Überraschung in petto, da man hierfür Ex-Bassist Jon Jeary für ein Cameo am Micro gewinnen konnte. Jon sang bereits die ersten Demos ein und war bis 2002 Teil der Band.
Doch auch rund um dieses Stück überzeugen THRESHOLD, beginnend mit dem eingängigen Prog-Banger „Small Dark Lines“, das mit typischen Trademarks ausgestattet ist, durch eindringliche Keyboards von Richard West und coolen Vocallines von Glynn überzeugt. Daneben könnte man als schnelle Anspieltipps das 80s-Glam Stück „Stars And Satellites“ sowie die Ballade „State Of Independence“ für Ungeduldige erwähnen, da die Songs wohl am wenigsten progressiv ausgefallen sind und somit recht schnell zünden. Außerdem merkt man hier schon das Können und Gefühl des neuen Sängers, der im Gegensatz zu seinem Vorgänger eher im klassischen Hard Rock irgendwo im Bereich von John Wetton (ASIA) angesiedelt ist.
Dem entgegen stellen THRESHOLD aber auch unglaublich starke und tiefgründige Epen. Schon der Titel von „The Man Who Saw Through Time“ zeigt, dass es sich nicht um einfach Kost handelt. Der 12-Minüter ist zu keiner Sekunde langweilig und sorgt nicht selten für Gänsehaut. Ruhige Pianoklänge, getragener Gesang, intensive Leads und Soli, einige Tempi-Wechsel sowie ein unter die Haut gehender Refrain machen das Stück zu einem der vielen Highlights. Auch „Trust The Process“ kommt auf neun Minuten, tönt verhältnismäßig heavier und erinnert ebenso wie das düstere „Snowblind“ an die Ära mit Andrew McDermott, sprich „Subsurface“ und „Dead Reckoning“. Etwas kompakter sind das dramatische und mit Orgelklängen angereicherte „On The Edge“ sowie das space´ige „Subliminal Freeways“, das auch auf dem Vorgänger Platz gehabt hätte, ausgefallen. „State Of Independence“ erinnert mit seiner getragenen Art und dem Piano entfernt an QUEEN und „Swallowed“ schließt das Album auf ähnliche, aber noch gefühlvollere Art ab. Doch zuvor liefert man mit „Lost In Translation“ noch einen Epos, bei dem mich mittlerweile die Sucht gepackt hat. Der Track steht einfach für alles, was THREHSOLD ausmacht. Düsterer, moderner Sound, ein Gespür für unvergleichliche Melodien und Gesangslinien sowie ein enormer Spannungsbogen; nicht zu vergessen, einen tiefgehend Text.
THRESHOLD sind und bleiben ein Phänomen und Highlight des Genres. Immer wieder rappelt sich die Band auf, egal welche Steine man dieser in den Weg legt. „Legends Of The Shires“ ist ein weiteres Meisterwerk der Briten, das keine merklichen Schwächen aufweist und ein paar zeitlose Epen sowie eingängige Hits zu bieten hat. Ein heißer Anwärter auf das Album des Jahres.
Tracklist „For The Journey“:
1. The Shire (Part 1)
2. Small Dark Lines
3. The Man Who Saw Through Time
4. Trust The Process
5. Stars And Satellites
6. On The Edge
7. The Shire (Part 2)
8. Snowblind
9. Subliminal Freeways
10. State Of Independence
11. Superior Machine
12. The Shire (Part 3)
13. Lost In Translation
14. Swallowed
Gesamtspielzeit: 82:22