I Loved You At Your Darkest
(Death Metal | Black Metal)
Label: Nuclear Blast
Format: (LP)
Release: 2018
Man musste sich durchaus etwas gedulden, bis man wieder neues Material der polnischen Blackened Death Metal Schwergewichte BEHEMOTH in den Händen halten darf. Musikalisch wurde mit dem letzten Longplayer „The Satanist“ damals ordentlich vorgelegt und der eigene Status als definierende Genregröße einzementiert. Nun ist natürlich die Frage, ob man an diese alte Hochform so einfach nahtlos anschließen kann. Die musikalische Spielwiese namens ME AND THAT MAN, auf der sich Adam „Nergal“ Darski zwischenzeitlich verdächtig knapp an den Fersen des Neo-Folkers KING DUDE austobt, wurde nicht nur wohlwollend aufgenommen. Wieviel davon würde auf sein Herzensprojekt BEHEMOTH überschwappen?
Erfreulich wenig. Hauptsächlich (Kinder-)Chöre, an denen Nergal inzwischen scheinbar Gefallen gefunden zu haben scheint. Ein solcher Kinderchor läutet „I Loved You At Your Darkest“ – oder ILYAYD, wie das Album aufgrund des sperrigen Bibelzitats als Titel auch abgekürzt werden darf – ein. Quasi hypnotisch erklingt blasphemischer Sprechgesang, der sich in ein instrumentales Kurzstück ergießt. Dieses geht dann wiederum mehr oder weniger fließend in den ersten vollen Song „Wolves Of Siberia“ über. Ein Kunstkniff, wie er schon vor mehr als zehn Jahren auf „The Apostasy“ zu finden war. „Wolves Ov Siberia“ ist dann archetypisch BEHEMOTH, mit einem Refrain, der so eingängig ist, dass man ihn bereits beim ersten Durchlauf mitsingen könnte. Wohl auch mit ein Grund, warum es der Song bereits vor der eigentlichen Veröffentlichung in das Live-Repertoire schaffte. Er drückt ordentlich und komprimiert die Essenz der Band auf drei intensive Minuten.
Im Kontrast dazu „God = Dog“, das einerseits durch den fast schon peinlich anmutenden Songtitel (bei aller Liebe, Teenager in ihrer rebellischen Phase kritzeln ähnlich gehaltvolle Poesie an den Rändern ihrer Religionshefterl). Man muss sich nicht zwingend in die Nähe von lyrischen Meisterwerken wie SLIPKNOTs „People = Shit“ stellen), andererseits durch frisches und brillantes Songwriting auffällt. Da geht nämlich eine ganze Menge ab. Unter anderem auch schon wieder ein Kinderchor, der den Bogen zum Intro schließt.
„Ecclesia Diabolica Chatholica“ fängt wieder sehr gefällig an, nur um dann ohne Vorwarnung in einen Chor (dieses Mal ohne Kinder) überzugehen. Spätestens bei „Bartzabel“ beginnt man sich zu fragen, was es mit all diesen unerwarteten Chor-Exkursionen auf sich hat. Dazwischen wechseln sich treibende Riffs, ein paar kleinere Wendungen wie Akustikgitarren in dritter Spur und bereits bekannte Songwriting-Kniffe aus der Nergal’schen Trickkiste ab. Der letzte reguläre Song „We AreTthe Next 1000 Years“ setzt gemeinsam mit “Wolves Ov Siberia” eine Klammer der brutal eingängigen Live-Hymnen um ILYAYD. In Kombination mit dem instrumentalen Outro „Coagvla“ (das seinerseits mit seinen Fanfaren etwas an den Schlussteil von „Blow Your Trumpets Gabriel“ von „The Satanist“ erinnert) ein fulminanter Abschluss im Stakkato.
Die Songs sind durchgehend extrem gut geschrieben und mit ähnlicher Finesse umgesetzt. Die verspielten Basslinien von Orion und der melodische Einsatz der Toms von Inferno (ein wesentlich markanterer Akzent als seine vielgerühmte Fähigkeit zu schier endlosen und wahnwitzig schnellen Blastbeats) prägen das Klangbild maßgeblich. Das tritt nicht zuletzt in Songs wie „Angelvs XIII“ oder „Havohej Pantocrator“ zum Vorschein.
ILYAYD hält über seine volle Länge ein beindruckend hohes Niveau. Das Songwriting ist hieb- und stichfest, und bietet dabei angenehm viel Abwechslung. Dabei weicht man auch nicht zu weit davon ab, was BEHEMOTH ausmacht. Und, das muss in der Deutlichkeit gesagt werden, es macht einfach Spaß ILYAYD anzuhören. Mitunter kann das auch daran liegen, dass es „rockiger“ als bisherige BEHEMOTH Alben ist, wie es seitens der Band selbst heißt. Auf jeden Fall gibt es viel zu entdecken. Einen halben Punkt Abzug gibt es aber trotzdem für die Überstrapazierung des Stilmittels „Kinder- bis Herrenchor“.
Tracklist „I Loved You At Your Darkest“:
1. Solve (Intro)
2. Wolves Ov Siberia
3. God = Dog
4. Ecclesia Diabolica Catholica
5. Bartzabel
6. If Crucifixion Was Not Enough…
7. Angelvs Xiii
8. Sabbath Mater
9. Havohej Pantocrator
10. Rom 5:8
11. We Are The Next 1000 Years
12. Coagvla
Gesamtspielzeit: 46:40