John Michael „Ozzy“ Osbourne, inzwischen stolze 72 Jahre alt (wer hätte ihm das zugetraut?), hatte in letzter Zeit nicht viel Glück. Man könnte fast von einem Seuchenjahr sprechen, wenn man auf 2019 zurückblickt, zahlreiche Erkrankungen und Verletzungen fesselten den Prince Of Darkness monatelang ans Bett, umso schöner jetzt die positiven Nachrichten, dass gesundheitlich wieder alles im grünen Bereich ist und als Draufgabe hat der wieder zu alter Stärke gefundene Ozzy auch noch ein neues Album im Gepäck.
Zehn Jahre ließ sich Mr. Osbourne Zeit, um den Nachfolger für das durchaus gelungene „Scream“ auf seine Fans loszulassen. „Ordinary Man“ wurde es getauft und liefert neben elf Songs und einem Bonustrack durchaus interessante Kollaborationen, die man so nicht erwarten durfte. Dass es der alte Mann noch drauf hat, beweist ein Blick auf die internationalen Charts, ist doch „Ordinary Man“ die erfolgreichsten Platte aus Charts-Sicht in der Karriere des Engländers. Platz drei in den USA und europaweit Einstiege in die Top 10 sprechen eine klare Sprache.
Ein Grund für den Erfolg könnte sein, dass man sich den in Amerika sehr beliebten Pop-Künstler POST MALONE und dessen Produzent Andrew Watt mit an Bord holte. So findet man neben klassischen OZZY-Songs durchaus so manches Experiment, was jedoch nicht nur positiv zu sehen ist. Man höre nur „It’s A Raid“ gemeinsam mit Post, das punkig hart daherkommt und mit seinem experimentellen Sound für staunen sorgt. Genauso die zweite Zusammenarbeit mit dem auffällig im Gesicht tätowierten Sänger. Ozzy spielt stimmlich bei „Take What You Want“ nur die zweite Geige und schaltet sich beim eingängigen, jedoch sehr seichten Refrain ein. Der poppige Song ist mit Sicherheit Geschmacksache und wird den einen oder anderen Headbanger verärgern. Entbehrlich.
Doch auch für hartgesottene Metalheads findet sich etwas, „Straight To Hell“ eröffnet die Scheibe mit jeder Menge fetter Riffs und dem so typischen OZZY Gesang. Bleibt schnell hängen, kann aber noch nicht ganz begeistern. Dazu gibt es den passenden Videoclip, wo sich Demonstranten rund um Ozzy mit der Polizei prügeln. Was auffällt, Herr Osbourne dürfte nun denselben Schönheitschirurgen wie seine Frau Sharon besuchen, den Falten sucht man vergeblich im Gesicht des 72-jährigen.
„Under The Graveyard“ gefällt mir dagegen schon deutlich besser, mit seinen ruhigeren Passagen mittendrinn. Da holt Ozzy Luft, um danach ordentlich die Sau rauszulassen. Gesanglich hat es der Herr aus Birmingham nach wie vor drauf, wie er es hier beweist und auch die Fraktion an den Instrumenten tobt sich hier mal ordentlich aus. Nun kommen das erste Mal Erinnerungen an BLACK SABBATH auf.
„Eat Me“ setzt ebenfalls auf feinen Gitarrensound, der den Song von Anfang bis Ende trägt. Eine weitere starke Ansage, ehe „Today Is The End“ eine nette Zeitreise in die 80er ist. Man versucht hier mit ausschweifendem musikalischem Mittelteil an die erfolgreichsten Zeiten des Prince Of Darkness anzuknüpfen, was teilweise auch gelingt.
Ein Blick auf die Musiker an der Seite des Meisters zeigt, hier wurde so manches verändert. Weder Gus G noch Zack Wylde durften diesmal an der Axt ihren Beitrag leisten. Ozzy verzichtete auf sein Stammpersonal und wechselte bei den Songs die Akteure durch. Neben Tom Morello (RAGE AGAINST THE MACHINE) und Andrew Watts durfte auch ein gewisser SLASH bei zwei Songs sein Können zeigen. Bei „Ordinary Man“, dem wohl größten Highlight auf der aktuellen Veröffentlichung, trafen somit drei Giganten aufeinander, denn Ozzy angelte sich niemand Geringeren als Sir ELTON JOHN zur Zusammenarbeit. Wird sich wohl so mancher Anhänger ob dieser Zusammenarbeit auf den Kopf gegriffen haben, aber es erteilen diese zwei Legenden so manchem Jüngelchen eine Lehrstunde im Musizieren. Wer sich bei voller Lautstärke das grandios gemachte Video dazu ansieht, das eine Zeitreise durch das Leben von OZZY zeigt mit all seinen Weggefährten von Tony Iommy bis Zakk Wylde, von Gus G. bis Tommy Aldridge oder von Geezer Butler bis zum viel zu früh verstorbenen Randy Rhoads und wer dann noch auf den Text horcht, der kann einfach nur feuchte Augen bekommen. Man sieht in den knapp fünf Minuten nur einen Bruchteil des Lebens, bekommt jedoch einen bewegten Eindruck des Schaffens und des Wahnsinns den der Godfather Of Metal magisch anzog.
ELTON JOHN harmoniert ausgezeichnet mit seinem Gesangspartner und was SLASH am Ende abliefert ist allererste Sahne und erinnert an die ganz großen Tage seiner alten Truppe. Ein weiterer Bekannter ist Duff McKagan, der den Bass bei fast allen Songs einspielte und so noch eine Spur mehr GUNS N’ROSES Flair versprühte.
So kann man eigentlich nur dankbar sein, dass es Herrn OSBOURNE wieder richtig gut zu gehen scheint, wenn er dann solch solide Alben abliefert. Die Zusammenarbeit mit POST MALONE und seinem Produzenten mag bei manchen Songs auf „Ordinary Man“ gewöhnungsbedürftig erscheinen und funktioniert auch nicht immer, da man leider oft in das poppige Genre abdriftet. Doch der Erfolg in den Charts und einige starke Nummern geben OZZY recht auch mal neue Wege zu gehen. Und seien wir mal ehrlich, wer mit BLACK SABBATH und auch solo so viel für unser geliebtes Genre geleistet hat, der braucht wirklich keinem mehr etwas beweisen, darum sehen wir hoffentlich diesen Musiker noch einmal live in unseren Gefilden.
Tracklist „Ordinary Man“:
1. Let It Die
2. Let Me Hear You Scream
3. Soul Sucker
4. Life Won´t Wait
5. Diggin´ Me Down
6. Crucify
7. Fearless
8. Time
9. I Want It More
10. Latimer’s Mercy
11. I Love You All
Gesamtspielzeit: 47:41
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