Wie funktioniert eine revolution mitten in der großen Quarantäne? Wir nutzten die Möglichkeit, um mit den deutschen Modern Rockern SET TO REVOLT zu quatschen, um herauszufinden, wie das neue Werk „In´Vade“ entstanden ist, welche Zukunftspläne es gibt und wie man die aktuelle Situation nutzt bzw. mit ihr umgeht.
Hi Jungs, wie verbringt ihr aktuell die Quarantäne bzw. nutzt ihr diese effizient für die Band?
Hi! Momentan gibt´s bei uns leider keine Bandprobe. Wir spielen alle zu Hause vor uns hin und haben immerhin eine neue Songidee fertig gestellt! Es ist defintiv mehr Zeit mit der Familie und an der frischen Luft, was ja schön ist. Wir sehen die Quarantäne entspannt.
Musstet ihr Konzerte absagen bzw. verlegen und habt ihr überlegt die Platte wegen des Lockdowns zu verschieben, wie es viele Bands getan haben?
Nein, die Platte ist jetzt ja auch schon eine Weile fertig und wir konnten es nicht erwarten, unsere Musik endlich mit anderen zu teilen. Außerdem glauben wir, dass Musik zu Hause hören während des Lockdowns eine größere Rolle gespielt hat als sonst.
Wirklich ätzend finden wir, dass wir unsere Release Party am 2. Mai 2020 absagen mussten. Wir hatten ein megastarkes Line-up mit befreundeten Bands geplant. Wir hoffen, dass wir das am 31.10.2020 nachholen dürfen. Auch der ein oder andere Festival-Slot ist leider geplatzt.
Kurz zu Beginn noch vielleicht eine kurze Vorstellung von SET TO REVOLT.
Benni: Ich spiele Bass.
Cyril: Ich spiele die Drums.
Daniel: Ich singe und bin der Frontmann.
Rafael: Ich spiele Gitarre und singe Backing Vocals.
Robin: Ich spiele auch Gitarre.
Wir spielen seit 2014 zusammen. Robin kam letztes Jahr dazu.
Was wollt ihr mit dem Bandnamen ausdrücken und wie ist er überhaupt entstanden?
Den Bandnamen haben wir gemeinsam bei nem Bierchen im Proberaum gefunden. Der Name sollte thematisch gut zur Musik passen und etwas aussagen, das sich auch in unseren Texten wiederspiegelt. Wir rufen damit aber nicht zur blutigen Revolution auf, es ist eher eine Haltung, nicht alles zu akzeptieren ohne darüber nachzudenken.
Es gibt ja ein Konzept hinter „In´vade“ oder zumindest eine Grundidee. Wie seid ihr da darauf gekommen bzw. worum geht es?
Auf die Grundidee ist Daniel gekommen, nachdem wir ein paar Songs, wie z.B. „We are coming in Peace“ geschrieben hatten und gesehen haben, in welche Richtung das Album thematisch gehen kann. Es geht um jegliche Form von „Invasion“: um Macht, Eroberung, wirtschaftlichen Aufstieg, Schaffung einer Konsumgesellschaft und moderne Sklaverei, aber auch im zwischenmenschlichen Bereich, im „Kleinen“.
Was sollen Artwork und Titel aussagen?
Das Artwork zeigt die Invasion auf mikroskopischer Ebene. Tatsächlich ist eine menschliche Zelle dargestellt, die etwas mit einer Nadel injiziert bekommt. Aber konkreter wird´s hier nicht. Es hat defintiv nichts mit Viren oder Impfstoffen zu tun. Das Cover hatten wir schon 2019 fertig.
Gut vier Jahre sind seit dem Vorgänger vergangen. Warum hat es so lange gedauert?
Das hatte verschiedene Gründe: Einerseits haben wir leider viiiiel zu wenig Zeit für die Musik. Beruf und Familie fordern uns gerade sehr. Deswegen haben wir die Platte auch komplett im Homerecording eingespielt – also jeder bei sich zu Hause. Dazu kam der Wechsel an der Gitarristenposition und leider mussten wir auch in einen anderen Proberaum ziehen (in Stuttgart ist das Thema „Proberäume“ gerade sehr speziell…).
Wie ich im Review geschrieben habe, habt ihr euch in ziemlich allen Belangen gesteigert. Wie meint ihr, habt ihr das erreicht bzw. euch für den Zweitling vorbereitet?
Das ist eine gute Frage… Es ist schwierig, über eine eigene Steigerung zu schreiben bzw. diese überhaupt festzustellen. Vielleicht haben wir die vier Jahre wirklich gebraucht? Das erste Album erschien ja bereits zwei Jahre nach Bandgründung. Wir haben auch definitiv mehr mit Synthi- und Orchesterklängen experimentiert. Und wir haben vielleicht versucht, etwas schneller einen Song auf den Punkt zu bringen, wie z.B. bei „Ready To Go“, der definitiv der kürzeste Song ist, den wir bisher geschrieben haben.
Gibt bzw. gab es vor der aktuellen Krise Pläne, um das neue Werk live zu präsentieren?
Ja, wie eben erwähnt hatten wir eine Release-Party am 2.5.2020 im Club Zentral Stuttgart geplant. Das hätte direkt einen Tag nach dem Release wirklich super gepasst. Es wäre mit Sicherheit ein toller Abend geworden. Auf Tour konnten wir schon vor Corona nicht gehen, da uns einfach die Zeit dazu fehlt. Aber die Festivals hätten wir sehr gerne gespielt…
Habt ihr die Corona-Zeit irgendwie genutzt für Proben, Songwriting, Quarantäne-Videos oder sonstige Aktionen?
Geprobt haben wir bisher nicht, da das mit den Abstandsregeln nicht vereinbar ist. Und eine Bandprobe läuft ja nicht gerade still und leise ab… Wir haben es auch über verschiedene Online-Plattformen versucht, was aber nicht wirklich für eine Probe funktioniert hat. Ich habe in dieser Zeit ein „Making-of“ des Albums produziert. Es sind drei Teile mit Drum-, Gitarren- und Vocal-Recording und die gibt´s auf Youtube zu sehen.
Einen neuen Song haben wir auch in dieser Zeit geschrieben. Da hat jeder sein Instrument zu Hause eingespielt und wir sind gespannt, wie der bei der ersten Probe klingen wird und ob wir ihn dann wirklich veröffentlichen.
Um selber fit am Instrument zu bleiben haben wir alle Backing-Tracks der neuen Songs, zu denen wir zu Hause spielen können. Wenn man die Augen schließt ist das fast wie Bandprobe!
Gibt es bewusste oder unbewusste musikalische Einflüsse bei euch, denn eure Kompositionen sind ja verdammt vielseitig und abwechslungsreich?
Das ist vielleicht das Besondere an uns. Wir kommen wirklich alle aus komplett verschiedenen Stilrichtungen. Da ist von B.B. KING über MUSE bis PANTERA praktisch alles dabei.
Aber wir lieben neben Hard ´n´ Heavy alle Progressive Rock und sind 2014 auch aus einer Progrock-Band entstanden (SUNPATH).
Wie entstehen generell bei euch Songs?
Da gibt es eigentlich zwei Wege: meistens starten wir mit einer kleinen Idee, z.B. einer Melodie, einem Riff oder Beat und bauen daraus den Song. Der Prozess kann aber manchmal sehr lange dauern. Bei „Unexpected Journey“ oder „Pray For Your Life“ haben wir über über Jahre gebraucht, bis wir alle mit dem Gesamtergebnis zufrieden waren.
Manchmal komme ich aber auch mit einem kompletten Song an, den wir dann erstmal so spielen, wie ich ihn mir ausgedacht hatte. Und dann kommt die schwierige Phase der Kompromisse. Wenn man einen Song schon komplett im Kopf hat mit allen Details, ist es schwer, Veränderungen hinzunehmen. Wenn man aber nach einer Weile wieder darüber nachdenkt, haben sich die Songs durch die Ideen der Anderen verbessert.
Danke für die Zeit. Gibt es noch etwas, was ihr loswerden möchtet?
Erstmal bleibt alle gesund und hört weiterhin guten, alten Rock´n´Roll! Vielleicht ist das gerade die größte Krise der Musik. Zum Glück sind wir in der komfortablen Position, nicht von unserer Musik leben zu müssen. Aber denkt bitte an die Berufsmusiker, Veranstalter, die kleinen Clubs,…. Die durchleben gerade sicher die schwerste Zeit ihres Lebens! Ich hoffe, wir können uns alle bald wieder bei Konzerten treffen!