Als wir erfuhren, dass das fünfte SBÄM Festival nach dem gelungenen Vorgänger in der Tabakfabrik mitten in Linz, nach Pichling direkt an den See verlegt wurde, staunten wir nicht schlecht. Wir waren vorab aber auch zugegeben etwas skeptisch und darum schnappten wir bereits am Mittwoch unser Zeug und trafen uns mit Veranstalter Stefan Beham und seiner Crew beim Aufbau und waren sofort positiv gestimmt. Und um es schon mal vorweg zu nehmen; es lief nicht alles rund, über Preise, Bandauswahl und diverse Entscheidungen kann man immer streiten und jammern, darf aber nicht vergessen, dass man als Besucher eines Festivals nicht alle Faktoren und Hintergründe kennt, aber dazu später im Bericht und im separaten Report in der Interview-Section in Kürze mehr. Bei unserer Anreise am Freitag, der als quasi separater Tag zu Ehren der sich bald selbst zu Grabe tragenden Legende NOFX fungierte, hatten wir bestes Wetter, waren bei bester Laune und waren auch ziemlich schnell durch die Security-Schleusen durch und konnten unsere erste Runde über das kleine aber feine Gelände drehen. Zuvor hatten wir aber absolut kein Problem einen Parkplatz zu finden, denn der See bietet gut 10.000 dieser, die S-Bahn bleibt quasi auch direkt vor der Haustüre des Festivals stehen und es wurden auch Shuttle-Busse für den Transfer organisiert, nur musste man sich halt vorher informieren, wie man damit, oder auch mit dem Taxi, am besten wieder ins Zentrum kommt. Aber genug des Vorgeplänkels, denn hier geht es natürlich vorrangig um die Musik und die Bands. NOFX hatten nämlich einen beachtlichen Tross an Supportern mit, wobei wir aus logistischen Gründen RENTOKILL und THE MEFFS verpassten, dafür aber zumindest ein paar Töne von CODEFANDENTS erhaschen konnten. Die Truppe stand nämlich schon mit feschen Anzügen auf der Bühne und gab ordentlich Gas. Die auf Fat Wreck unter Vertrag stehende Band, hatte mit ihrem Mix aus Punk, HipHop, Wave, und weiteren Genreausflügen, die Zuschauer, die bereits gut in der Nachmittagshitze schwitzten, im Griff und servierten launige, kurzweilige Kost und lieferte auch eine durchaus aus tighte Performance, die Lust auf mehr machte. Zwischen straight und eingängig gab es damit so ziemlich alles von der „Genre-fluiden“ Combo, wie sie Fat Mike selbst nennt, zu hören. Aber nicht nur das, die Legende hat die Band quasi selbst gegründet und fungiert seither als Produzent und Songwriter für die beiden Herren Sam King (GET DEAD) und Rapper Ceschi Ramos. Mit GRADE 2 folgte eine weitere großartige Band, auf die ich mich schon im Vorfeld bzw. seit dem Review vom Kollegen Tsunemoto, zum gleichnamigen Werk, freue. Und das Trio schoss voller Energie auf die Bühne und rockte die Schei*e aus den Fans, ließ nichts anbrennen und machte reichlich Meter auf der Bühne, zumindest die beiden Herren Jack Chatfield und Jacob Hull, denn Sid Ryan saß ja hinter der Schießbude. Die Jungs aus der englischen Gegend Isle Of Wright zeigten, dass sie sich auf der Bühne mehr als daheim fühlen und ließen keine Sekunde spüren, dass sie erst seit zehn Jahren aktiv sind, denn neben Elan und Spielfreude, war bei den straighten Punkern auch überraschend viel Routine zu spüren. Jack brüllte schon bald: „I don’t f*ckin care what you do, but move!” und schoss selbst gleich von links nach rechts und retour und hatte oft fast schon zu tun, um wieder zum Micro zu kommen, wenn sein Einsatz war. Und für „Fastpace“ forderte er auch passenderweise einen großen Moshpit, den er prompt bekam. Ziemlich schnell vergingen die 30 Minuten, die die Briten zur Verfügung hatten, aber mit launigem Sound und motivierter Performance, ablieferten. Mit der MOSCOW DEATH BRIGADE bekamen wir an dem Tag wohl die abgefahrendste Show zu sehen. Die Russen traten mit Sturmhauben und hässlichen 90er-Trainingsanzügen auf und performten einen schrägen Mix aus HipHop, Punk, Reggae und elektronischen Sound und irritierten zunächst, doch die Herren und Dame gaben auf der Bühne alles, hüpften, tanzten und sangen sich die Seele aus dem Leib und spätestens beim dritten Song war man irgendwie gehooked. MDB bezeichnen sich selbst als linksradikale Band und wollen großteils anonym bleiben, sodass die drei Rapper und der DJ bis heute ihre Identität geheim halten konnten, um sich vor Neo-Nazi Angriffen zu schützen. Wer nach der Band etwas graben mag, findet auf Twitter und Co. schon einig fragwürdige Posts, aber wenn man hier Kunst von Künstler trennt, dann haben die Veranstalter hier auf musikalischer Ebene einen kurzweiligen Act engagiert, der wunderbar Abwechslung ins LineUp brachte und gut anheizte. Recht kurzfristig wurden zu unserer Freude vor wenigen Wochen noch die DONOTS als weiterer Support angekündigt und dass wir mit den Herren in letzter Zeit eine Menge Spaß hatten, kann man im Vorjahresbericht des SBÄM sowie im Bericht zur Show im Backstage München nachlesen! Wer die Jungs auf Insta verfolgt, konnte schon die Misere, die Ingo bald verkündete, mitverfolgen. Basser Jan-Dirk stieg in den falschen Zug und bog grob falsch Richtung Schweiz ab, witzigerweise war er aber dann doch zeitgleich mit den Gebrüder Knollmann und der restlichen Truppe am Linzer Bahnhof und die Story hatte ja ein Happy-End und die DONOTS konnten ihr Programm gekonnt durchziehen. Echte Profis und Rampensäue wie sie sind, nutzten sie ihre verdammt knappe und noch dazu verkürzte Zeit mehr als gekonnt. „Auf Sie Mit Gebrüll“ wurde passend mitgebrüllt, „Wake The Dogs“ sorgte für wohlige Gänsehaut, „Whatever Happened To The 80s“ lud zum Schunkeln ein und bei „We’re Not Gonna Take It“ konnte sowieso keiner mehr ruhig stehen oder sitzen. Die Trupe wirbelte wieder gewaltig energisch über die Bühne, Ingo schwang sein Micro in einem Radius von drei-vier Meter, Guido zog Grimassen und zeigte, wie glücklich er ist und auch der Rest der Truppe wirbelte grinsend über die Stage. Außerdem wollte Ingo ja noch ändern, dass er viel zu saubere Schuhe auf der Bühne an hatte. Und Ingo fand sogar noch Zeit für die erwähnte Anekdote, um einen kleinen Jungen sowie einen Rollstuhlfahrer, die beide im Vorjahr schon mit dabei waren, wieder auf die Bühne zu holen und Blumensträuße zu verteilen. Dass die DONOTS ihre volle Spielzeit nicht auskosten konnten, tat nach der nun folgende Misere, namentlich NOFX, dann noch extra weh. Somit sind auch dieses Jahr die DONOTS wieder die Headliner der (Punk)Herzen! Aber da die Jungs ja im Herbst nach Wien in die Arena kommen, konnten wir das verschmerzen. Setlist DONOTS: Wir hatten zwischendurch die Chance, einige Insights zur Veranstaltung zu bekommen und waren erstaunt, wie organisiert ein noch so junges Festival, das ja erst 2017 startete und ihre fünfte Ausgabe fand und zudem noch zum ersten mal an dieser Location stattfand, schon sein kann. Aber natürlich lief nicht alles ganz rund, denn an diesem ersten Tag, der wohl der Besucherstärkste war, hatte man bis zu 40 Minuten Wartezeit um ein Getränk zu ergattern, Schattenplätze waren Mangelware und gratis bzw. leicht zugängliches Leitungswasser war leider Fehlanzeige, was bei den genial-sommerlichen Tagen schade war – da bitte nächstes Jahr nachbessern! Zumindest konnte man sich problemlos im See, der nur eine Minute vom Haupteingang zugänglich war, wunderbar abkühlen. Aber nun zu NOFX, die dieses Mal nicht von Fat Mike, sondern vielmehr Silent Mike angeführt war. Die Veranstalter versicherten, vorher gefragt zu haben, ob mit Mike alles OK wäre und die Show regulär stattfinden konnte, da es schon bei vorangegangenen Shows Probleme gab und Gitarrist Eric Melvin die komplette Vocal-Arbeit übernahm. Das machte der grinsende Rastamann auch ganz gut, dass so manch Fan da aber trotz Hits und Hymnen én Masse, etwas angefressen waren, war ob der 69€ und dem Versprechen, dass diese zweieinhalb Stunden Show, die letzte jemals in Österreich sein soll, doch etwas verständlich. Dennoch gaben NOFX Vollschub, luden zum Mitmachen, Abgehen, Shaken, Pogen und Headbangen ein und der Großteil der Fans ließ sich die Laune definitiv nicht verderben und feierte mit den Amis eine fette Show, die mit „Murder The Government“, „Bob“ oder „All Outta Angst“ schnell erste Ausrufzeichen setzte. Es wurden ja mit „So Long…“, „White Trash…“ und dem überlangen One-Track EP „The Decline“ gleich drei Werke in voller Länge geboten werden. „The Decline“ kam aber dann aufgrund der verkürzten Spielzeit komplett unter die Räder. Den Anfang machte aber coolerweise das AC/DC-Cover „Riff/Raff“, Neuinterpretationen von RANCID, JASON CREST, MINOR THREAT und MARK CURRY folgen sollten. Saucool fanden wir das winzige Banner, das über der riesigen Bühne hing und irgendwie echte Punk-Attitüde ausstrahlte. Richtig laut wurde es natürlich auch noch bei „Linoleum“ und dem Killer-Kracher „Seeing Double At The Triple Rock“, die erst recht spät in der langen Show ihren Platz fanden. Spaß hatten NOFX sichtlich auf der Bühne und am Bass tobte sich Mike zumindest würdig aus, doch die Jungs feierten nicht alleine da oben, denn vorher wurden Barrikaden aufgebaut, um quasi rundum Fans zu haben, denn die standen dann Frontrow hinter der Band, sofern man sich ein VIP-Ticket gönnte.So merkte man schon, dass die Band ihre 40 Jahre und den Abschied definitiv auf hohem Niveau zelebrieren wollten, aber auch durch die immer wieder eingestreuten schrägen Einlagen, ein paar Reggae- und Ska-Parts, die Herumalberei auf der Bühne und die große Abwechslung in der Setlist. Und so wurde es bei dem Party-Kracher „Radio“ von RANCID recht bald mal richtig laut und die Party-Stimmung noch spürbarer. Außerdem wurde auch kurz mal ELVIS angestimmt. Und so zeigten sich NOFX auch für das große Mitmachen dankbar mit den Worten „This is Wahnsinn!“. Die Fans sangen gut mit, es ging überall rund und trotzdem passten die moshenden Punkheads stets gut aufeinander auf, die Securitys holten die Crowdsurfer gekonnt zu Boden und auch sonst lief die Party wunderbar smooth. Irgendwann holte man dann noch die „Quetschen“ raus und es wurde fast schon feierlich maritim, ehe sich NOFX mit einer verlängerten Version von „Theme From A NOFX Album“ verabschiedeten und nach nur 107 der versprochenen 150 Minuten, die Bühne ohne der Rufe nach einer Zugabe nachzukommen, verließen und nie wieder gesehen wurden. Setlist NOFX: Will Fat Mike wirklich, dass seine treuen Fans, die ihn schon 40 Jahre begleiten, die großen NOFX so in Erinnerung behalten? Ich hoffe nicht, denn zu aller Frechheit hat die Band nun einen Wien-Gig für 2024 auch noch angekündigt. Was man davon hält muss jeder selber entscheiden, wir waren jedenfalls enttäuscht – aber wollen unterstreichen, dass wir von NOFX und Silent Mike enttäuscht waren und nicht vom SBÄM, denn diese versicherten, dass sie weder von der Wien-Show noch von der verkürzten Spielzeit etwas wussten und auch rund um den stimmlichen Zustand von Mike wurde man wohl angelogen. Tja und was macht man nun mit so einem angebrochenen Abend um 22:17? Zumindest waren die Schlangen an den Bars erheblich besser organisiert, da wohl mehr Mitarbeiter für die späteren Stunden rekrutiert wurden und auf der Side-Stage gab es ja noch das unterhaltsame Special in Form vom Punk Rock Sing-along bei dem live auf der Bühne allerlei Kracher und Hymnen des Punk mit verschiedensten Sängern zelebriert wurden und auch sonst tat sich auf dem Gelände ja noch einiges, denn der Metal-Market, das Street-Food, organisiert von der Wildstyle-Crew, sowie ein paar Side-Show Attractions sorgten schon tagsüber für Ablenkung von der Hitze. Da gab es unterhaltsames Drag-Queen-Wrestling, es stand ein Wuzzler herum, man konnte bei der Rock-Antenne beim Bier-Pong etwas gewinnen, irgendein Bier-Krug Contest war auch zu sehen und auf der Skate-Bahn, auf der Besucher aber auch Profis ihr Können zeigten, tat sich auch immer etwas. Das Highlight war aber auf jeden Fall die Einlage der Mountainbiker, die auf einer Rampe verrückteste Moves zeigten und für offenen Münder sorgten. Trotz des NOFX-Debakels und ein paar Verbesserungswünschen, traten wir aber zufrieden, gut unterhalten und wohl genährt den Heimweg an. Gut 800 Besucher hatten aber auch die Möglichkeit auf dem kleinen, aber feinen Camping-Platz in ihr Zelt zu fallen oder noch bis in die frühen Morgenstunden dort zu feiern, denn um 02:00 Uhr war auf dem Gelände Schicht im Schacht.
Band-Links: 
(Intro)
Auf Sie Mit Gebrüll
Keiner Kommt Hier Lebend Raus
Wake The Dogs
Kaputt
Whatever Happened To The 80s
We’re Not Gonna Take It
Riff Raff (AC/DC)
Dinosaurs Will Die
Murder The Government
Bob
Stickin‘ In My Eye
Kids Of The K-Hole
All Outta Angst
You’re Bleeding
Monosyllabic Girl
I’m Telling Tim
Radio (RANCID)
Reagan Sucks
Straight Edge (MINOR THREAT)
Liza And Louise
The Bag
It’s My Job To Keep Punk Rock Elite
180 Degrees
Eat The Meek
Quart In Session
Les Champs-Élysées (JASON CREST)
Falling in Love
Six Years On Dope
72 Hookers
Johnny Appleseed
Linoleum
Leave It Alone
Perfect Government (MARK CURRY)
She’s Gone
Buggley Eyes
Six Pack Girls
Kill All the White Man
Seeing Double At The Triple Rock
Theme Fom A NOFX Album
