Wir trafen erst am Samstag, den eigentlichen zweiten Festivaltag des LIDO SOUNDS, aber unserem ersten (hey es ist gerade Konzert- bzw. Festival-Saison und wir können ja nicht überall gleichzeitig sein) gegen Mittag bereits am Festivalgelände des Lido Sounds ein und hatten das Glück, dass noch nicht sehr viele Leute auf dem weitläufigen Gelände unterwegs waren und konnten so problemlos alles erkunden und die vielen verschiedenen Foodstände sowie Relaxzonen begutachten.
Die Auswahl bei den Fressständen war schon fast wie bei einem Street Food Festival, wobei uns jedoch lustigerweise die Häufigkeit an unterschiedlichsten Arten von Spätzle besonders auffiel. Leider bin ich auf einen Stand mit chinesischen Essen am Lido Sounds etwas reingefallen, wo meine 10 € echt schlecht angelegt waren, like wers kennt… (Bild in Gallery weiter unten falls jemand Anteil haben mag)
Aber gut, runtergespült mit dem Free-Leitungswasser, das an allen Ecken des Lido Sounds-Gelände erhältlich war und schon gings los zum Opener im Ahoi! Pop-Zelt.
LAHRA, die junge Sängerin aus Wien kombiniert Pop und Dance Rhythmenauf teils avantgardistische Weise. Zur Eröffnung der Ahoi! Pop Summer Stage, die leider nur spärlich gefüllt war an diesem frühen Tag, wählte LAHRA jedoch ein Lied mit guten Beats und sommerlichen Vibes und hatte trotzdem noch etwas Mühe, die Leute für sich zu vereinnahmen. Erst im Anschluss wurde es bei einem Song über einen Frosch Dance-lastiger. Auch wenn noch wenig Leute in der Halle waren, lohnt es sich näher mit der jungen Künstlerin zu befassen, die trotzdem Bühnenpräsenz bewieß und die Bühne ausnutzte.
Mit dem neuen Album „Pyrolyse“ im Gepäck durften AYMZ die Main Stage eröffnen. Dort sorgten sie mit einer guten Portion Rock, ein bisschen Punk und interessanten Texten auch gleich für jede Menge Stimmung. Nachdem sie herausgefunden hatten, dass Linz wohl doch kein Kaff ist, wurde in Anlehnung daran der Song „Larries“ performt, der zu den erfolgreicheren der Band zählt. Im Anschluss wurde es dann etwas ruhiger und man merkte, wie sich der eigene Herzschlag mit den Drum Beats synchronisierte.
Der sehr persönliche und tiefgreifende Song „Odyssee“ wurde durch den Einsatz der Nebelmaschine begleitet, der bei den sehr hellen lichtverhältnissen noch so früh am Tage nicht so ganz seine Wirkung tat, bis es im Anschluss wieder heiterer wurde. Beim Track „Ich Tanze Alleine“ wurde schließlich die gesamte Menge passenderweise zum Tanzen gebracht und man muss schon sagen, dass AYMZ ein extrem guter Opening Act waren für die Main Stage, und uns definitiv in Erinnerung bleiben werden.
Auch ein Querverweis zur Pride in Wien, die gerade zeitgleich stattfand, durfte natürlich nicht fehlen. Beim letzten Song wurde es sich dann nochmal richtig verausgabt und die markante Sängerin tobte von der einen Seite der Stage zur anderen und riss sich dann noch, ob der steigenden Temperaturen, die Jacke vom Leib.
Die Berliner Singer-Songwriterin CLOUDY JUNE beeindruckte uns dann auf der Ahoi! Pop Stage durch ihre grandiose Stimme und die Halle war mittlerweile gut gefüllt, was sicher nicht nur an der Hitze draußen lag.
Ein Lied der offen queeren Sängerin über ein Sextape oder doch lieber ein Track mit dem man seine Wut besser verarbeiten kann und auch musikalisch etwas härter war, wurden angeboten.
Bekannt ist die Sängerin vor allem für die Songs „You Problem“ und „FU In My Head“ oder „Devil Is A Woman“, die definitiv einen Reinhörer wert sind!
Am Nachmittag standen dann mit den BEATSTEAKS Punk aus Berlin auf der Main Stage auf dem Programm. Vor Beginn des Konzerts schob sich noch schnell eine schwarze Wolke vor die Sonne, die einem aber nur kurz eine Schattenpause an diesem doch schon sehr heißen Festivaltag spendete.
Mittlerweile war der Bereich vor der Bühne gerammelt voll und beim Lied „Hello Joe“, wurde gehüpft und getanzt und die Stimmung war einfach großartig. Das fand auch Sänger Armin und verkündete ganz überschwänglich „ Das wird der schönste Abend des Jahres!“. Mit seinem obligatorischen Fischerhut, der modisch auch bei der Jugend grad wieder ein Revival feiert, war er zumindest gut gegen die Sonne geschützt. Melodien wurden mitgesummt und auf die Frage ob man Bock zu tanzen hätte, wurde natürlich lautstark „Jaaaa“ gegrölt und im Anschluss richtig losgerockt.
Gitarrist Bernd gab das Lied „Von Nun An Ging’s Bergab“, ein Hildegard Knef-Cover, zum Besten und auch bei den nachfolgenden Songs riss die Stimmung nicht ab. Nicht klatschen, sondern springen war hier die Ansage. Ein Meer aus wogenden Händen fing auch den Stagediver auf, der von der Bühne aus in die Menge jumpte.
Natürlich durften auch große BEATSTEAKS-Klassiker wie „Hand In Hand“ und „I Don’t Care As Long As You Sing“ nicht fehlen und vor allem der Wavebreaker verwandelte sich in eine riesige rüde Tanzfläche. Interessant war während des Konzertes auch zu beobachten, wie vor unserer Nase von ein paar jungen, deutlich übermotivierten Leuten das nächste Zipfer Promotion-Video gedreht wurde, die auch den Festival Supply an Bier sicherstellten.
Zum Auftakt des letzten Songs „Let Me In“ ging erstmal vom Armin aufgefordert – weil sie es ja vor 30 Jahren erfunden haben – die gesamte Menge vor der Bühne in die Hocke, um sich dann in die Luft zu werfen und den Abschied so richtig zu zelebrieren.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt war das Festival Gelände vollgefüllt und wer in der Halle nach etwas Schatten suchte, musste feststellen das OK KID ziemlich viele Besucher anzog, was uns dann leider doch etwas daran hinderte, uns auch dem Auftritt der Gießener zu geben. Aber das sollte nicht das einzige Mal an diesem Wochenende sein, dass das Ahoi Pop! Zelt so voll war, dass niemand mehr hineinkam.
Nicht die Deutsche Partei, sondern die Band SDP mit einem Buchstabendreher, mit ihren Pop, Rock und Hip Hop Sounds wurden als nächstes auf der Main Stage von den Fans abgefeiert. Kracher um Kracher wurde rausgehauen und die Menge vor der Bühne war gewaltig, es kam sogar fast Ballermann-Flair ob der mitsingbaren Hymnen auf.
Nachdem man dann auch noch im Schlauchboot eine Runde durch die Menge machte, wurde zurück auf der Bühne ein Stromausfall gefaked. Darum brauchte man nun ein Klavier auf der Bühne und Vincent Stein bewies beim Song „Unikat“ einmal mehr sein Gesangstalent. Danach vollbrachte das Publikum eine Laola Welle von der letzten bis zur ersten Reihe und weil Dag-Alexis Kopplin nicht aufgepasst hat, probierte man es auch gleich noch ein zweites Mal.
Als krönender Abschluss wurde dann noch „Everybody“ von den BACKSTREET BOYS performt, was die deutlich belustigte Menge natürlich komplett ausrasten und mitgröhlen ließ.
Die schwierige Entscheidung zwischen GROSSSTADTGEFLÜSTER im Zelt und WANDA auf der Main Stage war nicht leicht zu treffen, darum teilte sich dann unser Zweierteam.
Auch wenn die Technik des Mikros bei GROSSTADTGEFLÜSTER zu Anfang versagte, bekam man gleich Gänsehaut beim Intro und beim nachfolgenden „Auf Alles“. Spätestens bei „Wie Man Feuer Macht“ waren komplette Eskalation und fette Partystimmung im Zelt vorhanden. Nach einer kleinen Referenz zum Posthof Konzert im vergangenen Herbst, meinte Jen Bender mit ihrem typischen Berliner Charme: „Wer sich daran erinnern kann, war nicht dabei!“ und das ist definitiv nicht weit hergeholt. Weitere brandaktuelle Infos waren: „Ich bin in der Premenopause.“ Aber Spaß beiseite, es wurde ein neuer Song Ende Juni angekündigt, auf den eine neue Tour folgt, die natürlich auch ein neues Album beinhaltet.
Bei „Feierabend“ wurde weiter getanzt und es gab dann sogar einen Moshpit im Publikum. Beim Lied „Weil das Morgen Noch So Ist“ wurden dann verschieden große aufblasbare Bälle auf das Publikum losgelassen, die wild durch die Halle gekickt wurden. Plötzlich wurde kurz erotische Musik eingespielt und Jen zog sich eine Warnweste an, da nun ein persönlicher Song angekündigt wurde und zwar „Meine Hallus“. Auch dem Veranstalter Arcadia Live wurde gedankt, da man bereits 20stes Jubiläum der Zusammenarbeit feiert. Daraufhin wurde „Ich Rollator Mit Meinem Besten“ angestimmt und natürlich durfte auch das fette „F***t-Euch-Allee“ nicht fehlen, was das komplette dichtgedrängte Zelt noch einmal vollends zum Kochen brachte.
Derweil auf der Main Stage brachten sich WANDA in Startposition bzw. haderten nicht lange und hauten gleich einen ihrer größten Hadern raus, nämlich „Bologna“. Was daraufhin an Gegröhle abging, brauche ich wahrscheinlich nicht groß zu erklären. Die Band war in topform und lieferte wie gewohnt an den Instrumenten, sowie Sänger Marco Wanda stimmlich spitze ab und interagierten mit dem Publikum, was gleich auch beim schon dritten Song in einen Stagedive vom Fronter und einem intensiven Kuss von diesem mit einem Herrn in der Menge mündete (Achtung Wortwitz).
Später im Set erzählte Marco dann auch noch sichtlich amüsiert darüber davon, dass er seit zwei Wochen nur am Saufen und Rauchen ist (ich glaube sogar, dass war fix nicht mal geflunkert) und auf die Frage ins Publikum, wer das genauso hält, gingen sehr viele Hände in die Höhe und das Gegröhle war groß. Funfact: Just in dem Moment stieß auch meine Kollegin vom GROSSSTADTGEFLÜSTER-Gig, passend mit 2 Gspritzte in den Händen zu mir.
Verwundert war ich halt wirklich, dass der Fronter seine vielgeliebte legendäre Lederjacke auch bei dieser Hitze nicht von sich warf, aber die ist anscheinend schon mit ihm verwachsen ob der Liter an Schweiß.
Und sollte es nicht genug sein, dass sie eigene Hits um Hits rausballerten, kamen auf einmal Campino von DIE TOTEN HOSEN und Armin von den BEATSTEAKS auf die Bühne und die drei Vocalisten performten „Lithium“ von NIRVANA. Der Jubel des Lido Sounds-Publikum war unglaublich und die gemeinsame, sich verausgabende Performance dieses Klassikers ebenso.
Zum Schluss wurde dann von Marco Wanda stilecht der Mikrofonständer auf den Bühnenstufen brachial zerdeppert, bevor man dann die Bühne verließ.
Die Meinungen zu dieser Truppe können nicht konträrer sein, aber lasst euch sagen: es macht Spaß. Es macht Spaß, die Jungs miteinander auf der Bühne performen zu sehen und sie schaffen es einfach, diese Stimmung und den Wiener Schmäh auf ihr Publikum zu übertragen. 1-2-3-4 – es war so schön mit dir!
Das Urfahraner Markt-Gelände, auf dem dieses Festival stattfand, ist wirklich wirklich riesig. Aber die Anzahl der Leute, die sich beim Samstags-Finale vor der Main Stage bei DIE TOTEN HOSEN einfand, sprengte den Rahmen. Wir konnten nicht umhin, untertags schon die Menge an Hosen-Merch-Trägern zu bemerken, aber was sich unserem Anblick am Abend bot, war überwältigend.
Und es würde jetzt erneut den Rahmen sprengen, auf jeden Track, der hier der von der deutschen Punk Rock-Legende inbrünstig und mit viel Bewegungsfreude auf der Bühne, dargeboten wurde, einzugehen. Zu viele Megahits haben sich in den 40 Jahren Bandgeschichte angehäuft und selbst als Nicht-Hosen-Fan musste man dann doch im Laufe der 1.5 Stunden bemerken, wie viele Songs man eigentlich komplett unbewusst von vorne bis hinten mitsingen konnte und wie sehr die Truppe doch über die Jahre die deutsche Musikgeschichte mitprägte.
Zusätzlich wurden über eine riesige LED Wall, die über die komplette Lido Sounds-Bühne reichte, zu jedem Lied passende Videos abgespielt, es wurden immer wieder rote Bengalenfeuer onstage sowie im Publikumsraum gezündet und riesige Fahnen geschwenkt – (Fußball)stadion-Feeling pur!
Auch ein kleiner Disput der Band mit dem Linzer Posthof vor 30 Jahren, der in einem Hausverbot mündete, wurde von Campino erwähnt, der aber heute wieder gut ist, wie auch vom Posthof auf Instagram kurz danach bestätigt wurde. Alles wieder okay, einem Gig dort steht also nichts mehr im Wege 😉
Bei „Steh Auf Wenn Du Am Boden Bist“ wurde dann das auch von den BEATSTEAKS am Nachmittag performte Am-Boden-Hocken-und-Aufspringen wieder eingefordert, was bei so einer riesigen Menschenmasse dann doch deutlich beeindruckender war.
„Alles Aus Liebe“, „Hier Kommt Alex“… die Setlist ließ absolut keine Wünsche offen und als dann als Zugabe „Schrei Nach Liebe“ von DIE ÄRZTE gecovert wurde (natürlich nicht ohne einen nicht ganz ernst gemeinten Diss gegen diese abzufeuern), wurde der Abend dann mit der legendären Hymne von Campinos Lieblingsverein Liverpool, „You’ll Never Walk Alone“, abgeschlossen, nicht ohne nochmals Bengalenfeuer zu zünden und heftig die riesigen Fahnen zu schwenken – der Chor der Masse war unglaublich.
Die letzten Töne waren gerade verklungen und schon wurde man daran erinnert, dass die riesige Menge an Menschen ja auch wieder das Lido Sounds-Gelände verlassen müssen. Wie schon im Vorfeld angekündigt wurden die Besucher durch die Polizei weitläufig durch eine Unterführung, rund ums Rathaus und auf die Nibelungenbrücke zum Hauptplatz gelotst um dort dann mit den Sonderstraßenbahnen nach Hause zu kommen. Wurde nicht von allen gut angenommen, hatte aber sicher einen größeren Sinn, die Haltestelle Rudolfstraße, die direkt am Festivalgelände lag, zu sperren…
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