rome Gates Of Europe
ROME
Gates Of Europe
(Neofolk | Dark Folk | Wave)

 


Label: Trisol Music Group
Format: (LP)

Release: 25.08.2023


Der Luxemburger Jerome Reuter ist der Ukraine schon länger eng verbunden. So tourte er bereits 2014 und 2015 nach der Maidan Revolution und dem darauffolgenden Krieg im Donbass, sowie der russischen völkerrechtswidrigen Annexion der Halbinsel Krim durch diverse ukrainische Städte, und spielte sogar nur wenige Tage vor dem Angriff Russlands im Februar 2022 unter seinem Pseudonym ROME noch ein Konzert in Kyiv.

Nach Beginn der großangelegten Invasion organisierte er (auch mit Unterstützung seiner Bandkollegen von THE SKINFLICKS) diverse Hilfsaktionen für die die ukrainischen Flüchtlinge vor Ort und spielte zahlreiche Charity Konzerte unter anderem auch als einer der ersten mitteleuropäischen Künstler*innen wieder vor Ort in Kyiv und Lviv. Auch rückte er, als einer der ganz wenigen europäischen Musiker*innen, durch Veröffentlichung der „Defiance“- EP im vergangenen Sommer den Fokus seines künstlerischen Schaffens auf den Vernichtungskrieg gegen die Ukraine.

Dies setzt er nun auch im Jahr 2023 fort und gießt seine Erfahrungen, Erlebnisse und Emotionen erneut in Liedform und legt das Album „Gates Of Europe“ nach, das nicht nur die von der EP schon bekannten Songs „The Ballad Of Mariupol“, „Going Back to Kyiv“ und „The Brightest Sun” in leicht neuem musikalischem Gewand beinhaltet, denn auch die übrigen Songs des Albums stehen ganz im Zeichen unserer europäischen Nachbarn, der Ukraine. Und selten wurde für eine Rezension ein Album von mir so dermaßen intensiv durchgehört, was nicht nur an der privat wie beruflichen Verbundenheit zu Zentral- und Osteuropa liegt, sondern sich auch Jerome Reuters tiefe beruhigende Stimme zu einem wichtigen Teil der Einschlafroutine des Nachwuchses gemausert hat.

„Gates Of Europe“ wird durch das titelgebende Intro eröffnet, welches mit den Worten eines Nachrichtensprechers: „It’s a terrible day for Ukraine and dark day for Europe“, endet, und  auf das mit „The Death Of A Lifetime“ schon das erste Highlight der Platte folgt. Ein Song der getragen von einem treibenden elektronischen Beat, der Stimme und den Worten im klassischer ROME-Manier noch mehr Nachdruck verleiht. Im nachfolgenden, schon im Vorfeld bekannten „Yellow And Blue“ zitiert Jerome Reuter nicht nur den ukrainischen Präsidenten Volodymyr Zelensʹkyj mit den Worten: „We don’t need a ride, we just need ammuntion“, sondern schafft einen unglaublich atmospärischen Ohrwurm. Mit dem unglaublich harmonischen und im Grundton positiven „How Came Beauty Against This Blackness“ legt er gleich den nächsten gewaltigen Song der an Höhepunkten nicht armen Platte nach. Nur im martialisch anmutenden „Eagles Of The Trident“, mit seinem dominierenden Marschrhtythmus wird dann das Tempo kurzzeitig ein wenig angezogen

ROME’S bekannte wie bewährte musikalische Mischung aus (Neo-)Folk, Rock, Ambient, Dark Wave und Industrial beinhalten zumeist auch eine gehörigen Portion Pathos und so heißt es in „Whom The Gods Wish To Destroy“ wiederholt schlicht: „все буде Україна“ (Alles wird Ukraine sein). Und er lässt nicht nur immer wieder ukrainischen Phrasen in seine Texte einfließen, sondern setzt sich auch mit dessen Geschichte auseinander, wie in „Our Lady Of The Legion“, wobei er mit der farblichen Gestaltung der gleichnamigen 7-Inch Single (bewusst oder nicht) auf Provokation setzt, da die ukrainischen aufständische Armee und deren historische Verklärung auch in der Ukraine bis heute kontrovers diskutiert wird. Dies bleibt aber der einzig kleine Kritikpunkt, denn es folgt das eingangs schon erwähnte Song-Triple von der „Defiance“ EP, die unter anderem die Geschichten aus den Anfangtagen des Krieges wie dem Kampf um Kyiv und die Schlacht um die Hafenstadt Mariupol erzählen.

Bevor das Outro „Archives Of Silence” getragen von ukrainischen Frauenchören die Platte beschließt, treibt einem die schonungslose Direktheit der repitative vorgetragenen Zeile: „Never forgive, Never forget“, fast Tränen in die Augen. Kritiker*innen (vorallem aus dem im Neo-Folk doch auch präsenten (sehr) rechtem Eck) werfen Jerome Reuter Verklärung, Einseitigkeit. Kriegstreiberei und ironischereweise sogar Nationalismus vor, doch mit seiner eindeutigen Haltung unterstreicht er nicht nur seine humanistische wie europäische, sondern auch seine zutiefst antifaschistische Haltung.

„Gates Of Europe“ ist wohl, und das ist bei der ausladenden Diskographie des Luxemburgers die über 20 Alben beinhaltet, durchaus beachtlich, sein bis dato bestes Werk vor. Denn hier verschmelzen die persönliche Haltung, der Inhalt der Texte und die Musik zu einem intensiven Ganzen, das so seines Gleichen sucht. Vor allem aber auch den verbrecherischen Angriffskrieg als solchen benennt, dessen Bedeutung und Gefahr für Europa einzuordnen vermag und die europäische Solidarität beschwört und (weiter) einfordert.

Ein Meisterwerk. Slava Ukraini!


Tracklist „Gates Of Europe“:
1. A Slaughter Of Crows
2. No Second Troy
3. Icarus Rex
4. Surely Ash
5. On The Slopes Of Mountain Malamatiyah
6. Walking The Atlal
7. Hearts Mend
8. The Ripping Of The Veil
9. Solar Caesar
10. Stone Of Light / Mer De Glace
11. New Flags
Gesamtspielzeit: 43:50


Band-Links:
Hegemonikon

 

 


rome gates of europe
ROME – Gates Of Europe
LineUp:
Jérôme Reuter (Vocals, Guitars)
Tom Luciani (Keys)
Patrick Kleinbauer (Bass)
Laurent Fuchs (Drums)
10
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