Emotional, kreativ und kritisch präsentiert sich das deutsche Quartett DEVIL MAY CARE auf ihrer neuen Platte „Mandala“ und liefern damit eine interessante wie nachdenkliche Postcore Platte. Wir sprachen mit Drummer Joachim „Jo“ Lindner über die Hintergründe dieses tiefgründigen Werks.
Hi Jungs, wie läuft es gerade bei euch und wie geht’s kurz nach dem Release von „Mandala“?
Uns geht es großartig! So einem Release gehen ja immer Monate voll mit Kreativität, Planungen und natürlich auch Arbeit voraus. Je näher die Veröffentlichung dann rückt, desto größer wird auch die Vorfreude. Und in diesem Fall sind wir super happy mit dem Ergebnis!
Die EP behandelt spannende, wie tiefgründige Themen. Wie seid ihr auf die Idee gekommen ein so komplexes Thema zu verarbeiten und wie habt ihr euch darauf vorbereitet?
Die Fragen, die der Platte zugrundeliegen, sind für uns gar nicht so weit hergeholt, sondern irgendwie Teil unseres Alltags und dort liegt auch der größte Teil der Vorbereitung. Über allem steht die Frage, wie wir es trotz fortschreitender Entwicklung schaffen können, wieder verantwortungsvoller mit unserer Umwelt umzugehen und uns als Menschheit als Teil davon zu begreifen. Auch wenn es viele Ideen und teilweise auch formulierte Ziele gibt, sind wir von Maßnahmen oder gar Lösungen an vielen Stellen doch recht weit entfernt. Insofern sollten wir uns wahrscheinlich alle mehr mit dieser Thematik auseinandersetzen, denn sie betrifft uns alle. Und auch wenn es auf den ersten Blick komplex wirkt – am wichtigsten ist der erste Schritt und der ist oft gar nicht so schwer.
„Mandala“ ist sehr emotional. Ging euch beim Recherchieren, Schreiben und Aufnehmen auch manchmal etwas an die Nieren, wenn man so tief darin eintaucht, was auf unserem Planeten alles grob schiefläuft, obwohl wir wissen, dass das alles in eine gewaltig falsche Richtung läuft?
Ja! Es kann frustrierend sein zu sehen, dass jeder theoretisch weiß, was richtig wäre, und trotzdem nichts vorangeht. Aber es hilft nichts, sich mit solchen Gedanken aufzuhalten. Lieber einfach mal anfangen.
Wo seht ihr die musikalischen Unterschiede zu euren bisherigen Alben bzw. was konntet ihr für die EP aus alten Albumproduktionen mitnehmen? Der Produktion ist ja auf höchstem Niveau…
Danke für das Kompliment! Den eigenen Bandsound zu finden ist eine spannende Geschichte und vermutlich wird das bei uns auch niemals zu Ende sein. Nach dem Release unseres letzten Albums „Divine Tragedy“ haben wir festgestellt, dass wir uns alle nach mehr Natürlichkeit sehnen. Im Metalcore gibt es gigantisch groß klingende Produktionen, die allerdings unserer Wahrnehmung nach auf Platte deutlich besser funktionieren als live. Wir hingegen sind Liveband durch und durch und deshalb wollten wir wieder mehr rohe, brutale Echtheit in die Songs bekommen. Wir waren uns dann ziemlich schnell sicher, dass Produzent Flo Nowak, den wir schon von unserem „Echoes“-Album kannten, der Richtige wäre, das Projekt mit uns umzusetzen. Am Ende ist es glücklicherweise genau so geworden, wie wir es uns vorgestellt hatten.
Möchtet ihr das eine oder andere Lieblings-Stück auf „Mandala“ hervorheben und ein bisschen mehr dazu erzählen, also zur Idee, Entstehung, Aufnahme und natürlich dem Thema?
Ich erinnere mich immer gerne an die Aufnahmezeit von „Himalaya – Seeing Death To Feel Alive“. Wir waren im Winter zu viert im Studio und während Tim mit Flo nach Gitarrensounds gesucht hat, saß Lukas hinten und hat ein Buch über ein Bergsteigerunglück am Mount Everest gelesen. In dieser Situation hat einfach alles zusammengepasst und ich bin mir sicher, dass man die Kälte des Mount Everest bereits bei den ersten Tönen des Songs hören kann! Dabei geht es eigentlich um selbst gesteckte Lebensziele, sozusagen Extrembergsteigen im übertragenen Sinne.
Ein anderer Song, den ich gerne noch erwähnen würde, ist „Guru – God Is Dead“. Dieses Zwei-Minuten-Brett ist eigentlich eher untypisch für uns. Ins Gesamtbild der EP hat sich der Song am Ende aber so gut eingefügt, dass wir sogar die kommende Tour nach ihm benannt haben. In dem Song geht es um den Missbrauch von Religion zu weltlichen Zwecken. Davon gibt es so viele Beispiele, dass wir darüber wahrscheinlich ein Interview alleine führen könnten. Auf jeden Fall ein Musterbeispiel dafür, dass Menschen sich gerne selbst weiter in den Mittelpunkt rücken, als der Welt das guttut.
Auf dem Artwork ist nun kein klassisches Mandala zu sehen, sondern ein menschliches Auge. Was wolltet ihr damit ausdrücken?
Dem Wortstamm nach bedeutet „Mandala“ erst einmal „Kreis“. Symbolisch wurden solche Darstellungen häufig genutzt, um irgendeine Art von Weltbild zu darzustellen. Mit der ganzen EP stellen wir die Auffassung, dass der Mensch sich seine Umgebung gerne mal rücksichtslos unterstellt, zur Diskussion. Die Iris auf dem Cover ist für uns auch eine Art Mandala, noch dazu ein sehr menschliches. Was könnte besser den Blick des Menschen auf seine Umgebung symbolisieren als ein Auge?
Ihr habt euer Video zu besagtem „God Is Dead“ in einer Kirche aufgenommen. Wie konntet ihr den dortigen Pfarrer überzeugen, einen so religions-hinterfragenden Song aufnehmen zu dürfen? Oder habt ihr da irgendwie improvisiert?
Der Song richtet sich gegen Machtmissbrauch unter dem Vorwand von Religion und ausdrücklich nicht gegen das Recht jedes Menschen, frei über die eigene Religion zu entscheiden und diese auszuüben. Mit dieser Idee sind wir bei einer evangelischen Kirche aufgeschlagen und dort gleich beim ersten Versuch auf sehr offene Ohren gestoßen. Der zuständige Pfarrer hat uns direkt eingeladen und uns versichert, dass es seine Kirche ohne Protest gar nicht gäbe. Super cool! Der Dreh in einer solchen imposanten Location war dann auch etwas ganz Besonderes.
Wie sieht es mit Live-Plänen 2024 aus und gibt es eine Wunschband mit der ihr gerne mal eine Tour angehen würdet?
Wir werden jetzt bei unserem Jahresabschlusskonzert in Würzburg noch einmal fleißig üben und dann wird 2024 tatsächlich ganz im Zeichen der Liveshows stehen. Im Februar geht es auf große Tour durch Deutschland und die Schweiz. Wir freuen uns über alle, die vorbeischauen! Im Sommer steht auch das ein oder andere Festival an, aber da ist gerade noch ganz viel in der Vorbereitung. Wenn wir es uns aussuchen dürften, würden wir gerne mal mit Architects auf Tour gehen. Also falls ihr das gerade lest: Wir hätten im Oktober noch Zeit!
Was steht nächstes Jahr sonst noch an und ist auch schon ein neues Full-Length Album in Arbeit?
Für “Mandala” hat sich das Format einer EP total angeboten, um in einem begrenzten Rahmen einfach mal wieder etwas Neues auszuprobieren. Aber es ist sicher kein Geheimnis, dass es auch wieder mal ein Album geben wird. Und das Songwriting läuft sowieso parallel immer mit, so bald mal Zeit dafür ist. Aber jetzt ist erst einmal Zeit für “Mandala”!
Wo seht ihr in den mehr als zehn Jahren DEVIL MAY CARE eure Highlights und gab es auch nennenswerte Tiefpunkte in der Karriere?
Zu den Highlights gehört für mich persönlich definitv die erste eigene richtige Tour, die wir gespielt haben. Das war unglaublich krass zu sehen, wie tatsächlich in fremden Städten Menschen kommen, um uns live zu sehen. Das ist das größte Geschenk, das man uns machen kann und wir freuen uns bereits, dass uns auf der kommenden Tour noch mehr Termine mit hoffentlich noch mehr Besucher:innen bevorstehen. Tiefpunkte gehören natürlich genauso mit dazu. Ich denke, dass jede Band schon einmal ein Konzert mit sieben Gästen erlebt hat. Das ist dann zwar kurz unangenehm für alle Beteiligten, aber hätten wir das nie erlebt, würden wir uns heute vermutlich nicht so reinhängen.
Ihr habt in der Vergangenheit einige interessante Cover-Songs veröffentlicht, darunter auch ED SHEERANs „I See Fire“. Performt ihr davon auch live noch Songs bzw. sind Cover heutzutage noch ein Thema für euch?
Witzig, dass du diesen Song ansprichst! Das war tatsächlich vor etlichen Jahren das erste kleine Musikvideo, das wir als Band herausgebracht haben. Für uns war das damals eine schöne Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln. Die eigenen Songs standen aber schon immer im Vordergrund und heute spielen Coversongs gar keine Rolle mehr in unserem Live-Set.
Und wenn ihr euch ein Cover von euch wünschen dürftet. Welcher Song wäre es und welcher Künstler / welche Band sollte diesen am besten umsetzen?
Ich würde gerne mal unseren Song “Himalaya” von CASPER hören! Dafür müsste man wohl ein bisschen was umbauen…
Spannende Antwort!
Und danke für die Zeit! Möchtet ihr noch etwas loswerden?
Danke für die Einladung und die schönen Fragen. Wenn euch die Platte gefällt, freuen uns darauf, euch bei der Tour zu sehen!
Band-Links: